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Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille

Titel: Paul Bremer - 07 - Schrei nach Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Drehbuch nahm, herrschte damals der Geist von Abu Ghraib. Aber ihm war das mittlerweile egal. Wie sagte Klara immer: »Wenn die Bullen in den Fernsehkrimis so gut wären wie wir, wäre die Geschichte nach zehn Minuten vorbei, Jo, und wo wäre da der Unterhaltungseffekt?«
    »Ist alles schon vorbereitet, Martin. Keine Sorge. Das wichtigste bei der Szene sind Ihre Schauspieler.«
    Vogelsang schenkte ihm einen Blick wie ein zweifelnder Riesenschnauzer, murmelte »Großartig!«, klopfte ihm männlichherb auf die Schulter und entließ ihn in die Frühlingssonne.
    Als DeLange noch rauchte, hatte er oft vor dem Hintereingang zum alten Präsidium gestanden und mit den ebenfalls abhängigen Kollegen konspiriert. Schon deshalb war er ein Fan des Rauchverbots – es beförderte interessante Intrigen. Und es sorgte dafür, daß es selbst im Winter gemütliche Plätzchen zum Draußensitzen gab. Er mochte das. Er rauchte zwar schon lange nicht mehr, aber er brauchte Luft.
    Der Hof war zugeparkt. Die weißblauen Wagen des Hessischen Rundfunks standen überall. Dazwischen zwei Wohnwagen für die Schauspieler. Alle anderen parkten in der zweiten Reihe, blockierten die Autos auf den fest vermieteten Plätzen und hofften offenbar, daß niemand kam oder ging.
    Er hörte die Stimmen, noch bevor er um die Ecke bog.
    »Ei, was glauben Sie dann, wer Sie sind?« Breitestes Frankfurterisch. Weiblich. Wütend. Im besten Alter. Jeans, weiter Pullover, rote Haare, hochgesteckt, wahrscheinlich gefärbt.
    »Des geht jetzt schon seit Tagen so. Sie können doch hier nicht alles zuparken! Wo leben wir denn!«
    Stiefel mit mittelhohem Absatz. Ohrhänger. Die Hände in die Seiten gestemmt.
    »Und die Polizei steht hier rum und dreht Däumchen!«
    DeLange grinste in sich hinein, als er die verlegenen Gesichter seiner Leute sah. Die Jungs konnten ja nicht gut »Wir sind eigentlich gar nicht hier« sagen. Und eigentlich sind wir auch nicht die Polizei. Jedenfalls nicht im Moment. Morgen wieder.
    Die vier Männer in Blousons und mit Pferdeschwänzen, die neben den zwei mächtigen Bussen mit der Technik standen, taten so, als ob sie das alles nichts anginge, und luden Lampen und Stative aus. In einem der Wohnwagen bewegte sich etwas.
    »Liebe Frau …« Der Schauspieler, der im Film den Kriminalhauptkommissar Jensen gab, hatte seinen Hut aufgesetzt und machte auf echter Bulle.
    »Des könnese sich sonstwo hintun, Ihre liebe Frau! Ich will an mein Auto!«
    »Verzeihen Sie, aber wir hatten doch alle informiert …«
    »Worüber? Meinen Sie, Sie hätten ein Recht auf Freiheitsberaubung?«
    Jensen lief puterrot an. DeLange verzog keinen Gesichtsmuskel, als seine Jungs hilflos zu ihm herüberschielten. Ordnungskräften fiel es auch außerhalb der Dienstzeit schwer, sich aus Streitereien herauszuhalten. Die Filmcrew in den Blousons hatte den Rückzug angetreten. Und Martin Vogelsang ließ sich nicht blicken. Keiner war zuständig. In diesem Moment ging die Tür des größeren der Wohnwagen auf. Hannah Lohberg schwebte heraus, in einem dicken Lammfellmantel über ihrem Flowerpower-Pop-art-Kleid.
    Die Lohberg bewegte sich zielstrebig auf die protestierende Frau zu, legte ihr die feinen Finger auf den Unterarm und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Die Frankfurter Furie war schlagartig still. Erst ungläubiges Staunen, dann so etwas wie ein Lächeln und schließlich schallendes Gelächter.
    »Ihr seid doch nicht ganz echt«, sagte die Frau. Die Lohberg schüttelte den Kopf. »Ihre Adresse«, sagte sie. »Sie kriegen eine Einladung zum Preview. Sie kommen doch, oder? Mir zuliebe!«
    Die andere kramte in ihrer Handtasche, holte ein Kärtchen hervor, das Hannah huldvoll entgegennahm, breitete die Arme aus – Kapitulation! –, lächelte und ging.
    DeLange hätte Hannah am liebsten geküßt. Aber Mareike stürzte schon wieder auf sie zu, musterte kritisch ihr Gesicht und fuhr ihr mit der Puderquaste über Stirn und Nase. DeLange sah fasziniert hin. Und dann blickte sie auf. Sie lächelte. Sie schwebte auf ihn zu. Sie strahlte ihn an. Eine göttliche Erscheinung.
    Starr doch nicht so, DeLange, dachte er.
    Sie lächelte und lächelte, und endlich lächelte DeLange zurück. Doch sie ging an ihm vorbei. Langsam drehte er sich um. Hannah umhalste einen großen, überschlanken Mann mit glattrasiertem Kopf. Küßchen links, Küßchen rechts. Hinter den beiden ein Mann mit Mütze, die Fototasche über der Schulter.
    Das mußte der angekündigte Besuch sein. Und Hannah …
    DeLange

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