Patterson James
war los? Ich legte meine Hand auf meine Brust. Sie
fühlte sich warm und glitschig an.
Jesses, Nick.
Ich blutete wie ein abgestochenes Schwein.
Doud sah mich an, und gleichzeitig senkten wir unsere Blicke
auf das Blut, das vor mir auf den Boden tropfte.
»Dieses Dreckschwein«, sagte ich und öffnete meine Jacke.
Ein riesiger Blutfleck prangte auf meinem Hemd.
»Hol sofort die Sanitäter her!«, rief Doud einem der Sicherheitsbeamten zu.
»Gute Idee.« Ich nickte und ließ mich nach hinten gegen die
Wand sinken.
Aus dem Funkgerät ertönte eine Stimme. »Ich glaube, wir
haben sie.« Es war die offene Leitung des Krisenzentrums im
Rathaus. Ein schwarzer Bronco war gesehen worden, der von
der Tenth Avenue abgebogen war, um in den Lincoln Tunnel
Richtung New Jersey zu fahren.
»Wir haben den Zugang sperren lassen«, erklärte der Mitarbeiter aus dem Krisenzentrum. »Die Hafenbehörden haben dort
eine Sondereinheit eingesetzt.«
Über die Telefonleitung empfingen wir die Videoaufnahmen
aus dem Krisenzentrum. Über uns erschien eine Weitwinkelaufnahme vom Tunnel. Der schwarze Bronco war etwa das zehnte
Fahrzeug in der Reihe. »Da ist er!« Die Kamera holte das Bild
näher heran. Der Verkehr wurde auf zwei Spuren zusammengeführt.
Ich presste meine Hand gegen den Brustkorb, hatte aber nicht
die Absicht, mich von hier wegzubewegen. Ich konnte den
schwarzen Bronco erkennen. War es derselbe? Jedenfalls sah er
genauso aus.
»Das verdächtige Fahrzeug hat Nummernschilder aus New
Jersey. EVS-drei-sechs-neun«, wurde über Funk gemeldet.
Eine Sekunde lang war ich vom Geschehen genauso in den
Bann gezogen wie alle anderen auch. Ich hoffte einfach, dass
wir das richtige Fahrzeug im Visier hatten. Ein Gedankenblitz
jagte mir durch den Kopf, und ich schnappte mir das Mikrofon
vom Tisch.
»Hier ist Special Agent Pellisante. Diese Leute haben wahrscheinlich Automatikwaffen und Sprengstoff dabei. In dem
Wagen könnte sich eine Sprengfalle befinden, und vielleicht
sitzt Cavello gar nicht mehr drin. Die Sondereinheit sollte alles
daransetzen, um den Wagen zu isolieren.«
Meine Wunde war vergessen. Ich trat näher an den Monitor
und beobachtete, wie die Mannschaft der Hafenbehörde den
schwarzen Bronco einkreiste und andere Fahrzeuge vorbeifahren ließ. Es war eine knifflige Angelegenheit, viele – Hunderte –
unschuldige Menschen waren betroffen.
Schwarz gekleidete Männer mit Helmen schlichen ins Sichtfeld der Kamera. Der Bronco war nur noch vier Fahrzeuge vom
Tunneleingang entfernt, während sich die Polizisten mit
gezogenen Waffen näherten. Die Scheiben des Bronco waren
schwarz gefärbt. Man konnte nicht hineinschauen, aber wer
herausschaute, musste sehen, dass die Polizisten auf sie zukamen.
Der Bronco rückte bis zum Tunneleingang vor, der plötzlich
von einem Polizeiwagen versperrt wurde.
Aus allen Richtungen näherten sich Mitarbeiter des Sondereinsatzkommandos dem verdächtigen Fahrzeug.
Auf dem Bildschirm konnte ich das Geschehen genau beobachten. Der Bronco war von mindestens zwanzig schwer
bewaffneten Polizisten umgeben.
Die vorderen Türen des Bronco wurden geöffnet. Ich trat
näher an den Monitor. »Lass es ihn sein«, flehte ich mit geballten Fäusten. »Lass es ihn sein.«
Die Insassen des Bronco stiegen mit erhobenen Händen aus –
ein ganz in Schwarz gekleideter Mann, dann eine Frau mit
Schlapphut. Ein kleiner Junge, der sich weinend an die Frau
klammerte.
»Verdammte Scheiße!«, hörte ich eine Stimme aus dem Funkgerät. Aber das Bild brauchte keinen Kommentar oder
Untertitel.
Es war der falsche Wagen. Wir hatten Dominic Cavello verloren.
Ich blieb im Sicherheitsraum des Gerichts, bis die beiden
Sanitäter, die sich redlich bemühten, mich so gut wie möglich zu
verarzten, keine Verantwortung mehr für meine Gesundheit
übernehmen konnten. Aber ich wollte nicht eher gehen, bis ich
das Band gesehen hatte. Das Band mit dem Mann im Fahrstuhl
– demjenigen, der Cavello befreit hatte.
Ich sah es mir mindestens ein Dutzend Mal an.
Er war mittelgroß, nicht besonders gut gebaut. Ich konnte
nicht sagen, ob er alt oder jung war. Ich suchte nach besonderen
Merkmalen. Er trug einen Bart, den ich für falsch hielt. Dunkles,
kurzes Haar, Brille. Doch dieser Kerl wusste genau, was er tat.
Er zögerte kein einziges Mal, auch nicht eine Sekunde. Er war
Profi, nicht nur irgendein Mietsöldner. Er hatte uns eiskalt
erwischt, trotz des Aufgebots an New Yorker Polizisten und
zwei Dutzend
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