Pata Negra: Kriminalroman (German Edition)
andere: Er war auch so schon ängstlich genug, trotz der Gewissheit, nichts verbrochen zu haben. Immerhin widerstand er der Versuchung, gegen die Tür zu klopfen. Vielleicht mussten sie einen Dolmetscher für seine Befragung organisieren. Aber was wollten sie ihn fragen?
Es verging beinahe eine ganze Stunde, ehe die Tür geöffnet wurde. Drei Personen traten ein: Teniente Lozano, wie ein schmuckes Namensschild am Revers behauptete, Sargento Paco Medina, mit dem er hier schon gesprochen hatte und – Joana !
Erleichtert erhob er sich und trat auf sie zu. »Joana, es tut mir sehr leid wegen deiner Mutter. Ich möchte dir mein aufrichtiges …«
Im nächsten Moment fühlte sich seine Wange an, als hätte ihm jemand ein Brandzeichen verpasst. Fassungslos starrte er auf die bebende Hand, die nun von Paco festgehalten wurde, um jede weitere Ohrfeige zur verhindern.
»Du bist ein verdammter Lügner … und Mörder!«, schrie Joana.
Der Teniente redete auf Spanisch auf sie ein und Kilian ließ sich wieder in seinen Stuhl fallen. Er hielt sich die Wange und sah zu, wie die Polizisten versuchten, Joana so weit zu beruhigen, dass sie ihrer Aufgabe nachkommen konnte. Schließlich wandte sie sich an ihn: »Ich bin nur hier, weil die Guardia Civil so schnell keine andere Übersetzerin auftreiben konnte, ansonsten, glaube mir, würde ich kein Wort mit dir reden, weil du ein verdammter …« Joanas Stimme brach.
»Joana, ich weiß ehrlich nicht, was das hier soll«, sagte Kilian im Ton eines Schuljungen, der zu Unrecht von seiner Lehrerin gerügt wurde.
»Halt einfach die Klappe … Hochwürden! «
Paco räusperte sich und zog ein Tonbandgerät heran. Bevor er auf die Aufnahmetaste drückte, wechselte er einige Worte mit Joana. Kilian, der sich im falschen Film wähnte, vernahm dreimal das Wort tranquila , von dem er wusste, dass es »Ruhe bewahren« bedeutete. Dann wandte sich Joana zu ihm und deutete auf das Mikrofon. »Du musst da deinen Namen, dein Geburtsdatum und deine Adresse in Deutschland hineinsprechen.«
Kilian tat, wie ihm geheißen, der Teniente fügte noch Ort, Datum und Uhrzeit dieses Verhörs auf Spanisch hinzu und wandte sich dann wieder an Joana in ihrer Funktion als Dolmetscherin.
»Sie klären dich über deine Rechte auf und fragen dich, ob du hier einen Anwalt kennst, den du hinzuziehen willst.«
»Joana – ich hab doch nichts getan, verdammt noch mal!«
»Erzähl das deinem Beichtvater und beantworte die Frage!«
» Nein, ich brauche keinen Anwalt !«
Joana gab die Information weiter und wartete auf Anweisungen.
»Der Teniente fragt, ob du weißt, warum du hier bist.«
Kilian schüttelte den Kopf. Señor Lozano gab ihm ein Zeichen, dass er die Antwort ins Mikrofon sprechen müsse. Kilian beugte sich vor. »Nein, ich weiß nicht, warum ich verhaftet wurde.«
Joana übersetzte.
»Sie sagen, das hier sei keine Verhaftung, sondern eine Befragung. Danach muss der Juez über einen Haftbefehl entscheiden.«
Der Teniente las etwas von einem Fax ab, und Joana rutschte auf ihrem Stuhl herum, als wollte sie sich im nächsten Moment auf Kilian stürzen.
»Die Guardia Civil hat die Kriminalpolizei in München um Auskunft über dich gebeten und dabei ist so einiges ans Licht gekommen.«
Kilian stöhnte auf. Daher wehte also der Wind! Die Spanier haben in Deutschland nachgefragt. Nun verstand er auch Joanas Wut. Er starrte auf einen Brandfleck in der Tischplatte und harrte der Dinge, die nun unweigerlich kommen mussten. Joana richtete erneut eine Frage an ihn, aber es klang wie aus weiter Ferne.
» … dass du in psychiatrischer Behandlung bist. Ist das richtig?«
Er regte sich nicht.
»Du musst darauf antworten!«, drängte Joana.
»Ja, ich gehe manchmal zu einer Psychologin.«
Joana wartete nicht auf die Fragen der Beamten, sondern stellte ihre eigene: »Und warum brauchst du psychologischen Beistand?«
»Joana bitte, das geht hier niemanden etwas an!«
Sie wollte etwas erwidern, aber der Teniente fuhr dazwischen. Er führte das Verhör, das machte er deutlich. Joana hörte ihm eine Weile zu und sagte dann mit einer Stimme, als hätte sie sich an einer Tapa verschluckt: »In dem Bericht aus Deutschland steht, dass du schon einmal jemanden mit Medikamenten vergiftet hast … stimmt das?«
Sie schniefte und Kilian starrte zu Boden.
»Hast du das getan?«, wiederholte Joana und schlug mit der Faust auf den Tisch.
»Wenn es da drinnen steht, muss es wohl genau so gewesen sein!«
Joana konnte
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