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Paul Flemming 01 - Dürers Mätresse

Titel: Paul Flemming 01 - Dürers Mätresse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinssen
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echt fränkisch ist.«
    Paul schmunzelte über die Phantasie seines Bekannten. Er konnte es kaum ablehnen, sich vom Meister auf eine kleine Zwischenmahlzeit einladen zu lassen. Bei einem gemischten Vorspeisenteller, der für eine ganze Familie gereicht hätte, und einem Achtel vom Hauswein sah er seinem Nachbarn nun schon wieder guter Dinge bei der Küchenarbeit zu. »Vortrefflich«, murmelte er kauend, und seine Gedanken blieben rosig und unbeschwert, bis sich Jan-Patrick die Hände an der Schürze abwischte und stirnrunzelnd ein abgegriffenes DIN-A4-Ringbuch unter dem Tresen hervorzog.
    »Dieser Auftrag«, murmelte er, »am liebsten würde ich ihn absagen.«
    »Belieferst du wieder eine Party?«, fragte Paul unbedarft.
    »Nein«, Jan-Patrick fuhr sich mit dem Finger um die große Nase. Er stützte sich auf den Tresen und studierte die Zeilen in seinem Auftragsbuch, die ihm ganz offensichtlich Kopfzerbrechen bereiteten. »Nein, keine von diesen harmlosen Partys«, wiederholte er.
    Paul schmatzte lautstark beim Genuss hausgemachter Kürbisgnocchi in Salbeibutter. »Was bedrückt dich, oh Zauberer der wunderbaren Küchenkünste?«, der Wein, ein kräftiger Vertreter seiner Gattung, hatte ihn beschwipst.
    »Ich beliefere das Einweihungsfest vom Dürerhaus.«
    »Oh«, Paul war plötzlich wieder nüchtern.
    »Ja: Oh. Das ist der passende Kommentar.«
    »Wird das Fest nicht verschoben? Erst der Tod des Handwerkers – und dann ist auch noch der Gastgeber selbst, ähm, verschieden.«
    »Wer ein Fünkchen Pietät besitzt, würde genauso denken«, sagte der Koch verdrießlich.
    »Aber?«, Paul legte eine Gabel mit Gnocchi zurück aufs Porzellan.
    »In einem halben Jahr ist Kommunalwahl. Das Dürerhaus ist ein Aushängeschild, mit dem sich die Stadtspitze schmücken will. Da darf es keine Verzögerungen geben. So einfach ist das.«
    Paul sinnierte einige Augenblicke vor sich hin, während sich Jan-Patrick wieder seiner Arbeit zuwandte. »Was willst du den hohen Herren auffahren?«
    »Irgendetwas mit Flusskrebs«, nuschelte Jan-Patrick.
    »Irgendetwas? Eine so profane Auskunft in Bezug auf Nahrungsmittel, die Krönung der Schöpfung, hätte ich von dir nicht erwartet«, Paul war erstaunt.
    »Der alte Dürer war angeblich Flusskrebsfan. Hat die Viecher verschlungen wie Erdnussflips.«
    »Ist ja auch eine Köstlichkeit.«
    Jan-Patrick machte eine wegwerfende Bewegung: »Arme-Leute-Essen.«
    »Bitte? Flusskrebs ist selten – und total lecker, wenn du ausnahmsweise mal meinen laienhaften Geschmack gelten lässt!«
    »Zu Dürers Zeiten waren unsere Flüsse gestopft voll mit dem Zeug. Die dummen Schalentiere galten als Plage, und das zu Recht.«
    »Verstehe«, sagte Paul lächelnd und wohlwissend, dass eine weitere Diskussion hier sinnlos war. »Weißt du«, kam er zurück auf den Grund der beiderseitigen Beklommenheit, »ich habe Densdorf zwar nicht näher gekannt, aber noch kurz vor seinem Tod für ihn gearbeitet.«
    »So?«
    »Ja, ich habe am Abend seines Todes an einem Auftrag von ihm gearbeitet. Auf dem Christkindlesmarkt. So makaber das klingt, aber er ist sogar selbst auf einem der Filme, die ich verschossen habe.«
    Jan-Patrick legte sein Arbeitsgerät beiseite und reinigte seine Hände. »Ich kann nicht behaupten, dass mir sein Tod nahe geht.« Seine Augen verengten sich, als er sagte: »Es ist zwar unappetitlich, zu einem solchen Zeitpunkt die Wiedereröffnung des Dürerhauses zu feiern. Aber Densdorf weine ich keine Träne nach.«
    Paul fiel die Sache von damals viel zu spät ein, als dass er das Ruder noch herumreißen hätte können. »Tut mir Leid, ich hatte völlig vergessen …«
    Jan-Patrick straffte die Schultern. »Schon gut. Das mit Verena und mir wäre wahrscheinlich so oder so auseinander gegangen.«
    Sie war die Liebe deines Lebens. Und das weißt du genau! Paul verkniff es sich, diese beiden Sätze auszusprechen. Stattdessen schob er den halb geleerten Teller beiseite, rückte den Stuhl zurück und hob zu einer Verabschiedung an: »Die Geschichte liegt fünf Jahre zurück.«
    »Sechs Jahre.«
    »Na, siehst du: umso besser«, er reichte dem Küchenchef die Hand. »Ich muss los.«
    Jan-Patrick blieb wie erstarrt vor seiner Arbeitsplatte stehen.
    »Densdorf hat sie mir ausgespannt.«
    »Ja, aber inzwischen ist längst Gras über …«
    »Er hat es eiskalt in Kauf genommen, dass ich sie dabei erwische.«
    »Jan-Patrick, vergiss die Sache. Sie ist es nicht wert. Nicht nach all den Jahren!«
    »Genau hier haben

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