Patient Null
herunter. Er ließ die Pistole fallen. Erst da war mir klar, dass ihn O’Brien von hinten erschossen hatte. Der CIA-Killer wankte, ging auf seine Hände und Knie nieder und kämpfte, um den Kopf wieder aufzurichten. Dann sah er mich aus glasigen Augen an.
»T… Tut mir … leid«, sagte er mit schwacher Stimme. »Ich … Ich …«
Und dann brach er zusammen und sackte zu Boden.
O’Brien richtete seine Pistole jetzt auf mich.
»Waffe runter. Sofort!«, knurrte ich.
»Oder was?«, fragte er. Plötzlich sprach er mit einer anderen Stimme. Er hatte nicht mehr einen normalen amerikanischen Akzent, mit dem er zuvor geredet hatte, sondern klang nun britisch. »Was wollen Sie tun? Mich erschießen?« Er lachte. »Glauben Sie, das könnte mir etwas anhaben?«
»Sie müssen nur ein Wort sagen«, knurrte Top hinter mir, »und dann schicken wir diesen Höllenhund dahin zurück, wo er hergekommen ist.«
»Waffe runter«, warnte ich erneut. »Ich sage es nicht noch einmal.«
O’Brien schloss für einen kurzen Moment die Augen. Er war schweißgebadet und sah nicht gut aus. Langsam senkte er die Waffe und stolperte zur Seite, nur um sich überraschend schnell am Türrahmen festzuhalten.
Ich trat vorsichtig auf ihn zu – Pistole gezückt, der Laser auf seine Brust gezielt. Der falsche Agent schüttelte den Kopf, als ob er versuchen würde, sich zu sammeln. Die Pistole war noch immer auf den Boden gerichtet. Ich merkte, wie sich Ollies Hand neben mir schloss und wieder öffnete. Er hatte ein Loch im Rücken, aus dem Blut floss. Das störte mich nicht im Geringsten. Wenn er starb, sollte er sterben. Seine letzten Worte hatten mich nicht überzeugt.
»Lassen Sie die Waffe fallen«, befahl ich.
Hinter mir konnte ich Top und Skip hören, wie sie näher kamen. Wir waren nicht nur mehr Männer, sondern hatten auch mehr Waffen.
Trotzdem ließ es der Hurensohn offenbar darauf ankommen. Er hob den Kopf und lächelte mich an. Mir fiel etwas Merkwürdiges auf. Der Schweiß, der ihm vom Gesicht tropfte, schien auch dessen Farbe abzuwaschen. Seine Sommersprossen lösten sich auf, und ich konnte eine gezackte Linie unter seiner Haut ausmachen, die wie eine Narbe aussah. Was war das? Trug der Mann etwa Make-up?
O’Brien starrte mich an. Sein Blick wirkte unstet. Dann sah ich, wie sich seine Muskeln anspannten. Plötzlich hob er die Pistole und schrie: »Allah akbar!«
Ich verpasste ihm zwei Kugeln in die Brust.
Der Aufprall schleuderte ihn durch die offene Tür, und er fiel in die Dunkelheit. Der Sturz hörte sich schmerzhaft an, als Ellenbogen, Schädel und Fersen auf das dünne Linoleum aufschlugen.
Die Zeit schien einen Moment lang stillzustehen. Pulverdampf hing in der Luft.
Ich konnte nur die Sohlen seiner Schuhe sehen. Er zuckte einmal, danach herrschte Ruhe. Aber ich traute dem Frieden nicht. Vorsichtshalber hielt ich die Pistole schussbereit in die Höhe, während ich mich langsam in den dunklen Gang hinauswagte. Dort kniete ich mich neben O’Brien und legte die Hand auf seinen Hals.
Nichts. Absolut nichts.
Ich spürte, wie die Anspannung von mir abfiel. Ich stand auf und ging zurück zu Top, Skip und der First Lady. Stirnrunzelnd betrachtete ich die Finger, mit denen ich seinen Puls gefühlt hatte. Sie waren voller Bühnen-Make-up.
»Guter Schuss, Boss«, meinte Top anerkennend. Er senkte die Waffe, steckte sie aber nicht ein. Dann kniete er sich neben Ollie. Sein Gesicht spiegelte Abscheu wider. »Er lebt noch. Vielleicht ja sogar lange genug, um zu hängen. Verräter!«
Skip stand hinter ihm und starrte an mir vorbei in den Gang hinaus. Dann beugte er sich runter und nahm Ollies Pistole, ehe er sich wieder an die Seite der First Lady begab, die voller Horror die Szene, die sich ihr bot, betrachtete.
»Verdammt«, murmelte Skip, die Augen auf O’Brien gerichtet. »Sie haben ihn wirklich getötet.«
»Ja«, sagte ich. »Soll vorkommen, wenn man zwei Kugeln abbekommt.«
»Schade, dass Sie die Belohnung nicht einsacken können«, meinte Skip.
»Belohnung? Wofür?«
Er grinste mich verschmitzt an. »Weil Sie El Mudschahid um die Ecke gebracht haben, Boss. Wenn ich mich nicht ganz irre, ist sein Kopf eine Million Dollar wert.«
Ich runzelte die Stirn. »Was zum Teufel reden Sie da, Skip?«
Er wies mit dem Kopf auf O’Brien. »Das da ist El Mudschahid. War Ihnen das nicht klar?«
Ich drehte mich um und betrachtete den großen Körper auf dem Boden. Dann wandte ich mich wieder an Skip. »Woher wollen Sie
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