Patient Null
Luftraum über uns war zur Sperrzone erklärt worden, und die einzigen Maschinen in der Luft waren Militärhelikopter. Die Bevölkerung hatte man evakuiert und sämtliche Gebäude geräumt. Die Presse war nicht eingeladen. Überhaupt war die Gegend zur Sicherheitszone ernannt worden. Die offizielle Begründung lautete, dass es eine mögliche Terrorattacke geben könnte. Den komplizierten Regeln von Homeland gemäß bedeutete das im Klartext, dass in dieser Gegend Kriegszustand herrschte. Das Militär hatte das Sagen.
Als ich fertig war, starrte Church mich schweigend an, ehe er nickte. »Ich nehme an, dass die Ärzte schon alle untersucht und als gesund befunden haben?«
»Ja. Es gab zwar Unmengen von Kratzern und Wunden, aber keine Bisse. Mein Team ist erschöpft, und alle leiden unter Schock.«
»Sie auch?«, fragte er und schaute mir bohrend in die Augen.
»Kann man wohl sagen. Sowohl physisch als auch psychisch hat mich das wirklich an den Rand gebracht. Alles
andere würde an Unmenschlichkeit grenzen. Ich zittere am ganzen Körper, und ich fühle mich generell so, als ob ich durch einen Fleischwolf gedreht worden wäre. Dr. Hu hat mir einen Vitamincocktail gespritzt. Außerdem gab es heißen Kaffee, warmes Essen und sogar einen Proteinshake. Aber ich glaube, der Shake war nur Pferdepisse – hat zumindest so geschmeckt. Ich fühle mich schrecklich, aber ich lebe.«
Er nickte. Sonst nichts.
»Wie bewerten Sie das Vorgefallene?«, wollte er nach einem Moment wissen.
Mir fielen ein Dutzend schlauer Sprüche ein, aber ich biss mir auf die Zunge. »Es war eine Falle, und wir sind hineingestolpert«, sagte ich stattdessen.
»Und wieder herausgekommen.«
»Wir hätten uns aber genauso gut auf einem Tablett servieren können. Wir haben nur Glück gehabt.«
»Wenn man mal Ihre zwei Aufeinandertreffen mit Javad außer Acht lässt, dann war das bereits Ihr dritter Kontakt mit Wiedergängern, ohne dass Sie oder ein Mitglied Ihres Teams zu größerem Schaden gekommen wären. Manchmal reicht ein bisschen Glück.«
»Das kann man von Grace Courtlands Team leider nicht behaupten. Ihr Alpha-Team wurde stark dezimiert. Das ist hart – verdammt hart.«
»Eine Tragödie«, pflichtete Church mir bei.
»Das ganze Gebäude platzte vor Sprengstoff beinahe aus den Nähten. Sobald wir ins Labor vordrangen, hat man den Computerraum in die Luft gejagt. Die Räume mit den Wiedergängern wurden zur selben Zeit geöffnet. Ich gehe davon aus, dass wir einen Alarm ausgelöst haben, ohne es zu merken. Alles war fein säuberlich geplant, nichts dem Zufall überlassen. Diese Arschlöcher wussten genau, dass wir im Anmarsch waren.«
»Im Anmarsch? Meinen Sie generell im Anmarsch oder speziell heute?«
Das war wahrlich die Millionen-Dollar-Frage. Ich hatte mir die letzten Stunden darüber den Kopf zerbrochen. Unsere gesamte Operation und weitere Vorgehensweise hing davon ab. Wenn wir sie richtig beantworteten, konnte es weitergehen. Wenn nicht, brauchten wir gar nicht erst anzufangen.
»Weiß ich nicht. Sie waren gut, aber nicht perfekt vorbereitet. Zwei Bomben zündeten nicht. Außerdem kamen die Wiedergänger nicht schnell genug. Wäre es anders gewesen, hätte es besser für sie und schlimmer für uns ausgehen können. Stattdessen hat es keines der Monster nach draußen geschafft. Irgendetwas ist da faul.«
»Dieses Gefühl werde ich auch nicht los«, stimmte er mir zu.
»Wissen Sie, Church, ich bin mir nicht sicher, ob wir das Ganze richtig angehen.«
»Ich bin davon überzeugt, dass wir es nicht tun.«
»Was haben wir uns von dieser Aktion erhofft? Einen Haufen Typen dingfest zu machen, die an einem Tisch sitzen und den Untergang des Abendlandes planen? Stattdessen nehmen wir etwas hoch, was ich eher als eine Testeinrichtung beschreiben würde. Sie haben dort die Reaktionen der Wiedergänger studiert. Und zwar in größerem Umfang als in Delaware.«
»Was halten Sie von Ihrem Team? Hat es zufriedenstellende Arbeit geleistet?«
Als ich nicht antwortete, fügte Church hinzu: »Ich erwarte einen kompletten Bericht von Ihnen. Bitte verheimlichen Sie mir nichts, und seien Sie gnadenlos ehrlich, Captain. Zurückhaltung mag vielleicht generell eine Tugend sein, aber nicht hier und jetzt.«
»Ich halte nichts zurück, Mr. Church. Ich kenne meine Männer noch keine vierundzwanzig Stunden, und der Kontakt, den ich mit ihnen hatte, war stets in Kampfeinsätzen. Gestern haben sie ganze Arbeit geleistet, sagenhaft. Heute
früh ist
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