Patterson James
gefallen, weil sie wieder loskicherte. Schrill und durchdringend. Und die anderen lachten noch
lauter.
Andie musste zugeben, dass sich im Laufe der vergangenen
Woche ein Gefühl der Vertrautheit mit diesen Menschen bei ihr
eingestellt hatte. Vielleicht lag es an dem, was sie hier taten – im
selben Raum sitzen, dieselben wahnsinnigen, beunruhigenden
Zeugenaussagen anhören.
Sie blickte in die Runde. »Hört mal, morgen hat mein Sohn
Geburtstag. Ich habe dafür gesorgt, dass er über Nacht mit mir
ins Motel kommen darf. Was haltet ihr von Kuchen und Brause
in meinem Zimmer nach dem Abendessen?«
»Hey, eine Party«, frohlockte O’Flynn im Namen aller.
»Wir besorgen uns Partyhüte und Krachmacher!«, rief Rosella.
»Wie an Silvester. Den Geburtstag wird er in Erinnerung
behalten.«
»Auf Kosten der Regierung der Vereinigten Staaten«, sagte
Marc. »Immerhin schulden sie uns was, oder? Wie heißt der
Kleine?«
»Jarrod.« Andie lächelte. »Das ist toll. Danke, Leute. Eine
Sache gibt’s da noch. Ich habe versprochen, dass ihr alle ein
Geschenk mitbringt.«
Ich beobachtete die Geschworenen, die nach dem Mittagessen
den Gerichtssaal betraten. Kurz darauf wurde der nächste
Starzeuge aufgerufen, Joseph Zaro, ein Exmafioso und Exfunktionär in der Local 407, der Gewerkschaft, bei der Cavello in
New Jersey den Daumen drauf hatte.
Zaro erklärte, wie Bauunternehmer seit Jahren bei der Vergabe
von Bauaufträgen ausgequetscht wurden. Wie am Sitz der
Gewerkschaft ganz klassisch Geldkoffer mit hunderttausend
Dollar vorbeigebracht wurden, wenn man wollte, dass einem
überhaupt Arbeiter für einen Bauauftrag geschickt wurden. Oder
dass ein Bauunternehmer, wenn er eine Mischung aus gewerkschaftlich und nicht gewerkschaftlich organisierten Arbeitern
anstrebte, um Geld zu sparen, gleich vorab zwanzig Prozent des
Eingesparten abdrücken musste.
Seit Jahren wussten wir, dass es sich hierbei um den größten
Erpressungsfall von New Jersey handelte und Cavello Millionen
abschöpfte. Nur erwischen konnten wir ihn einfach nicht.
»Wie viele Verträge haben Sie im Lauf der Jahre für
Mr. Cavello manipuliert?«, wollte Joel Goldenberger von Zaro
wissen.
»Dutzende? Hunderte?« Zaro zuckte mit den Schultern. »Außerdem gab es noch zwei andere, die den gleichen Job machten
wie ich.«
»Den genau gleichen Job? Sie meinen Erpressung?«, drängte
Goldenberger.
Wieder zuckte Zaro mit den Schultern, als wäre dies die
natürlichste Sache der Welt. »Ja.«
»Und was wäre passiert, wenn sich der Bauunternehmer
geweigert hätte zu zahlen?«
»Dann hätte er keinen Auftrag bekommen, Mr. Goldenberger.«
»Und wenn sie sich weiter weigerten zu zahlen? Oder Leute
von draußen nahmen?«
»Sie meinen, von außerhalb der Gewerkschaft?«, vergewisserte sich Zaro.
»Ja.«
Einen Augenblick lang machte Zaro ein verdutztes Gesicht,
bevor er sich am Kopf kratzte. »Sie müssen schon verstehen, wir
reden hier über Dominic Cavello, Mr. Goldenberger. Ich kann
mich nicht erinnern, dass das jemals passiert ist.«
Ein paar Leute im Gerichtssaal lachten.
Auch Goldenberger lächelte. »Dann handelte es sich im Grunde genommen um ein Monopol? Mr. Cavello da drüben konnte
dem gesamten Baugewerbe die Bedingungen diktieren?«
»Es gibt kein Gebäude in Nord-Jersey, bis nach New York
hinein, bei dem Dominic Cavello sich nicht seinen Teil gesichert
hätte.« Zaro lachte laut auf.
Selbst Cavello schien sich ein Lächeln nicht verkneifen zu
können. Als wäre er stolz auf seine Geschäftstüchtigkeit. Wir
hatten ihn festgenagelt. Mord. Beeinflussung von Gewerkschaften. Betrug. Man konnte es an jedem Gesicht im Gerichtssaal
ablesen. Selbst an Cavellos Gesicht, hinter diesem kalten Blick,
das zu sagen schien: Das geht mich doch alles gar nichts an.
Nun brauchte die Staatsanwaltschaft nur noch ihren letzten
Zeugen aufzurufen, einen, der über eine noch hässlichere Seite
von Cavello berichten konnte. Der letzte Nagel, der zu Cavellos
Sarg fehlte. Mich.
Ich betrat den Zeugenstand am nächsten Nachmittag.
»Bitte nennen Sie Ihren Namen.« Joel Goldenberger erhob
sich und drehte sich zu mir. »Und sagen Sie uns, welche
Verbindung Sie zu diesem Fall haben.«
»Nicholas Pellisante«, begann ich. »Ich bin Special Agent im
FBI-Büro in New York und Leiter der so genannten Abteilung
C-10. Wir bekämpfen die organisierte Kriminalität.«
»Danke. Und in Ihrer Eigenschaft als Leiter dieser Abteilung,
Agent Pellisante, leiten Sie auch die Ermittlungen gegen
Dominic Cavello, ist
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