Patterson, James - Alex Cross 02 - Denn Zum Küssen Sind Sie Da
ihr leicht die Hand.
»Enchanté. « Rudolph nickte, dann blieb er vor der sechsten Frau in der Reihe stehen. Er drehte den Kopf und musterte die letzte Frau, dann kehrte sein Blick zu Nummer sechs zurück.
»Du bist etwas ganz Besonderes«, sagte er leise, fast schüchtern. »Wirklich außergewöhnlich.«
»Das ist Christa«, sagte Casanova mit einem wissenden Lächeln.
»Christa ist meine Verabredung für heute nacht!« rief der Gentleman begeistert aus. Er hatte sein Wahl getroffen. Casanova hatte ihm ein Geschenk gemacht – mit dem er machen konnte, was er wollte.
Christa Akers versuchte zu lächeln. Das war die Hausregel. Aber sie konnte es nicht. Das gefiel dem Gentleman besonders an ihr: die köstliche Angst in ihren Augen. Denn zum Küssen sind sie da. Er war bereit für das Spiel. Ein letztes Mal.
Fünfter Teil
Denn zum Küssen sind sie da
102. Kapitel
Am Morgen nach der Festnahme von Dr. Wick Sachs schlenderte Casanova die Flure des Duke Medical Center entlang. Er betrat ruhig Kate McTiernans Einzelzimmer.
Er konnte jetzt überall hingehen. Er war wieder frei. »Hallo, Liebling. Wie geht’s denn so?« flüsterte er Kate zu. Sie war ganz allein, obwohl immer noch ein Polizist aus Durham auf dem Stockwerk stationiert war. Casanova setzte sich auf den Stuhl neben ihrem Bett. Er sah das bedauerliche körperliche Wrack an, das einmal eine so strahlende Schönheit gewesen war. Er war nicht einmal mehr wütend auf Kate. Da war nicht mehr viel, worauf er hätte wütend sein können, nicht wahr? Die Lichter sind noch an, dachte er, als er in die leeren blauen Augen schaute, aber es ist niemand zu Hause, nicht wahr, Katie? Er genoß es, in ihrem Krankenhauszimmer zu sein – das brachte seine Säfte in Wallung, geilte ihn auf, spornte ihn zu großen Taten an. Daß er neben Kate McTiernans Bett saß, brachte ihn in die richtige Stimmung.
Das war jetzt wichtig. Es galt, Entscheidungen zu treffen. Wie war vorzugehen, was Dr. Wick Sachs anlangte? Mußte mehr Öl in dieses Feuer gegossen werden? Oder wäre das zuviel des Guten und deshalb gefährlich?
Noch eine schwierige Entscheidung mußte bald getroffen werden. Mußten er und Rudolph immer noch das Forschungsdreieck verlassen? Er wollte nicht – es war sein Zuhause -, aber vielleicht mußte es sein. Und was war mit Will Rudolph? In Kalifornien war er eindeutig emotional gestört gewesen. Er hatte Valium, Alcion und Xanax genommen – das wußte Casanova. Früher oder später würde er sie beide auffliegen lassen, nicht wahr? Andererseits war er so unerträglich einsam gewesen, als Rudolph fort gewesen war. Er fühlte sich in zwei Hälften gespalten.
Casanova hörte hinter sich ein Geräusch an der Zimmertür. Er drehte sich um – und lächelte den Mann an.
»Ich wollte eben gehen, Alex«, sagte er und stand auf. »Hier hat sich nichts verändert. Was für eine Affenschande.«
Alex Cross ließ Casanova an sich vorbei und aus der Tür schlüpfen. Er paßte überall ins Bild, dachte Casanova bei sich, als er den Krankenhausflur entlangging. Er würde nie gefaßt werden. Seine Maske war perfekt.
103. Kapitel
In der Bar des Washington Duke Inn stand ein schönes altes Klavier. Ich spielte darauf an einem Morgen zwischen vier und fünf Melodien von Big Joe Turner und Blind Lemon Jefferson. Ich spielte Blues, spielte meine Trauer, meine Trübsal, meine Verdrossenheit, meine Wut. Das Putzpersonal des Hotels war bestimmt beeindruckt.
Ich versuchte, alles zu verknüpfen, was ich wußte. Ich kam immer wieder zu den wesentlichen vier Punkten zurück, die Pfeiler, auf denen ich die Ermittlung aufbauen wollte.
Perfekte Verbrechen, hier und in Kalifornien. Ein Mörder, der Bescheid wußte über Tatorte und polizeiliche Spurensicherung. Zwillingsbildung zwischen den Ungeheuern. Eine Bindung zwischen Männern, wie es sie nie zuvor gegeben hatte. Das verschwundene Haus im Wald. Ein Haus, das tatsächlich verschwunden war! Wie war das möglich? Casanovas Harem aus besonderen Frauen – mehr als nur das, die »Verstoßenen«.
Dr. Wick Sachs war ein Universitätsprofessor mit fragwürdiger Moral und Handlungsweise. Aber war er ein eiskalter Mörder ohne Gewissen? War er die Bestie, die mindestens ein Dutzend junge Frauen irgendwo in der Nähe von Durham und Chapel Hill eingesperrt hatte? War er ein de Sade von heute? Ich war nicht dieser Meinung. Ich glaubte, ich war mir dessen fast sicher, daß die Polizei von Durham den falschen Mann festgenommen hatte und daß der
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