Patterson James
Decke und eilte
nach draußen, um zu sehen, was die Cops mir an neuem Ärger
gebracht hatten.
»Ich komme!«, rief ich laut. »Schalten Sie endlich die
verdammte Sirene ab! Ich komm ja schon!«
Das Inn-Patient, meine kleine Tierklinik, war eine knapp
zweihundert Quadratmeter große Schachtel aus Holz und Glas,
sechs Meter vom Highway zurückgesetzt, in der Nähe der
Kreuzung in Bear Bluff, einer schönen, aber so winzigen Stadt,
dass man hindurchfahren konnte, ohne sie überhaupt zu
bemerken. Der Standort der State Trooper liegt nur zwei Meilen
weiter, und ich kannte die meisten der »Staties« von den
eingefangenen streunenden Pechvögeln und den angefahrenen
Wildtieren, die sie mir im Verlauf der Jahre vorbeigebracht
hatten.
Das rotierende Alarmlicht des Streifenwagens war immer noch
eingeschaltet, als ich nach draußen auf den Parkplatz vor
meinem Haus trat. Plötzlich kam mir ein Gedanke. Hoffentlich
ging es nicht um meine verschwundene Freundin Jessie.
Trooper James H. Blake stieg aus dem Wagen. Er war ein
massiver Bursche von eins neunzig mit gewaltigen Armen und
einer fassförmigen Brust, der früher bei den Colorado State
Fullback gespielt hatte. In den starken Armen hielt er einen
dunkelbraunen Schlafsack, und dieser Schlafsack war
blutgetränkt.
Muss das jetzt wirklich sein, James?, dachte ich bei mir.
Ich sah an ihm vorbei zum Streifenwagen und bemerkte zwei
Jugendliche in karierten Hemden auf den Rücksitzen, einen
Blondschopf und einen Rothaarigen, beide mit zornigen,
schmollenden Gesichtern.
Mein Gefühl sagte mir, dass diese beiden Jungen die Urheber
für das waren, was der Trooper im Schlafsack bei sich trug.
Glauben Sie mir, ich habe mir sämtliche Erklärungen angehört,
die es nur gibt, aber es bleibt dabei: Ich hasse die Jagd, und ich
werde sie immer hassen.
Auch James Blake war aufgebracht, wie ich sehen konnte. Er
hatte alle Mühe, sich im Zaum zu halten. Früher einmal hatte er
ein paar Mal versucht, sich mit mir zu verabreden, und obwohl
ich seine Einladungen ausgeschlagen hatte, war ich überzeugt,
dass er ein netter, aufrichtiger und anständiger Bursche war.
Warum ich mich nicht mit ihm getroffen habe? Weil ich eine
dumme Kuh war. Und weil ich immer noch auf Kit wartete.
»Frannie, ich hoffe, Sie können helfen«, sagte James Blake,
während er näher kam. Blut tropfte aus dem Bündel in seinen
Armen auf den Kies unter seinen Füßen.
Ich stieß die Glastür auf und ließ James in den kleinen
Empfangsbereich, um ihn anschließend an den Krankenzimmern
Nummer eins und zwei vorbei in einen Untersuchungsraum zu
führen.
»Nichts Neues wegen Jessie?«, fragte ich ohne viel Hoffnung.
»Nichts«, antwortete James.
Als wir am Pflegezimmer Nummer zwei vorbeikamen, fing
ein schwarzer Bilderbuchlabrador, der von seinem Besitzer zur
Kastration vorbeigebracht worden war, wie verrückt an zu
heulen. Das stiftete den Basset mit der Magendrehung an sowie
den streunenden Schäferhund auf der anderen Seite.
Und Pip, meinen eigenen Jack-Russell-Terrier, der meistens
bei den Pflegehunden rumhing und nie Nein sagen konnte, wenn
es um einen guten Bellwettbewerb ging.
Der Lärm erschreckte das Tier im Schlafsack, und es begann
panisch zu zappeln.
»Gebt auf der Stelle Ruhe, Jungs!«, polterte ich die kläffenden
Hunde an.
Ich führte James in das Untersuchungszimmer und schloss die
Tür hinter uns. Auf einem Sessel beim Fenster lag ein
streunender Hund und schlummerte in einem Stapel Kissen. Ich
beugte mich über den Schlafsack und wickelte den Patienten
darin vorsichtig aus.
Was es auch war, Hund, Katze, Waschbär, es würde eine
schreckliche Sauerei werden, so viel wusste ich bereits jetzt.
Doch ich war vollkommen unvorbereitet auf das, was mich
schließlich aus glasigen Augen anstarrte. Ein Gymnogyps
californianus – ein Vogel, der in Colorado meines Wissens seit
wenigstens zweihundert Jahren nicht mehr gesehen worden war!
»Was zur Hölle ist das, Frannie?«, fragte James.
»Ein Kalifornischer Kondor. Ich habe noch nie einen lebenden
gesehen. Sie gelten in dieser Gegend als ausgestorben.«
Es war ein merkwürdiges Tier, alles was recht ist. Mein neuer
Patient besaß einen kahlen Schädel von der Größe einer Mango,
dazu einen langen gekrümmten Schnabel, dessen Ansatz von
pinkfarbenen Hautlappen überdeckt wurde. Mitten auf dem
Kopf wuchs ein Fleck steifer schwarzer Federn, und wo der
kahle Hals endete, war ein dichter Ring schwarzer, flauschiger
Federn,
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