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Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten

Titel: Pater Anselm Bd. 2 - Die Gärten der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Brodrick
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Irgendwie war es aber auch notwendig, Nancy davon zu erzählen, weil sie dem Mann nahe war, der die Verantwortung dafür trug. Sie hörte zu und vergaß, ihren gelben Hut mit den schwarzen Punkten abzunehmen. Er beobachtete sie durch seine Schweißerbrille in dem Wissen, dass sie ihn für blind hielt und glaubte, er könne ihre entsetzte Miene nicht sehen.
    Da Nancy dachte, George könne sich ohnehin nicht an das erinnern, was sie ihm sagen würde, erzählte sie ihm am nächsten Morgen von ihrer Arbeit bei Harold Lawton, wie sie Riley kennen gelernt hatte, von dem Prozess … aber sie ließ die Details weg und blieb vage, wie George es getan hatte, als er von seinem Sohn geredet hatte. An jenem Abend schrieb George über die Enthüllungen des Tages nichts auf, nur ein Bruchstück hielt sich bis zum nächsten Morgen klar in seinem Kopf: »Er ist kein schlechter Mensch, wissen Sie. Er ist nur … verirrt.«
     
    Die Rechnungsbücher waren blau, wie Elizabeth vermutet hatte. George fand sie schließlich in einem Schuhkarton auf einem Bücherregal gegenüber vom Aktenschrank. Sie mitzunehmen war schwierig, weil Elizabeth ausdrücklich erklärt hatte, sie brauche von beiden Firmen eine Auswahl aus demselben Zeitraum. »Nimm nicht einfach wahllos irgendwelche mit, schau dir die Daten an.« Daher brauchte George fast zwei Wochen, in denen er immer wieder einen verstohlenen Blick hineinwarf, wenn Nancy gerade einen Kunden bediente oder hinausgegangen war, um Milch zu holen. Eines Morgens steckte er vier der Rechnungsbücher in seine Plastiktüte. An jenem Abend war Elizabeth angespannt, als sie sie mitnahm.
    »Ist dir klar, dass das deine einzige Chance ist?«
    George nickte, obwohl er nicht ganz mitkam.
    »Ich hoffe, ich habe Recht«, sagte sie besorgt, »sodass du derjenige bist, der ihn schließlich überführt.«
    »Und wenn du Unrecht hast?«
    »Ich habe noch ein Eisen im Feuer.«
    Wieder nickte George völlig verdutzt.
    Morgens, als es noch dunkel war, kam Elizabeth wieder.
    »Und?«, fragte George den dunklen Umriss.
    »Ich brauche mehr Zeit«, sagte sie, und die Silhouette verschwand, als sei sie nie da gewesen.

8
    DAS HAUS VON Mr. und Mrs. Bradshaw stand in einer grünen, ruhigen Reihenhaussiedlung in Mitcham. Alle hatten an den gleichen Stellen Veranden und Fenster. Obwohl Anselm nicht geklopft hatte, öffnete sich die Tür langsam, und eine schlanke Frau von Anfang sechzig mit zerzaustem Haar erschien mit einem Pinsel in der Hand. Ihre Haut war mit Farbe besprenkelt. Die Ärmel eines weiten, formlosen Hemds waren bis zu den Ellbogen aufgekrempelt. Sie schaute Anselm an, als kenne sie ihn.
    »Mrs. Bradshaw?«
    Sie wischte sich mit dem Handrücken die Farbe von der Stirn und sagte: »Sie hat mir gesagt, dass Sie vielleicht eines Tages auftauchen.«
    »Wie bitte?«
    »Mrs. Glendinning.« Sie raffte sich auf, als wolle sie sich an die Arbeit machen. »Sie kommen wohl besser rein.«
    Anselm trat in die Diele. Der Teppich war mit Laken abgedeckt. Die Falten leckten an den Fußleisten wie milchiges Hochwasser. Er folgte Mrs. Bradshaw ins Wohnzimmer. Über sämtliche Möbel waren Tücher drapiert, und die Wände waren kahl. Sie hatte gerade eine Deckenrosette gestrichen. Darunter standen die Leiter und ein Ständer mit einer Dose. Sie schauten sich an. Instinktiv legte Anselm die Hände auf den Rücken. Mrs. Bradshaw blieb reglos mit dem Pinsel in der Hand stehen.
    »Mrs. Glendinning ist gestorben«, sagte Anselm. »Sie hat mir einen Schlüssel für ein rotes Köfferchen hinterlassen, das ich geöffnet habe. Ich bin auf einen Prozess gestoßen, den ich vergessen hatte, und auf einen Brief, den ich noch nie gesehen hatte. Ich habe von Ihrem großen Verlust erfahren.«
    Sein Instinkt ließ Anselm vor Johns Namen zurückscheuen. Er schaute sie an und wünschte inständig, sie möge den Kopf heben und eine mächtige Hand würde die Tücher wegreißen. »Ich möchte Ihnen sagen, dass es mir leid tut … für Sie und Ihren Mann … ich weiß nur nicht, wie ich dem gerecht werden soll, was Ihnen beiden zugestoßen ist. Wenn ich Ihren Brief früher gelesen hätte, hätte ich nicht so lange gewartet, bis ich gekommen wäre.«
    Mrs. Bradshaw zerrte an einem Knopf ihres Hemdes. Es war blau und hatte auf einer Seite das Abzeichen eines Gaskonzerns. Sie wirkte fremd in ihrem eigenen Haus, als sei sie nur gekommen, um den Zähler abzulesen.
    »Mrs. Glendinning hat mir gesagt, dass Sie Mönch geworden sind«, sagte sie. »Ich

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