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Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Pata Negra: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduard Freundlinger
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entschied, Xaver deswegen keine posthumen Vorwürfe zu machen. Der Schmerz über den Tod seines Bruders war auch eine Woche nach dessen Ableben genauso gegenwärtig wie am ersten Tag. Und seine neuen Erkenntnisse über Xaver bewirkten, dass sein Kummer sogar noch anwuchs, weil er sich dadurch bewusst wurde, wie oberflächlich ihr brüderliches Verhältnis tatsächlich gewesen war. Seine Trauer nährte sich daraus, dass er nun keine Möglichkeit mehr besaß, dieses Verhältnis zu verbessern und eine andere Vertrauensbasis zu schaffen, eine, die es Xaver ermöglicht hätte, mit ihm über alles – auch über seine Homosexualität – zu sprechen. Jetzt war es dafür zu spät. Der Däne schied als Hauptverdächtiger aus, und er selbst war wieder bei Null angelangt. Xaver ist tot, Inmaculada ist tot. Was war geschehen? Auf seinem Bett ausgestreckt, grübelte er darüber nach, bis der Schlaf wohlwollend seine Gedankenpfeile ins Leere schießen ließ.
    Trampelnde Schritte und Kommandostimmen rissen ihn aus dem Schlaf. Kilian öffnete die Augen – und sah in die strengen Mienen vierer uniformierter Beamter der Guardia Civil, die sein Bett umstellt hatten. Vor Schreck setzte er sich so abrupt auf, dass der jüngste Polizist sich genötigt fühlte, seine Pistole aus dem Halfter zu zerren, was er, wie sein umständliches Gehabe bewies, in seiner Laufbahn wohl noch nicht so oft hatte tun müssen.
    Am Kopfende des Bettes stand der Hoteldirektor und er blickte von allen am grimmigsten drein. Der junge Revolverheld der Guardia Civil zog Kilian grob am Ärmel und deutete auf die Timberlands. Während Kilian mit fiebrigen Händen seine Stiefel schnürte, diskutierten die Beamten in einer Lautstärke, als müssten sie sich in einer überfüllten Diskothek unterhalten. Niemand, auch nicht der Direktor, machte Anstalten, ihm auf Englisch zu erklären, was dies alles zu bedeuten hatte, aber er wusste auch so, was mit ihm geschah, als er, von zwei Polizisten flankiert, sein Hotelzimmer verließ: Er wurde gerade verhaftet.
    Wortlos ließ er sich abführen. Kilian war geschockt über die Festnahme, redete sich aber ein, dass sich dieses Missverständnis bald aufklären würde. Im Moment sah es jedoch ein wenig anders aus: Wie einen Schwerverbrecher zerrten ihn die Beamten durch die Lobby, es fehlten nur noch die Handschellen für den perfekten Polizeieinsatz. Einige Gäste und Hotelbedienstete drehten sich erstaunt nach ihm um, allen voran die kecke Rezeptionistin Maite. Sie gaffte ihn regelrecht an, die eine Hand vor den Mund gelegt, während die andere bereits nach dem Telefonhörer tastete, um diesen Tratsch so schnell wie möglich zu verbreiten.
    Die Beamten manövrierten ihn durch die Drehtür, hinter der ein grün-weißer, vergitterter Kleinbus der Guardia Civil mit laufendem Motor wartete. Kilian wurde in den Laderaum des Fahrzeuges gezwängt. Zwei Uniformierte stiegen ebenfalls ein und die Tür wurde zugestoßen. Die Polizisten drückten ihn auf eine Bank und der Transporter setzte sich in Bewegung. Keiner der zwei sprach während der viertelstündigen Fahrt ein Wort mit ihm, und als er hinausgedrängt wurde, erhob sich vor ihm das mittlerweile vertraute Gebäude der Station der örtlichen Guardia Civil. Man stieß ihn hinein und seine Begleiter wechselten ein paar Worte mit einem pockennarbigen Mann im Anzug, der schließlich mit einem Kopfnicken den Gang hinunterwies. Kilian wurde den Marmorflur hinabgeführt und an dessen Ende rechter Hand in einen Raum gedrückt. Die Zelle verfügte über ein winziges Fenster, durch das nicht einmal ein Kind hätte kriechen können, aber trotzdem war es vergittert. Die Tür wurde von außen verriegelt und Kilian blieb allein zurück. In der Mitte des Raums stand ein Tisch mit vier Stühlen und an den Längsseiten befanden sich Regale voller Aktenordner. Er war eingesperrt. Wenngleich es sich bei diesem Raum offenbar nicht um eine Gefängniszelle, sondern eher um eine Kombination aus Verhörzimmer und Lagerraum handelte, so stieg in ihm wie damals in der Haftanstalt wieder dieses Gefühl lähmender Ohnmacht auf, das in jenen trübsinnigen Monaten sein ständiger Begleiter gewesen war. Kilian sank auf einen der Stühle, hütete sich aber davor, einen Blick auf die graue Polizeiakte zu werfen, die vor ihm auf dem Tisch lag. Er kannte das »Warten lassen« aus den Fernsehkrimis. Zumindest in der Fiktion war es ein effektives Mittel, um Verbrecher nervös zu machen. Seine Realität aber war eine

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