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Patient Null

Titel: Patient Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Maberry
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funktioniert?«
    »Ob er funktioniert?«, wiederholte Gault und beobachtete dabei Amirah. Ihm fiel auf, dass ihr Schritt heute besonders beschwingt wirkte. Er wusste genau, was eine Frau wie sie auf Touren brachte. »Er hat bereits funktioniert.«
    Mit diesen Worte legte er auf und steckte das Handy in seine Tasche.

10
    Baltimore, Maryland Samstag, 27. Juni / 18:19 Uhr
     
    »Hier Dr. Sanchez’ Büro.«
    »Kittie? Joe hier. Ist Rudy da?«
    »Nein, der hat sich für den restlichen Tag entschuldigt. Ich glaube, er ist im Fitnessstudio.«

    »Danke.« Ich legte auf und rief Golds Fitnessstudio in der Pratt Street an. Es dauerte nicht lange, ehe man Rudy an den Apparat geholt hatte.
    »Hi, Joe«, begrüßte er mich. Rudy hörte sich wie Raul Julia von der Addams Family an. »Ich dachte, du wärst in Ocean City. War da nicht etwas von wegen drei Bs? Bräunen – Bikinis – Bier? Das war doch der Plan.«
    »Pläne sind da, um geändert zu werden. Hör zu, hast du Zeit für mich?«
    »Wann?«
    »Jetzt gleich.«
    Eine kurze Pause. Ich konnte sein Gehirn förmlich schalten hören. »Alles okay bei dir?«
    »Nicht so ganz.«
    Wieder veränderte sich seine Stimme. Diesmal klang sie besorgt. »Geht es um den Vorfall im Lagerhaus?«
    »In gewisser Weise.«
    »Bist du deprimiert oder …«
    »Rudy, lass den Psychomist. Das ist rein privat.« Endlich verstand er. Lange vor Helens erstem Suizidversuch war Rudy immer wieder mein Psychotherapeut gewesen und die ganze Zeit über mein Freund geblieben. Jetzt brauchte ich einen Freund, aber auch sein Wissen und seine Erfahrung. »Zieh dich an und komm raus. Ich bin in fünf Minuten da.«
     
    Ich kannte Rudy Sanchez seit zehn Jahren. Wir – also Helen und ich – lernten ihn im Sinai-Krankenhaus kennen, wo er Helen behandelte, als sie anfing zu glauben, von Spinnen attackiert zu werden, die aus den Wänden kamen. Inzwischen setzten wir uns beide auf unterschiedliche Weise mit ihrem Selbstmord auseinander. Ich brauchte ihn für meine Schuldgefühle und er mich für die seinen. Keiner seiner Patienten hatte sich bis dahin während seiner Behandlung das Leben genommen, so dass ihn Helens Freitod
besonders mitnahm. Natürlich sollte man sich als Therapeut stets professionell distanziert verhalten, aber es gab schließlich auch so etwas wie Menschlichkeit. Rudy war ein ausgezeichneter Seelenklempner. Er war für diesen Beruf geradezu geboren worden. Er hörte mit jedem Molekül seines Körpers zu, was man sagte, und besaß einen echten Einblick in die menschliche Seele.
    Die Tür von Golds Fitnessstudio öffnete sich, und Rudy trat auf die Straße. Er trug metallblaue Fahrradshorts und ein schwarzes Muskel-Shirt. Seine Sporttasche hatte er sich unter den Arm geklemmt.
    »Bist du mit dem Fahrrad unterwegs?«, fragte ich und sah mich um.
    »Nein, mit dem Auto.«
    »Wieso dann die Shorts?«
    »Wir haben eine neue Fitnesstrainerin. Jamaikanerin … groß, hinreißend.«
    »Und?«
    »Fahrradshorts zeigen, was ich zu bieten habe.«
    »Das kann nicht dein Ernst sein!«
    »Neid steht dir nicht, Joe.«
    »Steigen wir lieber ein!«
    Wir fuhren zum Bellevue State Park, wo wir eine Flasche Wasser kauften und in den Wald hineinspazierten. Im Auto hatte ich nicht viel gesagt, und nun wartete Rudy geduldig darauf, dass ich loslegen würde. Nachdem wir fünf Minuten schweigend nebeneinander hergelaufen waren, räusperte er sich. »Das hier scheint mir recht abgelegen für eine Therapiestunde zu sein, Cowboy.«
    »Soll ja auch keine Sitzung werden.«
    »Sondern? Will das FBI, dass du einen auf Förster machst?«
    »Ich brauche etwas Ruhe.«
    »Die hast du doch auch im Auto.«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher.«

    Er lächelte. »Du solltest dir überlegen, einen Psychiater aufzusuchen. Das klingt für mich nämlich ziemlich paranoid.«
    Ich antwortete nicht. Der Pfad, auf dem wir liefen, führte zu einer kleinen Waldlichtung an einem Bach. Ich ging voran. Für einen Bach war das Wasser erstaunlich laut. Genau richtig. Nicht, dass ich mit einem Haufen Richtmikrofone rechnete, aber Vorsicht ist besser als Nachsicht, wie es so schön heißt.
    »Okay. Versteh mich nicht falsch, Rudy, aber ich werde mich jetzt ausziehen. Du kannst dich umdrehen, wenn du willst. Ich möchte schließlich nicht dafür verantwortlich sein, wenn du dein Selbstbewusstsein verlierst. Zumindest würdest du diese Fahrradshorts dann nicht mehr anziehen.«
    Er setzte sich auf einen Fels und nahm eine Handvoll Steinchen. Ich zog mir

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