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Patient Null

Titel: Patient Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Maberry
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Maschinengewehr zu uns herabseilte.

68
    SS Albert Schweitzer Mittwoch, 1. Juli
     
    Bandagierte Männer spazierten auf den Decks herum, saßen auf Liegestühlen oder in Rollstühlen mit angezogenen Bremsen, damit sie der Frachter nicht ins Rollen brachte. Die SS Albert Schweitzer war mittlerweile im siebzehnten Jahr ihres Dienstes für das Internationale Rote Kreuz. Über ein halbes Jahrzehnt lang hatte sie der britischen und amerikanischen Kriegsmarine geholfen, verletzte oder genesende Soldaten von Kriegsschauplätzen nach Hause oder in solche Länder zu befördern, die ihre Verletzungen heilen oder zumindest eindämmen konnten. Experimentelle Chirurgie in der Schweiz oder den Niederlanden, plastische Chirurgie in Brasilien, Mikrochirurgie in Kanada, Brustund Neurochirurgie in den USA.

    Die notwendigen Gelder, um das Schiff auf dem Wasser zu halten, wurden von fünf verschiedenen Nationen zur Verfügung gestellt. Aber in Wahrheit reichte es kaum, um genug Kohlen in den Kessel schaufeln zu können. Die Gehälter für das Personal, die medizinische Ausrüstung und sämtliche Medikamente und chirurgisches Zubehör, selbst Essen und Trinken wurden von diversen großzügigen Spendern subventioniert. Genau genommen von drei multinationalen Aktiengesellschaften: von Hamish Dunwoody aus Schottland, Ingersol-Spüngen Pharmaceuticals aus den Niederlanden und einem Hersteller von Impfstoffen aus den USA namens Synthetic Solutions. Diese Firmen agierten unabhängig voneinander – zumindest war nichts anderes bekannt. Aber alle wurden in der einen oder anderen Art von einer gewissen Gen2000 kontrolliert. Gen2000 jedoch war kein anderer als Sebastian Gault.
    Der große Mann, der an der Reling stand, wusste, dass Sebastian Gault seine Hand im Spiel hatte. Wie weit er aber die Karten mischte, war auch ihm unbekannt. Letztlich war es unwichtig. Das Einzige, worum sich El Mudschahid derzeit kümmerte, war, während seiner Zeit auf dem Schiff als Sonny Bertucci bekannt zu sein, ein Italoamerikaner zweiter Generation, der im rauen Klima von Coney Island, Brooklyn, groß geworden war. In seinem Portemonnaie befand sich ein Foto von Sonny, seiner Frau Gina und ihren beiden Söhnen Vincent und Danny. Selbst eine Untersuchung seiner Fingerabdrücke würde nur ans Licht bringen, dass er drei Jahre lang als Wachmann für die Küstenwache gearbeitet hatte – und zwar für eine private Firma, die auch die Lizenz besaß, im Irak und in Afghanistan tätig zu sein. Falls jemand trotzdem Verdacht schöpfen und sämtliche Datenbanken durchkämmen sollte, fände er alles, was sich in Sonnys Portemonnaie befand – vom Führerschein, den der Staat New York ausgestellt hatte, bis zum Blutspenderausweis – in bester Ordnung und deckungsgleich
mit den Daten, die man in den Ausstellungsbehörden vorliegen hatte. Selbst solche Dokumente, die man im Schiffstresor über ihn einsehen konnte, würden nicht aus der Reihe fallen. Gault hatte überall seine Verbindungen.
    Der Kämpfer stemmte seine muskulösen Unterarme auf die kühle Metallreling und blickte auf den fernen Horizont. Die sommerliche Sonne ging im Westen unter, und ihre letzten tiefroten Strahlen ließen die Wellen erglühen. Alles war in ein fast teuflisch rotes Licht gehüllt, und die Silhouette der Stadt, die das Schiff anlief, ragte hinter dem Horizont wie schwarze, verkohlte Baumstümpfe hervor. Dem alten Frachtschiff etwas näher gelegen, zeigte sich im feurig roten Meer eine Statue – die Freiheitsstatue. Sie schien in der rot glühenden Hitze der untergehenden Sonne und unter El Mudschahids intensivem Blick beinahe zu schmelzen.

TEIL VIER
    KILLER
    Wilde, düstere Zeiten dröhnen heran, und der Prophet, der eine neue Apokalypse schreiben wollte, müsste ganz neue Bestien erfinden, und zwar so erschreckliche, dass die älteren Johanneischen Tiersymbole dagegen nur sanfte Täubchen und Amouretten wären.
    - HEINRICH HEINE (aus Lutetia . Bericht für die Augsburger Allgemeine Zeitung 1842)

69
    Crisfield, Maryland Mittwoch, 1. Juli / 05:01 Uhr
     
    Church fragte mich gar nicht erst, wie es mir ging. Er lehnte an der Stoßstange eines DMS-Humvee, während ich ihm die Geschehnisse der letzten Stunden aus meiner Sicht schilderte. Um uns herum herrschte ein wildes Gewimmel von DMS-Agenten und Kollegen so ziemlich aller Behörden, die die USA zu bieten hatten. Flutlichter waren aufgestellt. Man hätte glauben können, dass es Tag war, obwohl die Sonne erst in einer Stunde aufging. Der

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