Patterson, James - Alex Cross 02 - Denn Zum Küssen Sind Sie Da
Hornbrille. Er wirkte sehr gut gebaut.
Er war gegen sieben auf die Veranda gekommen und hatte die Lokalzeitung von Durham geholt. Die Schlagzeile lautete: Suche nach Casanova wird verstärkt. Die Redakteure konnten nicht ahnen, wie zutreffend das war.
Sachs warf einen Blick auf die Titelseite, dann faltete er die Zeitung lässig unter dem Arm. Heute stand für ihn nichts Interessantes darin. Wieder ein ganz normaler Tag im Büro des Serienmörders.
Kurz vor acht kam er mit seinen Kindern im Schlepptau heraus. Für die Kinder hatte er ein dickes, zähnebleckendes Lächeln aufgesetzt. Der gute Vater brachte sie zur Schule. Seine Kleinen waren gekleidet, als gehörten sie ins Schaufenster von Gap For Kids oder Esprit. Sie sahen wie bezaubernde Puppen aus. Das FBI würde Sachs und den Kindern zur Schule folgen.
»Ist das nicht ein bißchen unüblich, Alex? Zwei Überwachungen so kurz hintereinander?« fragte mich Kate. Sie hatte einen analytischen Verstand und beschäftigte sich ständig mit allen Einzelheiten. Sie war von dem Fall so besessen wie ich. An jenem Morgen war sie wie üblich schäbig angezogen. Abgewetzte Jeans, ein marineblaues T-Shirt, Turnschuhe. Ihre Schönheit strahlte trotzdem hindurch. Sie konnte sie nicht verstecken.
»Ermittlungen gegen Wiederholungsmörder verlaufen fast immer unüblich. Dieser Fall ist seltsamer als die meisten«, räumte ich ein.
Ich sprach wieder über das Zwillingsphänomen. Zwei übel verkorkste Männer ohne jemanden zum Reden, zum Austauschen. Ohne jemanden, der verstand, bis sie sich kennenlernten. Danach eine starke Verbindung zwischen den beiden Mördern. Kate war ein Zwilling, aber sie hatte eine gutartige Form der Zwillingsbeziehung erlebt. Bei Casanova und dem Gentleman sah das ganz anders aus.
Wick Sachs kam sofort zurück, nachdem er die Kinder zur Schule gebracht hatte. Wir hörten ihn fröhlich pfeifen, als er zu seinem perfekten Haus schlenderte. Kate und ich hatten über die Tatsache gesprochen, daß er zwar Doktor, aber kein Arzt war, sondern Doktor der Philosophie.
In den nächsten Stunden passierte nicht viel. Sachs ließ sich nicht blicken, ebensowenig seine Frau, die bezaubernde Mrs. Casanova.
Wick Sachs verließ das Haus auf dem Hügel um elf wieder. Er schwänzte heute seine Seminare. Nach dem Plan, den ich von Dekan Lowell bekommen hatte, war er schon bei der Tutorstunde um zehn nicht aufgetaucht. Warum? Was für ein gerissenes Spiel trieb er jetzt?
In der runden Einfahrt standen zwei Autos. Er entschied sich für das burgunderrote, ein Jaguar-Kabrio XJS mit hellbraunem Verdeck und einem Zwölfzylindermotor. Das zweite Auto war eine schwarze Mercedeslimousine. Nicht übel für ein Professorengehalt. Jetzt brach er auf, machte die Straßen unsicher. Wollte er seine Frauen besuchen?
82. Kapitel
Wir folgten Wick Sachs’ sportlichem Jaguar die Old Chapel Hill Road entlang. Wir fuhren langsam durch Hope Valley, kamen an eindrucksvollen Häusern vorbei, die in den zwanziger und dreißiger Jahren gebaut worden waren. Sachs schien es nicht eilig zu haben.
Bis jetzt war es sein Spiel. Wir kannten die Regeln nicht, wußten nicht einmal, was für ein Spiel es war.
Casanova.
Die Bestie des Südostens.
Kyle Craig arbeitete noch an einer Überprüfung von Sachs durch das Finanzamt. Kyle hatte außerdem ein halbes Dutzend Agenten darauf angesetzt, alle Leerstellen auszufüllen, was Sachs’ und Rudolphs Vergangenheit anlangte. Die beiden waren an der Duke University eindeutig Kommilitonen gewesen. Summa-cum-laude Studenten. Sie hatten sich gekannt, waren aber keine engen Studienfreunde gewesen, jedenfalls hatte es nicht so gewirkt. Kyle hatte damals auch an der Duke University studiert. Auch ein Summa-cum-laude-Student.
Wann war es zur Zwillingsbildung gekommen? Wie hatte sich das starke, abartige Band entwickelt? Irgend etwas an Rudolph und Sachs ergab für mich noch keinen Sinn.
»Was ist, wenn er den XJS auf Touren bringt?« fragte Kate, während wir dem Ungeheuer zu dem folgten, wovon wir uns erhofften, es sei sein Bau im Wald, sein Harem, sein »verschwundenes Haus«. Wir folgten Sachs in meinem alten Porsche.
»Ich bezweifle, daß er viel Aufmerksamkeit auf sich lenken möchte«, sagte ich zu ihr. Andererseits sprachen der XJS und der Mercedes gegen meine Theorie. »Außerdem ist ein Jaguar nicht gerade eine Zerreißprobe für einen Porsche.«
»Auch nicht für einen Porsche aus einem anderen Jahrhundert?« fragte Kate.
»Hört«, antwortete
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