Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pata Negra: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduard Freundlinger
Vom Netzwerk:
Plastikkarte in die Hand. Ein Anmeldeformular aber gab sie ihm nicht. »Die ist für Zimmer Nummer 512 im fünften Stock. Du bleibst hier im Hotel, schließlich geht das auch dich etwas an! Hol mich hier um zehn Uhr ab. Dann können wir weiter nach meiner Mutter suchen. Wenn sie vorher wieder auftaucht, ruf ich dich an!«, entschied sie. Ihr Tonfall war sicher etwas grob gewesen, aber sie war immer noch zornig auf ihren Chef, und Kilian bekam das nun zu spüren.
    Maite pfiff durch die Zähne, als sie mitbekam, dass Joana Kilian in ein Zimmer schmuggelte. »Cariño …«, flüsterte sie Joana zu. »Ich hoffe du weißt, was du tust. Wenn Carlos von deiner kleinen Revolution erfährt, dann …«
    »Dann muss ich mir eben einen schlechteren Job mit einem besseren Chef suchen!«, vollendete Joana den Satz und scheuchte Kilian fort, ehe Carlos zurückkam.
    Kilian steckte die Schlüsselkarte ein. Joana hatte recht. Die Bibel in Xavers Tasche verpflichtete ihn, mit seiner Abreise zu warten, bis hier einige Fragen geklärt waren. Er selbst würde die paar Stunden dazu nutzen, um noch einmal über alles nachzudenken.
    Er fuhr in die Tiefgarage und holte sein Gepäck aus dem Auto, zögerte kurz und griff sich dann auch Xavers Tasche. Im Aufzug schaltete er sein Handy ein, das er, seitdem er in München in das Flugzeug gestiegen war, nicht mehr aktiviert hatte. Einige SMS und Anrufe in Abwesenheit piepsten auf, er ignorierte sie. Aber er musste endlich beim Konsulat anrufen und dort mitteilen, warum er seinen Termin nicht würde wahrnehmen können.
    Kilian wollte sich in den Modus der gewählten Rufnummern drücken, um dort nach der Nummer zu suchen, stattdessen öffnete er versehentlich den Ordner mit den bereits gelesenen Nachrichten. Er stöhnte auf, als er die oberste Nachricht las – jene, die er vor über einer Woche empfangen hatte, der er aber damals keine Aufmerksamkeit schenkte, weil sie ihm so belanglos wie eine Postkarte vorgekommen war: Andalusien=geil. 25º. Sonne, vino, tapas, kultur. Erzähl ‘ s dir daheim. Hasta pronto.
    Die SMS hatte Xaver drei Tage vor seinem Tod verschickt. Kilian schniefte. Benommen stieg er aus dem Aufzug. War er sich eben noch unsicher, ob sein Bruder sich nicht doch in einer Kurzschlusshandlung das Leben genommen hatte, verwarf er diesen Gedanken jetzt endgültig. Es passte einfach nicht zusammen. Hier passte gar nichts zusammen!
    Er ging den Flur im fünften Stock hinab und steckte die Karte in den Schlitz. Im Zimmer nahm er eine von seinen Psychopillen aus der Tasche und spülte sie im Bad mit einem Schluck Leitungswasser hinunter. Kilian wusch sich das Gesicht und betrachtete sein Spiegelbild, das mit grimmiger Entschlossenheit zurückstarrte: »Du hast es nicht selbst getan, Bruderherz! Und ich werde herausfinden, was hier wirklich passiert ist, verlass dich darauf!«
    Eine Viertelstunde später streifte er seine Schuhe ab, setzte sich an den Schreibtisch und nahm Bleistift und Schreibblock mit den Initialen des Hotels zur Hand. Er riss vier Zettel ab und beschriftete sie: Selbstmord, Mord, Unfall, Natürlicher Tod . Dann machte er sich daran, die jeweiligen Blätter mit seinen bisherigen Erkenntnissen zu füllen – so mager diese auch waren. Auf dem Zettel mit der Überschrift Selbstmord notierte er: fehlender Anlass . Aber brauchte man dazu immer einen Anlass und … wie war es damals bei ihm selbst gewesen? Kilian schüttelte den Kopf und beschloss, sich nicht weiter in seinen eigenen traurigen Erinnerungen zu verlieren. Er malte unter fehlender Anlass ein dickes Pluszeichen und vermerkte darunter stabile Psyche, keine Depressionen und fröhliches Naturell . Dann zog er nachdenklich an seinem Kinnbart und notierte: SMS – Erzähl’s dir daheim, bis bald . Hinter diese Zeile setzte er fünf Ausrufungszeichen und fügte noch fehlender Abschiedsbrief und keine leeren Tablettenschachteln hinzu. Am Ende der Liste zog er einen Summenstrich, unter den er die Zahl »7« schrieb. Er hatte sieben Gründe gefunden, die dagegen sprachen und keinen einzigen dafür. Er konnte sich denken, dass Polizeiarbeit in der Regel anders ablief, trotzdem legte er das Blatt erleichtert zur Seite. Egal, was die Polizei dachte, er selbst schloss Suizid definitiv aus!
    Danach starrte er eine Weile auf den Zettel mit der Überschrift Natürlicher Tod . Darauf vermerkte er: Keine Anzeichen bei gerichtsmedizinischer Untersuchung, sportlich, jung, Nichtraucher und kerngesund. Unter den Schlussstrich schrieb

Weitere Kostenlose Bücher