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Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Titel: Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Summer of Love. «
    Er schüttelte den Kopf.
    »Das solltest du aber tun. Es ist großartig geschrieben, sehr atmosphärisch, man ist mittendrin, damals. 1968. Da war ich noch nicht einmal angedacht.« Hannah holte den gewaltigen Beutel unter dem Stuhl hervor, den sie wahrscheinlich ihre Handtasche nannte, kramte darin herum, förderte unter seinem staunenden Blick eine Frauenzeitschrift, zwei Äpfel, eine Tube Handcreme und eine Haarbürste hervor – und schließlich auch ein Buch, ohne Schutzumschlag, das gründlich durchgearbeitet aussah.
    »Hinterher verstehst du, worum es den jungen Menschen ging. Um Liebe, Schönheit, Freiheit. Ganz einfach. Außerdem ist die Figur der Sascha einfach toll.«
    Und das sagte Hannah, obwohl die Sascha von Hedi Baumeister gespielt wurde? Hannahs Figur hieß Angela, genannt Angel. Zwei Blumenmädchen mit tragischem Schicksal, soweit er die Geschichte kannte, wobei Drogenexzesse wohl unter die von Hannah so gerühmte Freiheit fielen.
    »Der Fall ist vielleicht nicht direkt was für Männer, die mögen ja keine Liebesgeschichten.« Sie schob ihm das Buch über den Tisch. »Aber wenn du wissen willst, wie das alles damals war …«
    Sie sah ihm in die Augen, während sich ihre Hände berührten.
    »Man kann sich das heute gar nicht mehr vorstellen. Dieser Haß. Nur weil junge Leute anders sind, frei sein wollen.«
    Irgendein Gedanke formte sich in seinem Hirn, aber Hannahs Augen verwirrten ihn. Und dann klatschte Martin Vogelsang in die Hände und bat um Ruhe.

8
    Als Sophie Winter die Augen öffnete, sah sie einen Mann vor dem Couchtisch knien, einen Mann in Parka und verknitterten Jeans, der eine Art Formular vor sich liegen hatte, in das er etwas eintrug. Er war nicht mehr ganz jung, trug die Haare schulterlang und war erstaunlich dünn. Sophie tastete neben sich. Sie lag auf dem Sofa in ihrem Haus, unten, im Kaminzimmer.
    »Siehe da! Die Erde hat sie wieder! Sie öffnet die Augen!« Woher wußte er das? Der Mann hatte nicht aufgesehen. Aber jetzt drehte er sich um und hielt ihr die Hand hin.
    »Simon Kahlebach«, sagte er. »Außer ein paar Kratzern, einer Platzwunde an der Stirn und einer dicken Lippe sind Sie wie neu. Aber Sie sollten zu Ihrem Hausarzt gehen.«
    »Wer sind Sie?« Sie hörte sich flüstern. Und was war passiert?
    »Der Notarzt, Frau Winter.«
    Der Notarzt. Wieso der Notarzt. Und warum lag sie hier. Und warum war ihr so kalt. Und …
    Und dann kam ein weiterer Mann ins Zimmer, ein Tablett in den Händen. Es roch nach Kaffee. Sie setzte sich vorsichtig auf.
    »Milch und zwei Zucker, bitte«, sagte der Notarzt, dessen Namen sie gleich wieder vergessen hatte. »Für Frau Winter ohne Milch, dafür mit drei Löffeln Zucker. Wir müssen den Kreislauf wieder in Schwung bringen.«
    Zucker? Im Kaffee? Sophie verfolgte die Bewegungen des Mannes mit dem Tablett mit wachsender Unruhe. Aber der Kaffee war heiß. Das tat gut. Sie legte die Hände um den Becher. Er wärmte.
    »Wenn Herr Bremer Sie nicht gefunden hätte …« Der Arzt wiegte den Kopf.
    Herr Bremer. Gefunden. Wo?
    »Die Tanne ist glücklicherweise nicht auf Sie gefallen, der Baum hat Sie lediglich mitgerissen, das war Glück im Unglück«, sagte der Mann, dieser Bremer, der Name sagte ihr nichts. Er hatte das Tablett auf den Couchtisch gestellt und stand mit verschränkten Armen neben dem Sessel, dem mit dem Kelimkissen, auf dem sich die Katze räkelte.
    »Haben Sie eine Ahnung, wie lange Sie da draußen gelegen haben?«
    Die Tanne. Sie hatte den Geruch in der Nase, den Geruch von feuchten Tannenzweigen. Sie spürte die kleinen weichen Nadeln auf ihrer Haut. Es war dunkel gewesen. Und kalt. Und da war noch etwas gewesen. Ein Tier? Sie hatte die Zweige knacken und irgend etwas atmen gehört. »Ich – weiß es nicht.«
    Der Mann sah sie aufmerksam an. Er sah gut aus. Klein. Drahtig. Wach. Er war zu jung für seine weißen Haare.
    »Ich hätte wahrscheinlich nicht nach Ihnen gesucht, wenn die Scheibe des Fensters neben der Haustür nicht zerbrochen wäre.« Eine angenehme Stimme. Sophie lauschte ihr hinterher. Die Stimme zögerte. »Wahrscheinlich ein Sturmschaden. Merkwürdig ist nur … die Glassplitter liegen außen, nicht innen.«
    Das Haus. Es wehrt sich. Es schlägt um sich. Es platzt vor Wut. Sie nahm einen Schluck Kaffee und hätte ihn fast wieder ausgespuckt. Das Zeug war viel zu süß.
    »Sie hatten nichts an den Füßen. Und dann allein da hinausgehen – bei diesem Wetter …« Er schüttelte den

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