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Patient Null

Titel: Patient Null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Maberry
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werden. Mit der achten Generation werden wir den Ausbruch von Minuten auf Sekunden herunterschrauben.«
    Die Kreatur schüttelte den Kopf – wie ein Tier, das eine lästige Fliege abschüttelt. Dank der Schutzanzüge konnte das Wesen sie weder riechen noch hören – die beiden wichtigsten Auslöser. Aber allein ihr Antlitz ließ das Geschöpf unruhig werden. So etwas hatten sie bei früheren
Generationen nicht erlebt. Gault winkte vorsichtig mit der Hand, um zu sehen, ob das Monster mit den Augen folgen würde.
    Plötzlich machte es einen Satz.
    Ohne Vorwarnung warf es sich auf Gault, sprang über den metallenen Boden der Versuchszelle und streckte die Arme gierig nach ihm aus. Er schrie auf und taumelte nach hinten. Es gelang ihm, sich rechtzeitig zu fangen und es zu schaffen, den Taser abzufeuern. Die Pfeile landeten in der nackten Brust des Monsters. Dann drückte er erneut ab, und mehr als 70 000 Volt entluden sich über die Drähte.
    Das Wesen brüllte wie ein getroffener Berglöwe auf – hoch und hasserfüllt -, ehe es zu Boden ging und dort zusammengekauert zu wimmern anfing. Gault hielt mit verzerrtem Gesicht den Hahn gedrückt, und die Kreatur zuckte unter jedem neuen Stromschlag.
    »Das reicht«, schrie Amirah. Es dauerte eine Weile, bis er sie überhaupt wahrnahm. Langsam nahm er den Finger vom Hahn. Sein Herz hämmerte wie verrückt, und seine Brust hob und senkte sich wie ein Blasebalg.
    Amirah lachte, als sie hinter der Wand aus Plexiglas hervortrat. »Der neue Parasit hat das Aggressionsverhalten um mindestens fünfzig Prozent gesteigert. Und es geht wesentlich schneller. Ein nicht-fataler Biss überträgt die Parasiten, und innerhalb weniger Minuten werden kognitive Funktionen auf ein Minimum reduziert. Bei einem schlimmeren Biss oder in Kombination mit anderen traumatischen Verwundungen steigt die Infektionsrate exponenziell.«
    »Das Ding hätte mich töten können«, fuhr Gault sie an, trat auf sie zu und richtete den Taser auf ihre Brust. Vor Wut hätte er beinahe abgedrückt.
    Amirah lachte noch immer und schüttelte den Kopf. »Ach, benimm dich nicht wie ein altes Weib.« Mit einem Fuß berührte sie die Oberlippe der Kreatur und zog sie mit dem Schuh hoch. Gault konnte das blasse Zahnfleisch
sehen. »Ich habe ihm für diese kleine Demonstration alle Zähne ziehen lassen«, erklärte sie. »Für wen hältst du mich – eine Idiotin?«
    Gault fehlten die Worte. Sein Kiefer klappte nach unten. Dann schürzte er die Lippen und zeigte seine Zähne. Einen Augenblick lang sah er genauso gierig aus wie das Monster zu seinen Füßen. »Verflucht, Amirah! Du hättest mich verdammt nochmal warnen können!«
    »Dann hätte es aber nicht so viel Spaß gemacht.«
    »Du bist eine grausame Hexe«, entgegnete er, musste dann aber auch lächeln. Das Lächeln besaß zwar nicht einmal einen Funken von Ehrlichkeit, aber er spielte mit. Das wird dich teuer zu stehen kommen, Schätzchen, dachte er zornig.
    Entweder verstand Amirah nicht so ganz, wie tief ihn dieser Zwischenfall schockiert hatte, oder es war ihr egal; zudem verbarg der Schutzanzug den Großteil ihres Gesichts. Sie drehte sich jedenfalls zur Uhr an der Wand um, ehe sie zur Konsole zurückging und die Maske vom Gesicht streifte. »Die neue Hormonausgabe hat eine weitere Nebenwirkung, die ich nicht missen möchte«, erklärte sie und drückte ein paar Tasten.
    Ein lautes metallenes Knirschen erfüllte die Versuchszelle, als Stahlwände aus dem Boden wuchsen. Nach einem halben Meter rasteten sie ein. Amirah drückte auf den nächsten Knopf, und vier gewölbte Panzerglasscheiben fuhren aus den Stahlwänden empor. Ihre Seiten passten so gut aneinander, dass man nur den Hauch einer Schnittstelle erkennen konnte. Die Glaswände schoben sich bis auf eine in die Decke eingelassene Fuge hinauf und rasteten dort mit einem lauten Klicken ein. Amirah betrachtete eine Weile die Uhr. Das Wesen lag jetzt in einem Container aus Stahl und Panzerglas.
    »Nicht mehr lange«, murmelte sie und zählte die Sekunden. »Jeden Augenblick. Die siebte Generation ist so wunderbar schnell.«

    Ruckartig öffnete die Kreatur die Augen, schürzte die Lippen und fauchte hasserfüllt. Obwohl kein Laut aus der Zelle zu ihnen durchdrang, schreckte Gault doch zurück. Er starrte das Monster an, drehte sich einen Moment zur Uhr, um dann wieder die Kreatur anzuglotzen.
    »Einen Moment«, murmelte er. »Das geht doch nicht mit …«
    Amirahs umwerfend dunkle Augen leuchteten stolz.

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