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Patty Janes Frisörsalon

Patty Janes Frisörsalon

Titel: Patty Janes Frisörsalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorna Landvik
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eine Kneipe mit dem Namen Come Right Inn geworden war.
    Das werd ich tun, dachte sie, und blickte nach links und rechts, ehe sie die Straße überquerte.
    Beim zweiten Bier waren die ganze Panik und ein Teil ihres Gleichgewichtsgefühls dahin. Ihr Vater hatte nach dem ersten kräftigen Zug immer gesagt: »Ah, das tut gut«, und jetzt wußte sie, was er gemeint hatte. Es tat gut, weil es bewirkte, daß alles gleich viel freundlicher aussah, und sie kicherte über diese Entdeckung.
    Nicht viele Leute waren der Einladung der Come-Right-Inn -Bar gefolgt. Hinten waren nur zwei Nischen besetzt, und am langen Tresen war Harriet die einzige.
    Â»Ich hab Sie hier noch nie gesehen«, bemerkte der Barkeeper.
    Â»Ich heiße Harriet«, sagte sie und bot ihm die Hand. »Ich war noch nie allein in einer Bar.«
    Der Barkeeper, dessen Koteletten die Form des Staates Florida hatten, wischte sich eine Hand an seiner schmutzigen weißen Schürze ab, ehe er sie Harriet reichte. »Ich bin Augie. Mir gehört der Laden.«
    Â»Nicht schlecht«, meinte Harriet.
    Augie gab ihr Feuer. »Noch eins?« fragte er und hielt ihr leeres Glas hoch.
    Â»Sie sind der Boß«, erwiderte Harriet und beugte sich vor wie ein Kind in der Milchbar, um ihm beim Zapfen zuzusehen.
    Die schwere Tür der Kneipe öffnete sich, und ein Mann und eine Frau, beide klein und dunkelhäutig, traten ein. Der Mann setzte sich an einen Tisch, und die Frau kam zum Tresen.
    Â»Zwei, Augie«, sagte sie und hob grüßend eine Hand, die so glatt und rund war wie die eines Kindes. »Na so was! Hallo, Miss Dobbin.«
    Harriet drehte ihren Kopf, der ihr lockerer als sonst auf ihrem Hals zu sitzen schien.
    Â»Ach, hallo!« Sie hoffte, ihr Enthusiasmus würde verbergen, daß sie keine Ahnung hatte, mit wem sie es zu tun hatte.
    Die ältere Frau lächelte, und da war das Geheimnis gelüftet; dieses Lächeln mit blitzend weißen Zähnen war das gleiche wie das ihres Sohnes, Clyde Chuka.
    Â»Mrs. Chuka, wie geht es Ihnen?«
    Â»So gut wie Ihnen, wenn ich zwei davon gehabt hab.« Sie nahm die grünen Flaschen, die Augie ihr reichte. »Kommen Sie, setzen Sie sich zu uns.«
    Harriet hielt sich an der Kante des Tresens fest und rutschte von ihrem Hocker. Sie nahm Handtasche und Zigaretten. »Bezahle ich gleich?«
    Â»War das alles?« fragte der Wirt.
    Harriet warf einen Blick auf ihr halbleeres Glas. »Nein, ich glaube nicht.«
    Als Augie sich ihr zuneigte, konnte sie die blaßroten Härchen sehen, die ihm aus der Nase wuchsen. »Na schön«, sagte er, »dann schreib ich’s einfach auf die Rechnung, okay?«
    Merry Chuka hatte einmal bei Clyde Chukas Kurs über Indianerforschung ein Gastspiel gegeben. Sie hatte mehrere Kleidungsstücke mitgebracht, die sie von ihrer Urgroßmutter geerbt hatte. Die Frauen, die sich am Dienstagabend im Eßzimmer versammelt hatten, hatten mit Ohs und Ahs die handwerkliche Kunst eines Tabaksbeutels und eines Mokassinpaars bewundert, die ganz mit Sehnen genäht waren und über und über mit Perlenstickereien bedeckt waren, die Büffel, Adlerfedern und in die vier Himmelsrichtungen weisende Pfeile darstellten. Merry hatte ihrem Sohn dauernd hilfesuchende Blicke zugeworfen. Clyde hatte ihr wochenlang damit in den Ohren gelegen, in diesen »Frisörsalon höherer Bildung« zu kommen.
    Â»Was interessiert denn einen Haufen weißer Frauen ein Paar alte Indianerschuhe?« hatte sie ihn gefragt.
    Harriet war wie gebannt gewesen, als sie das butterweiche Leder des Tabaksbeutels zwischen ihren Fingern gefühlt hatte. Sie hatte ihn an ihr Gesicht gedrückt, um noch einen Hauch vom Geruch der alten Tierhaut und der Hände, die sie bearbeitet hatten, aufzufangen.
    Â»Mein Freund Melvin«, sagte Merry, als Harriet sich neben sie in die Nische setzte.
    Melvin lächelte mit zahnlosem Mund. Die tiefen Furchen, die von seinen Mundwinkeln ausgingen, hoben seine runden, von Pockennarben durchsetzten Wangen.
    Â»Miss Dobbin arbeitet mit Clyde zusammen in diesem Frisörsalon.«
    Â»Hm«, machte Melvin immer noch lächelnd.
    Â»Nennen Sie mich Harriet«, sagte sie.
    Â»Und ich bin Merry«, sagte Clyde Chukas Mutter. »Wie in Merry Christmas.« Merry und Melvin tranken zügig, und Harriet hatte den Eindruck, daß Melvin, kaum daß er die eine Runde abgeholt hatte, schon wieder am Tresen stand, um die

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