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Patterson, James - Alex Cross 04 - Wenn Die Mäuse Katzen Jagen

Titel: Patterson, James - Alex Cross 04 - Wenn Die Mäuse Katzen Jagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
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liberal.
    Rückwärts gehe ich durch die schmale, lange Wohnung, schaue mich überall nach Isabella um. Die Wohnung ist wie ein Eisenbahnwaggon geschnitten, von einem schmalen Gang mit einem einzigen Fenster mit Blick auf die Inman Street gehen kleine Zimmer ab. Im Flur stehen Teile unserer gebraucht gekauften Taucherausrüstung, wir hatten eine Reise nach Kalifornien geplant. Zwei Druckluftflaschen, Bleigürtel, Taucheranzüge und zwei Paar Gummiflossen liegen unter anderem im Flur herum. Ich ergreife für alle Fälle eine Harpune. Für welchen Fall? Ich habe keine Ahnung. Wie sollte ich etwas ahnen? Ich werde immer verzweifelter, bekomme Angst. »Isabella!« rufe ich, so laut ich kann. »Isabella? Wo bist du?«
    Dann bleibe ich stehen, die ganze Welt scheint stillzustehen. Ich lasse die Harpune los, lasse sie fallen, und sie prallt scheppernd auf den kahlen Hartholzboden.
    Was ich in unserem Schlafzimmer sehe, wird mich mein ganzes Leben lang nicht mehr loslassen. Ich habe jedes ekelhafte Detail immer wieder vor Augen, kann es riechen, sogar schmecken. Wahrscheinlich war das der Zeitpunkt, an dem sich mein sechster Sinn herausgebildet hat, das seltsame Gefühl, das jetzt so untrennbar zu meinem Leben gehört.
    »O Gott! Gott im Himmel, nein!«
    Ich schreie so laut, daß es das Paar, das über uns wohnt, hören kann. Ich weiß noch, daß ich gedacht habe, das ist nicht Isabella , diese Worte, die die totale Ungläubigkeit widerspiegeln. Vielleicht habe ich sie sogar ausgesprochen. Nicht Isabella. Das kann nicht Isabella sein.
    Und doch – ich erkenne das kastanienbraune Haar, das ich so gern streichle; die Schmollippen, die mich zum Lächeln, zum Lachen bringen können und manchmal dazu, daß ich in Dekkung gehe; eine fächerförmige Perlmutthaarspange, die Isabella zu besonderen Anlässen trägt.
    Mein ganzes Leben hat sich mit einem Herzschlag oder vielmehr mit einem kurzen Aussetzen des Herzschlags verändert. Ich suche bei Isabella nach Anzeichen von Atmung, nach irgendwelchen Lebenszeichen. Ich kann weder an der Oberschenkel- noch an der Halsschlagader einen Puls fühlen. Überhaupt nichts. Nicht Isabella. Das darf nicht wahr sein.
    Die Zyanose, eine bläuliche Verfärbung der Lippen, des Nagelbetts und der Haut, setzt bereits ein. Unter ihrem Körper hat sich eine große Blutlache gebildet, und der Darm und die Blase haben nachgegeben, aber ich achte nicht auf die Körperausscheidungen. Unter diesen Umständen sind sie absolut belanglos.
    Isabellas schöne Haut wirkt wächsern, fast durchsichtig, so als wäre es gar nicht ihre wirkliche Haut. Ihre hellgrünen Augen haben schon den Glanz verloren und sind stumpf geworden. Sie können mich nicht mehr sehen. Ich begreife, daß sie mich nie wieder anschauen werden.
    Irgendwann trifft die Polizei von Cambridge in der Wohnung ein. Die Polizisten laufen überall herum und sehen fast ebenso schockiert aus wie ich. Meine Nachbarn sind da und versuchen, mich zu trösten, mich zu beruhigen, dabei haben sie große Mühe, nicht selbst zusammenzubrechen.
    Isabella ist fort, und wir haben uns nicht einmal voneinander verabschieden können. Sie ist tot, aber ich kann das nicht glauben. Ein alter Liedtext von James Taylor geht mir durch den Kopf.
    »But I always thought that I’d see you one more time again.«
    Das Lied heißt »Fire and Rain« und war unser Lied. Das ist es noch immer.
    Ein schreckliches Monster war in Cambridge auf freiem Fuß, es hatte weniger als ein Dutzend Blocks von der Harvard University entfernt zugeschlagen. Kurz darauf sollte er einen Namen bekommen: Mr. Smith, eine literarische Anspielung, die nur in einer Universitätsstadt wie Cambridge möglich ist.
    Das Schlimmste, das Übelste von allem, das, was ich niemals vergessen oder verzeihen werde, war: Mr. Smith hatte Isabellas Herz herausgeschnitten.
    Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, denn das Flugzeug landete auf dem Flughafen Charles de Gaulle. Ich war in Paris.
    Genau wie Smith.
93.
    Ich checkte im Hotel de la Seine ein und rief von meinem Zimmer aus das St. Anthony’s Hospital in Washington an. Alex Cross befand sich immer noch in einem kritischen Zustand. Ich vermied es, mich mit der französischen Polizei oder dem Krisenstab zu treffen, denn die einheimische Polizei ist selten eine große Hilfe. Ich arbeite lieber allein, und das tat ich dann auch in Paris einen halben Tag lang.
    Mittlerweile hatte Mr. Smith Kontakt mit der Sûreté aufgenommen. Es war immer das gleiche Vorgehen, ein

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