Patterson James
dürftest.
Hmmm. Darüber hatte ich noch nicht nachgedacht. Ich meine,
ich konnte schon fliegen. Vielleicht würde ich gern Gedanken
lesen können, wie Angel. Aber dann würde ich alles wissen, was
alle dachten. Zum Beispiel, ob jemand mich tatsächlich nicht
mochte, nur so tat. Was, wenn ich freie Wahl hatte?
Vielleicht würdest du die Welt retten wollen, sagte die Stimme. Hast du je darüber nachgedacht?
Nein. Ich runzelte die Stirn. Das überlasse ich den
Erwachsenen.
Aber die Erwachsenen sind es, die die Welt zerstören, sagte
die Stimme. Denk darüber nach!
116
S
chaut mal, wer hier am Strand ist.«
E
ine tiefe weiche Stimme, voller Bosheit, weckte mich in
der Nacht aus dem Schlaf. Mein Körper verspannte sich
wie ein Langbogen. Ich wollte aufspringen, aber ein großer Fuß
in einem Stiefel presste mich nieder.
Ari. Immer Ari.
In der nächsten Sekunde waren Fang und Iggy wach. Ich
streckte die freie Hand aus und weckte Nudge.
Ein Adrenalinstoß schoss durch meine Adern und verknotete
die Muskeln. Angel wachte auf und legte einen Senkrechtstart
ohne Anlauf hin. Sie presste Celestine an sich und schwebte
ungefähr sieben Meter über uns. Ich sah, wie sie umherblickte,
sah, wie sich auf ihrem Gesichtchen blankes Entsetzen
abzeichnete.
Auch ich blickte umher.
Und mir stockte der Atem.
Wir waren von Erasern umzingelt, mehr Erasern als ich je
zuvor gesehen hatte. Buchstäblich Hunderte und Aberhunderte.
Ich konnte es nicht fassen, dass sie derartige Mengen dieser
widerlichen Wesen gezüchtet hatten.
Ari beugte sich herunter und flüsterte: »Du bist so hübsch,
wenn du schläfst – und wenn dein Mund zu ist. Aber wie
schade, dass du deine Haare abgeschnitten hast.«
»Wenn ich deine Meinung hören will, frage ich dich«, fuhr ich
ihn an und wehrte mich gegen seinen Stiefel.
Er lachte, bückte sich und strich mir mit einer Klaue übers
Gesicht. »Ich mag die Temperamentvollen.«
»Weg von ihr!« Fang stürzte sich auf Ari und überraschte ihn.
Ari wog locker hundert Pfund mehr als Fang, aber Fang war
wütend und blutrünstig. In diesem Zustand war er wirklich zum
Fürchten.
Iggy und ich wollten ihm helfen, aber Eraser packten uns
sofort.
»Nudge, Gasman!«, schrie ich. »Jetzt!«
Ohne Fragen zu stellen, sprangen die beiden hoch und flogen
zu Angel hinauf. Eraser griffen nach ihren Beinen, aber die
beiden waren schneller. Ich war so stolz, besonders, als Nudge
wütend die Zähne zeigte.
Ich wehrte mich mit Händen und Füßen, aber drei Eraser
hielten mich fest. »Fang!«, schrie ich, aber er war außer
Hörweite und in den Kampf mit Ari verstrickt. Dieser fuhr Fang
mit seinen Klauen übers Gesicht und hinterließ parallele rote
Linien.
Wir sechs sind übermenschlich stark, aber wir haben nicht die
schiere Muskelmasse eines ausgewachsenen Erasers. Fang war
total unterlegen, trotzdem gelang es ihm, Ari das Schlüsselbein
zu brechen.
Ari schrie und fletschte die Zähne. Dann holte er aus und
versetzte Fang einen Faustschlag gegen den Kopf. Sein Kopf
flog seitwärts. Er schloss die Augen und stürzte wie eine
bleierne Ente zu Boden.
Ari packte Fangs Kopf und schlug ihn gegen einen Stein. Und
dann noch mal.
»Lass ihn in Ruhe! Hör auf! Bitte, hör auf!«, schrie ich. Rote
Nebel der Wut waberten vor meinen Augen. Ich wehrte mich
gegen die Eraser, die mich festhielten. Dem einen trat ich kräftig
gegen den Spann. Er fluchte und verdrehte mir den Arm, bis mir
die Tränen über die Wangen liefen.
Fang öffnete die Augen einen Spalt. Als er Ari über sich sah,
nahm er Sand und warf ihn in Aris Gesicht. Dann kam Fang auf
die Beine und trat Ari mit aller Kraft gegen die Brust. Ari
taumelte zurück und hustete. Dann erholte er sich schnell und
rammte Fang einen Ellbogen gegen den Mund. Blut spritzte aus
Fangs Mund, und er ging wieder zu Boden.
Ich weinte und konnte nicht mehr sprechen, weil ein Eraser
seine haarige Pranke über meinen Mund gelegt hatte.
Dann beugte sich Ari über Fang. Er hatte das Maul offen. Die
scharfen Fänge waren bereit, Fang die Kehle zu zerfetzen. »Hast
du genug vom Leben?«, stieß er hervor.
O Gott, o Gott, o Gott! Nicht Fang, nicht Fang, nicht Fang –
»Ari!«
Meine Augen wurden groß. Diese Stimme kannte ich nur allzu
gut.
Jeb. Mein Adoptivvater. Jetzt mein schlimmster Feind.
K
ochend vor Wut sah ich, wie Jeb Batchelder locker durch
die Menge der Eraser schritt und sie teilte, als sei er
Moses und sie das Rote Meer. Es war bizarr, ihn so
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