Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten
aromatischer Pflanzen. Dabei überlegte er schmerzlich berührt, dass er den tiefen Glauben seiner Mutter nie hatte teilen können. Er kam mehr auf seinen Vater, der eher passiv religiös war und wahre Inbrunst nur der freien Natur vorbehielt. Wenn Elizabeth wütend war, hatte sie ihn als Ketzer bezeichnet; in besserer Stimmung hatte sie sich damit begnügt, ihn einen Pantheisten zu nennen. Nick war unter dem seltsamen Spannungsbogen zwischen diesen beiden Glaubensvorstellungen aufgewachsen. Letztlich hatte er sich davongeschlichen, weil der freie Himmel sich ihm nicht recht erschloss. Auf der Universität sah er die Geistlichen und Studenten mit einem gewissen Bedauern über seine eigene Entscheidung (so es denn eine war), denn er hätte gern dazugehört. Schließlich fand er in der Wissenschaft ein brauchbares Glaubensbekenntnis – die Reinheit der Fakten und Beweise. Seiner Mutter hatte es im Stillen Kummer bereitet. Sie hatten gestritten – hoffnungslos, denn er stellte ihr keine Fragen und sie wollte seine Antworten nicht hören. Er konnte zwar lockeren Gesprächen über Gott folgen, aber nicht bis zu jenem Punkt, an dem solche Dinge Wichtigkeit bekamen – an dem Leben und Ideen miteinander verzahnt waren.
Kurz bevor Nick nach Australien gefahren war, hatte sie gesagt: »Wir sollten uns Überzeugungen suchen, die die Risiken des Rennens wert sind.«
Leicht irritiert, weil sie sich gerade Ben Hur anschauten und die aufregende Stelle erreichten, an der die Wagen ineinander rasten, sagte Nick: »Würdest du für deine Überzeugungen kämpfen?«
»Ich weiß es wirklich nicht«, sagte sie, als ob die Menge wartete, aber sie waren in St. John’s Wood, nicht im Kolosseum.
Als Nick nun daran dachte, wie seine Mutter auf der Sofakante gesessen und besorgt auf den Fernseher gestarrt hatte, beschloss er, den abschließenden Rat eines Mönchs zu ignorieren. Er bog auf einen Parkstreifen und angelte Mr. Wyecliffes Visitenkarte heraus. Sie hatte Fettflecken von den Cashewnüssen. Er tippte die Nummer in sein Handy ein. Die Überraschung des Anwalts war gespielt und sein Charme raubgierig, als wittere er ein Geschäft. Nachdem sie sich für den nächsten Tag verabredet hatten, setzte Nick seine Heimfahrt fort und dachte über die Befreiung von Mafeking nach.
11
ES WAR SELTSAM, aber im Traum konnte George sich erinnern. Manchmal waren seine Träume wie die alten Filme zu Weihnachten. Sobald er sie sah, erkannte er sie wieder. Wenn George einschlief, versuchte er daher, das einzuschalten, was im Wachzustand für ihn verloren war. Meistens funktionierte es. Aber sobald er aus dem Schlaf aufschreckte, hatte er entsetzliche Angst, dass er sich alles nur ausgedacht haben könnte.
Mit dem scharfen Stein ritzte George einen weiteren Tag des Wartens in die Wand. Es war früher Abend. In der Ecke flatterte Plastikfolie. Er schaltete sein Kofferradio an. Sandy Shaw sang Puppet on a String. Das Warten und die Kälte machten ihn müde. Aus seiner Erinnerung tauchte Elizabeth’ Stimme auf. Sie hatten oft bei Marco’s gesessen und sich die Radiomusik angehört, die aus der Küche herüberhallte. Sie gruben ständig solche Songs aus. Bewusst hielt George sich an der Grenze zwischen Schlafen und Wachen.
Elizabeth brachte noch mehr Toast und Kakao. »Du hast dich wirklich verändert. Ich habe dich kaum wiedererkannt.«
»Das sagst du immer wieder.«
»Tut mir leid.«
Mit zierlichen Fingern nahm Elizabeth ein Toastdreieck. »Nach dem Prozess hat Riley das Haus in der Quilling Road verkauft.«
»Ach ja?«
»Ja. Und er ist von der Isle of Dogs weg. Sie haben ihn rausgeworfen. Von dem Geld, das er für das Haus bekommen hat, hat er eine Entrümpelungsfirma aufgemacht.«
»Ach ja?«
»Frag nicht ständig nach, wenn ich dir gerade erzählt habe, was er gemacht hat.«
»Ist gut.«
Elizabeth leckte sich Daumen und Zeigefinger ab. »Er hat zwei Firmen gegründet. Eine ist ein Laden, den seine Frau Nancy führt. Du hast sie ja im Gericht gesehen. Ich nehme an, ihr habt euch nicht kennen gelernt?«
»Nein«, sagte George. »So eine Party war das nicht.«
Elizabeth tupfte sich die Mundwinkel ab. »Um die zweite Firma kümmert Riley sich selbst. Er betreibt sie von einem Transporter aus und verkauft Trödel auf Märkten und Basaren.«
»Zeug von den Entrümpelungen?«
»Ja. Wenn er einen Entrümpelungsauftrag bekommt, teilt er alles irgendwie zwischen diesem Laden und seinem Transporter auf.«
»Na und?« Rileys Geschäfte
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