Patient Null
kommen mit mir. Von jetzt ab nur noch Codenamen und kleine Feuerwaffen.«
Die Männer nickten, und wir machten uns auf den Weg. Skip verschanzte sich bei den Spinden, die Waffe gezückt. Es herrschte gerade noch genügend Licht, um die Nachtsichtgeräte, die wir als Backup dabei hatten, nicht benutzen zu müssen. Bunny positionierte sich hinter der niedrigen Mauer, so dass sie ihm als Hinterhalt diente, falls man uns jagen würde. Top verschwand auf der anderen Seite der Halle in der Dunkelheit.
Ollie blickte den düsteren Korridor entlang. »Alles klar«, murmelte er. Dann ging es los, in die Höhle des Löwen.
61
Crisfield, Maryland Mittwoch, 1. Juli / 03:15 Uhr
Das Gebäude lag totenstill da und war so kalt wie eine Gefriertruhe. Das gefiel mir ganz und gar nicht, denn ich ahnte, was das hieß. Ich konnte nur das leiseste Surren der Kühlaggregate von der anderen Seite der Fabrik hören. Unsere Gummisohlen gaben keinen Laut von sich, und Ollie und ich schlichen vorsichtig die Wand entlang, immer nach Kameras Ausschau haltend, von Schatten zu Schatten huschend.
Ich wusste durch den Bauplan, dass das Gebäude einen zentralen Gang besaß, der sich über die gesamte Länge der Halle erstreckte. Mit dem Bauplan meine ich die Originalversion, aber der Gang, der sich vor uns zeigte, schien
nicht lang genug zu sein. Leider hatten wir keine Informationen über Änderungen, die seit dem Konkurs eingeleitet worden waren. Von dem, was wir ausmachen konnten, war der Korridor vielleicht hundert Meter lang und endete in völliger Finsternis. Alle zehn Meter befanden sich schwere Stahltüren. Als wir uns der ersten näherten, suchten wir Boden, Wände und Decke nach Kameras ab, fanden aber nichts.
Die erste Tür war durch ein Schloss mit einer Keycard gesichert. So etwas würde uns nicht aufhalten, wenn wir es eilig hatten.
»Wanze«, sagte ich, und Ollie holte zwei winzige Geräte hervor. Das erste war etwa so groß wie eine Briefmarke und grau. Er reichte es mir, und ich entfernte eine durchsichtige Plastikfolie, um die photosynthetischen Chemikalien freizulegen. Dann drückte ich es drei Sekunden lang gegen die Metalltür. Als ich fertig gezählt hatte, zog ich es wieder ab. Es hatte jetzt die Farbe der Tür angenommen. Ich drehte es um, entfernte die Folie über der Klebefläche auf der anderen Seite und drückte es dann auf Kniehöhe gegen die Tür. Dort sah man normalerweise nicht hin, wenn man eine Tür öffnete. Ich begutachtete das Ergebnis, und Ollie und ich sahen einander zufrieden an. Wenn man nicht wusste, wo man hinschauen musste, war die Wanze so gut wie unsichtbar. Sie hatte sich optisch perfekt angeglichen. Diese Mini-Chamäleon-Wanzen waren sehr hellhörig und besaßen zudem eine Sendeweite von einem halben Kilometer.
»Hübsch«, meinte Ollie, als er mir das zweite Gerät reichte – eine silberne Scheibe nicht größer als ein Fünf-Cent-Stück. Wieder entfernte ich eine Folie und klebte es an die Unterseite des Keycard-Mechanismus. Die Wanze würde nun warten, bis jemand die Tür öffnete. Erst dann würde sie sich aktivieren. Der magnetische Code würde direkt auf Churchs Laptop geladen und von MindReader erfasst
werden, ehe wir den Code erhalten würden. Jeder von uns besaß eine solche Keycard, die von den DMS-IT-Freaks aus der Ferne programmierbar war. Keine neunzig Sekunden, nachdem jemand eine Keycard benutzte, besaßen wir alle Karten mit dem gleichen Code. Church hatte wirklich einige nette Spielzeuge auf Lager. Ich konnte nur hoffen, dass sie auch funktionierten.
Ich klopfte auf meinen Kommunikator. »Erste angebracht.«
Wir schlichen weiter den Gang entlang und statteten jede Tür mit einer Wanze aus. Insgesamt waren es elf Türen, ehe sich der Gang nach links und rechts aufteilte.
»Trennen?«, fragte Ollie.
Ich nickte. »Funkstille einmal unterbrechen, wenn Sie irgendetwas sehen. Zweimal, wenn ich kommen soll.«
Und so ging ich allein weiter. Die Lichtverhältnisse wurden immer schlechter. Die kaputten Neonröhren wurden großenteils nur noch von Drähten, die einem riesigen Spinnennetz glichen, in ihren Fassungen gehalten. Die Decke war voller Risse, und Wasser lief aus einem gebrochenen Rohr an der Wand herunter. Der Boden war feucht und der Gestank beinahe unerträglich. Ich tastete mich langsam vorwärts, während ich überlegte, ob ich das Nachtsichtgerät benutzen sollte. Doch bisher konnte ich gerade noch genug erkennen, um mich auch so zurechtzufinden.
Mein Fuß stieß
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