Paul Flemming 03 - Hausers Bruder
Streithähne. »Könnte mich vielleicht mal jemand darüber aufklären, worum es hier eigentlich geht?«
Katinka funkelte Blohfeld noch einige Momente böse an, dann sagte sie in ihrer professionellen Staatsanwältinnen-Stimme: »Ein Angestellter des Museums ist auf sehr bizarre Weise ums Leben gekommen. Man hat ihn inmitten einer Blutlache im Waffensaal aufgefunden. Er wurde mit einem Schwert aus dem 16. Jahrhundert getötet, und das Ganze ist – wie gesagt – überaus unappetitlich.«
Blohfeld blickte auf die Uhr. »Es ist gerade erst halb sieben. Das Museum schließt um achtzehn Uhr, das heißt, der Mord ist während der Öffnungszeit geschehen. Gibt es Zeugen?«
Katinka schien mit sich zu ringen, ob sie dem Reporter zu diesem frühen Zeitpunkt der Ermittlungen weitere Details preisgeben sollte. »Nein, die Waffenkammer schließt bereits um siebzehn Uhr. Normalerweise wären danach im kompletten Osttrakt die Alarmanlagen aktiviert und die Feuertüren geschlossen worden. Aber der Tote – «, sie kramte nach ihrem Notizblock, »ein gewisser Dr. Helmut Sloboda – hatte in der Sicherheitszentrale darum gebeten, die Alarmanlage heute erst später einzuschalten. Niemand weiß warum.«
»Also kein Publikumsverkehr mehr – das bedeutet, er war allein mit dem Killer«, folgerte Blohfeld und stellte dann die nahe liegende Frage: »Gibt es Kameraaufzeichnungen?«
»Soweit wir bisher wissen nicht. Die Videoüberwachung ist auf die besonders wertvollen Exponate beschränkt.«
»Na dann: Viel Spaß bei der Mörder suche!«, sagte Blohfeld und wandte sich zum Gehen um.
»Eins noch«, sagte Paul zu Katinka, »was für eine Funktion hatte dieser Sloboda im Museum? Wachmann?«
»Ein Wachmann mit Doktortitel? Nein, Sloboda war wissenschaftlicher Mitarbeiter, Heraldiker.«
»Was für ein Allergiker?«, fragte Blohfeld.
»Heraldiker, das heißt Wappenforscher«, belehrte ihn Paul.
»Ja, weiß ich natürlich. Die Frage war auch nicht ernst gemeint«, nuschelte Blohfeld verschnupft und steuerte auf den Ausgang zu.
»Sie gehen in die falsche Richtung«, rief Paul, als er Blohfeld in der Straße der Menschenrechte einholte, »zum Parkhaus müssen wir nach links.«
»Ich dachte, Ihre Lieblingsstaatsanwältin wäre längst in Berlin«, zog Blohfeld Paul auf und ging unbeirrt weiter. »Kann sie den Museumsmord nicht ihrem hoffentlich weniger komplizierten Nachfolger überlassen?«
»Wohin gehen Sie?« Paul musste sich beeilen, um mit Blohfelds Tempo mithalten zu können, und ärgerte sich, dass auch er anscheinend schon von Katinkas Jobwechsel wusste.
Blohfeld öffnete die Tür des alten Hauptportals vom historischen Teil des Museums, der heute – soweit Paul wusste – nur noch als Personaleingang genutzt wurde. Sie standen in einer Pförtnerloge, in der es nach kaltem Kaffee und scharfem Reinigungsmittel roch.
»‘n Abend, Schorsch«, grüßte Blohfeld den Pförtner und sagte in schnodderigem Ton, »wir sind wegen eures Toten hier. Der in der Waffenkammer.«
Der Pförtner tippte an den Schirm seiner blauen Kappe. Sein runzliges Gesicht verzog sich zu einem Grinsen: »Victor! Wie geht es dir? Du warst aber schon lange nicht mehr zum Kartein hier.«
»Immer im Stress«, sagte Blohfeld lässig, »lässt du uns rein, Schorsch?«
Der Pförtner stieß den neben ihm sitzenden jungen Kollegen an: »Heinz, du führst die beiden zur Waffenkammer«, befahl er und wandte sich dann noch einmal augenzwinkernd Blohfeld und Paul zu, »aber lasst ja nichts mitgehen.«
Sie passierten einige wirr verlaufende Gänge und gelangten dann in die menschenleeren Ausstellungsräume der Früh – und Vorgeschichte. Heinz legte ein strammes Tempo vor, und so bogen sie nur wenig später in den klösterlichen Kreuzgang ein, in dem die Deckenbeleuchtung ausgeschaltet war. Nur das schwächer werdende Tageslicht, das durch die hohen schmalen Fenster auf die an den Wänden aufgehängten, sandsteinernen Grabdenkmäler fiel, ließ sie ihren Weg finden.
Der Pförtner erwies sich als wortkarger Mann, bis sie im Übergangsbereich zum Osttrakt einem Polizisten begegneten, dem er kurz, knapp und sehr entschieden erklärte, dass er zwei Pressevertreter zum Tatort führe, um dann schnell weiterzugehen.
Das Gleiche wiederholte sich an der gläsernen Flügeltür, die zur Waffenabteilung führte. Ohne Schwierigkeiten ließ man sie durch. Anscheinend hatte Katinka nur die am Haupteingang postierten Aufpasser instruiert, niemanden reinzulassen, reimte sich
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