Patterson, James - Alex Cross 02 - Denn Zum Küssen Sind Sie Da
in der schönen Sonate von Bach.
»Bravo! Bravo!« rief Casanova, als sie fertig war. Die Frauen klatschten. Das erlaubte Casanova. Naomi starrte die schönen Gesichter an. Sie spürte den gemeinsamen Schmerz. Sie wünschte sich, mit ihnen reden zu können. Aber wenn er sie zusammenholte, ging es nur darum, seine Macht zu zeigen, seine absolute Macht über sie.
Casanovas Hand rührte sich und faßte Naomi leicht am Arm. Die Hand war heiß, und Naomi fühlte sich, als wäre sie verbrannt worden.
»Du bleibst heute nacht bei mir«, sagte er mit ganz leiser Stimme. »Das war wunderschön, Naomi. Du bist wunderschön, die Schönste hier. Weißt du das, Schätzchen? Natürlich weißt du das.« Tapfer, stark, zuversichtlich, sagte Naomi zu sich. Sie war eine Cross. Sie würde nicht zulassen, daß er ihre Angst sah. Sie würde eine Möglichkeit finden, ihn zu schlagen.
59. Kapitel
Kate und ich arbeiteten in ihrer Wohnung in Chapel Hill. Wir hatten wieder über das verschwundene Haus gesprochen, versuchten immer noch, das verrückte Rätsel zu lösen. Kurz nach acht klingelte es an der Haustür. Kate sah nach, wer es war. Ich sah, wie sie mit jemandem sprach, wußte aber nicht, mit wem. Meine Hand ging zum Revolver, berührte den Griff. Kate ließ den Besucher herein.
Es war Kyle Craig. Sofort fiel mir seine angespannte und finstere Miene auf. Es mußte etwas passiert sein.
»Kyle sagt, er hat etwas, das du dir anschauen solltest«, sagte Kate, als sie den FBI-Mann ins Wohnzimmer führte.
»Ich habe dich aufgespürt, Alex. Es war nicht besonders schwierig«, sagte Kyle. Er setzte sich neben mich auf die Sofalehne. Er sah aus, als müsse er sich setzen.
»Ich habe dem Hotelportier und der Telefonzentrale gesagt, wo ich bis gegen neun zu erreichen bin.«
»Wie gesagt, es war nicht schwierig. Sehen Sie sich nur Alex’ Gesichtsausdruck an, Kate. Jetzt wissen Sie, warum er immer noch Kriminalpolizist ist. Der Beruf hat ihn am Haken, er will alle großen Rätsel lösen, sogar die weniger großen.«
Ich lächelte und schüttelte den Kopf. Kyle hatte zum Teil recht. »Ich liebe meine Arbeit, vor allem, weil sie mir die Gelegenheit bietet, mit so raffinierten und hochgeistigen Typen wie dir zusammenzuarbeiten. Was ist los, Kyle? Sag es mir sofort.«
»Der Gentleman hat Beth Lieberman einen Besuch abgestattet. Sie ist tot. Er hat ihr die Finger abgehackt, Alex. Nachdem er sie umgebracht hatte, hat er ihre Wohnung in West Los Angeles angezündet. Er hat das halbe Gebäude in Brand gesteckt.«
Ich hatte Beth Lieberman nicht gerade liebgewonnen, aber die Nachricht von ihrer Ermordung schockierte und betrübte mich. Ich hatte mich auf Kyles Wort verlassen, sie wisse nichts, was eine Reise nach Los Angeles lohne.
»Vielleicht wußte er, daß er etwas in ihrer Wohnung verbrennen mußte. Vielleicht hatte sie wirklich etwas Wichtiges.«
Kyle warf Kate wieder einen Blick zu. »Sehen Sie, wie gut er ist? Er ist eine Maschine. Sie hatte tatsächlich etwas Belastendes«, erklärte er uns beiden. »Sie hatte es aber in ihrem Computer bei der Times. Deshalb haben wir es jetzt.«
Kyle reichte mir ein langes, zusammengerolltes Fax. Er deutete auf ein paar Zeilen ganz unten. Das Fax kam aus dem FBI-Büro in Los Angeles.
Ich warf einen Blick auf das Blatt und las die unterstrichenen Sätze am Ende.
Möglicherweise Casanova! Sehr wahrscheinlich der Verdächtige.
Dr. William Rudolph. Widerling oberster Güte.
Wohnung: Beverly Comstock. Arbeitsstelle: Cedars – Sinai Medical Center.
Los Angeles.
»Endlich haben wir den Durchbruch geschafft. Wenigstens haben wir eine erstklassige Spur«, sagte Kyle. »Der Gentleman könnte dieser Arzt sein. Der Widerling, wie Beth Lieberman ihn genannt hat.«
Kate sah mich an, dann Kyle. Sie hatte uns beiden gesagt, daß Casanova möglicherweise ein Arzt war. »Steht sonst noch was in Liebermans Notizen?« fragte ich Kyle.
»Nichts, was wir bis jetzt herausgefunden hätten«, sagte Kyle. »Leider können wir Miss Lieberman nicht nach Dr. William Rudolph fragen oder danach, warum sie diese Notiz in ihren Computer eingegeben hat. Ich möchte dir von zwei neuen Theorien erzählen, die bei unseren Psychologen an der Westküste die Runde machen«, fuhr Kyle fort. »Bist du ein paar unerhörten Geistesflügen gewachsen, mein Freund? Profilspekulationen?«
»Durchaus. Hören wir uns die neuesten und großartigsten Theorien von FBI-West an.«
»Die erste Theorie lautet, daß er die Tagebucheinträge an
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