Patterson, James - Alex Cross 02 - Denn Zum Küssen Sind Sie Da
beteiligt worden war.
»Tut mir leid. Ich will mich nicht benehmen wie ein knallharter Kriminalpolizist, wie ein Mistkerl, der alles im Griff behalten will«, sagte ich schließlich. »Laß uns nicht darüber streiten.«
»Du bist auf Distanz gegangen. Wie auch immer, ich verzeihe dir. Ich nehme an, wir sollten lieber etwas schlafen. Morgen ist auch noch ein Tag. Vielleicht ein großer Tag?«
»Ja, morgen könnte ein großer Tag sein. Es tut mir wirklich leid, Kate.«
»Das weiß ich.« Endlich lächelte sie. »Ich habe dir wirklich verziehen. Träum was Schönes. Morgen nageln wir Beavis fest. Dann kriegen wir Butt-Head.«
Schließlich ging ich in mein Zimmer. Ich fiel aufs Bett und dachte eine Weile an Kyle Craig. Er hatte meinen unorthodoxen Stil aus einem bestimmten Grund an seine Kollegen verkaufen können: Es hatte schon einmal damit geklappt. Der Skalp eines Ungeheuers baumelte schon an meinem Gürtel. Ich hatte mich nicht an die Regeln gehalten, um den Skalp zu bekommen. Kyle verstand etwas von Ergebnissen und respektierte sie. Im allgemeinen galt das auch für das FBI. Auf alle Fälle hielten sie sich hier in Los Angeles nur an die eigenen Regeln.
Mein letzter, halb bewußter Gedanke galt Kate in den Khakishorts. Atemberaubend. Mir ging der Gedanke durch den Kopf, sie komme vielleicht den Flur entlang und klopfe an meine Tür. Schließlich waren wir in Hollywood. Spielte es sich im Kino nicht so ab?
Aber Kate klopfte nicht an meiner Hotelzimmertür. Soviel zu den Phantasien von Clint Eastwood und Rene Russo.
63. Kapitel
Es würde ein großer Tag in der Traumfabrik werden. In Beverly Hills spielte sich die größte aller Menschenjagden ab. Genau wie an dem Tag, als sie hier endlich den Würger Richard Ramirez gefaßt hatten. Heute kriegen wir Beavis.
Es war kurz nach acht Uhr morgens. Kate und ich saßen in einem polarblauen Taurus, der ein paar Straßen vom medizinischen Zentrum Cedars-Sinai in Los Angeles entfernt parkte. In der Luft lag ein elektrisches Surren, als hinge die Stadt an einem einzigen, riesigen Generator. Mir ging eine Variante eines alten Spruchs durch den Kopf: Die Hölle ist eine Stadt, die viel Ähnlichkeit mit Los Angeles hat.
Ich war nervös und angespannt; mein Körper fühlte sich taub an, mir war schlecht im Magen. Ausgebrannt. Nicht genug Schlaf. Zuviel Streß über eine zu lange Zeitspanne. Auf der Jagd nach Ungeheuern von einem schimmernden Meer zum anderen. »Der Mann, der aus dem BMW steigt, ist Dr. Will Rudolph«, sagte ich zu Kate. Ich war so überdreht, daß ich das Gefühl hatte, kräftige Hände zerquetschten mich.
»Sieht gut aus«, murmelte Kate. »Außerdem wirklich selbstsicher. Wie er sich bewegt. Doktor Rudolph.« Kate sagte kein weiteres Wort mehr, während sie Rudolph aufmerksam beobachtete. War er der Gentleman? War er außerdem Casanova? Oder wurden wir aus einem krankhaften, psychopathischen Grund hereingelegt, den ich noch nicht verstand? Die Morgentemperatur betrug etwa fünfzehn Grad. Die Luft war frisch wie im Herbst im Nordosten. Kate trug einen alten Jogginganzug aus dem College, Laufschuhe und eine Sonnenbrille aus einem Billigkaufhaus. Das lange braune Haar war zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden. Eine vernünftige Aufmachung für eine Überwachung.
»Alex, hat das FBI ihn jetzt umzingelt?« fragte sie mich, ohne das Fernglas abzusetzen. »Sind die jetzt hier? Es ist ausgeschlossen, daß dieses Ekelpaket entkommt?«
Ich nickte. »Falls er irgend etwas tut, irgend etwas, woraus wir schließen, daß er der Gentleman ist, packen sie ihn. Sie wollen sich mit seiner Festnahme schmücken.«
Aber das FBI ließ mir außerdem alle Freiheiten, die ich brauchte. Kyle Craig hatte sein Versprechen gehalten. Jedenfalls bis jetzt. Kate und ich beobachteten, wie Dr. Will Rudolph aus dem BMW-Coupe schlüpfte, das er auf einem Privatparkplatz auf der Westseite des Krankenhauses abgestellt hatte. Er trug einen anthrazitgrauen Anzug im europäischen Stil. Er war gut geschnitten und sah teuer aus. Vermutlich hatte er soviel gekostet wie mein Haus in D. C. Sein braunes Haar war zu einem modischen Pferdeschwanz zurückgebunden. Er hatte eine Sonnenbrille in einem runden Schildpattgestell auf.
Ein Arzt an einem exklusiven Krankenhaus in Beverly Hills. Selbstgefällig wie der Teufel. Der Gentleman, der dieser Stadt so einheizte?
Ich sehnte mich danach, über den Parkplatz zu laufen und ihn anzufallen, ihn hier zur Strecke zu bringen. Ich knirschte mit den
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