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Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Titel: Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Brodrick
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interessierten George nicht.
    »Bist du denn gar nicht neugierig.«
    »Eigentlich nicht.« Sein Blick fiel auf das letzte Toastdreieck. »Woher weißt du das alles?«
    »Er muss seine Bilanzen beim Companies House, dem Handelsregister, einreichen. Ich habe sie gelesen.«
    Elizabeth schob George den Teller hin wie eine milde Gabe. Dann sagte sie: »Ich habe zuverlässige Informationen, dass diese Firma nicht das ist, was sie scheint.«
    George ließ eine Kruste fallen. »Du hast doch gerade gesagt, dass er solide geworden ist.«
    »Nein, das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt, er hat ein Geschäft aufgemacht.«
    »Und wo ist da der Unterschied?«
    »Sämtliche Zahlen stimmen perfekt überein.«
    George begriff Anwälte einfach nicht. Wie konnten sie Schwachstellen sehen, wo es keine gab? Aber genau das hatte auch der andere damals gemacht. Woher hatte er gewusst, dass er nach David Bradshaw fragen musste? Duffy hatte er geheißen. Seitenweise hatte er in Heft 30 oder so über ihn geschrieben.
    Elizabeth sagte: »Um herauszufinden, was er wirklich macht, müssen wir mehr sehen als nur seine Bilanzen.«
    »Wir?«
    »Entschuldigung«, sagte Elizabeth lächelnd. »Ein Versprecher. Aber wo du schon davon redest: Ich habe eine Idee.«
    »Ach wirklich?«
    Elizabeth funkelte ihn wütend an. »Ja. Beide Firmen sind unter der Adresse von Nancys Laden registriert.«
    »Und was heißt das?«
    »Das ist ihre offizielle Firmenadresse. Riley ist gesetzlich verpflichtet, sämtliche Geschäftsunterlagen sieben Jahre lang aufzubewahren. Ich bezweifle, dass er zu Hause einen Aktenschrank stehen hat.«
    »Und was schlägst du vor?«
    »Der Schlüssel ist Nancy. Sie muss beide Augen fest zugedrückt haben, um so wenig mitzubekommen.«
    »Deine Idee … ich soll doch wohl nicht an die Tür klopfen und mich vorstellen?«
    »Du bist nicht weit davon weg, George. Mit Fantasie und Scharfsinn hättest du auch das letzte Stück noch geschafft.«
    »Ach ja?«
    Elizabeth funkelte ihn an und weigerte sich, zu antworten.
     
    Ein lautes Klatschen der Plastikfolie machte George hellwach. Die Gegenwart gewann an Dichte, kribbelte; ein Arm war eingeschlafen. Das Gespräch war immer noch vollständig da wie ein Echo. Er lauschte auf den Widerhall und begriff – für diesen kurzen Augenblick – alles, was in den folgenden Monaten passiert war. Aber dann überkam ihn ein furchtbarer Zweifel: War das alles nur ein Traum? Er klemmte sich eine Taschenlampe unter das Kinn und kramte in seinen Heften. Schnell blätterte er in den Seiten, während es in seinem Kopf dumpf wurde und Elizabeth’ Worte verklangen … bis er innehielt, um am Anfang von Heft 36 ein Eselsohr glatt zu streichen. Da war die Überschrift. Sie rief ihm ihre Stimme in Erinnerung: »George, du wirst Folgendes tun.«

12
    NACH DER KOMPLET klopfte Anselm an der Tür des Priors. Es war die Zeit des Großen Schweigens, aber Pater Andrew stellte keine noch so althergebrachte Regel je über eine dringende Sorge. Im Kamin brannte ein Feuer. Davor standen zwei Sessel. Der Prior saß bereits und stützte die Arme auf die Knie. Licht flackerte auf seiner kaputten Brille, die mit einer Büroklammer geflickt war.
    Anselm nahm Platz. »Du weißt von dem Schlüssel?«
    »Ja.«
    Neben dem Kamin stand eine lebensgroße Statue, die er noch nie gesehen hatte. Solche Stücke tauchten gelegentlich in den Feldern oder am Lark in der Nähe der Klosterruine auf. Nachdem sie gereinigt waren, dienten sie auf dem Klostergelände als Gartenzwergersatz. Dieses Exemplar hatte seinen Kopf und einen Unterarm verloren. Wen es auch darstellen mochte, es stand da wie ein Zeuge längst vergangener heiliger Dinge.
    »Ich nehme an, du weißt auch über alles andere Bescheid«, sagte Anselm dankbar, einen Verbündeten zu haben.
    Der Prior schüttelte den Kopf. »Sicher weiß ich nur eins: Wir wurden auf die denkbar netteste Weise eingespannt.«
    Sie schauten in die ungeduldig ringenden Flammen. Das feuchte Holz dampfte und zischte.
    Larkwood war zwar ein zutiefst unpraktischer Ort, aber wenn es ums Reden ging, galten äußerst geordnete Traditionen – weil die Ordensregeln Nachdruck auf das Zuhören legten. In ernsten Angelegenheiten war ein echter Dialog nicht üblich. Man redete abwechselnd. Auf ein Nicken von Anselm ergriff der Prior die Initiative.
    »In der Woche, bevor du nach Larkwood kamst, also vor etwa zehn Jahren, bat Elizabeth mich um eine Unterredung – unter vier Augen. Anscheinend hattest du mich

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