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Paul Flemming 03 - Hausers Bruder

Titel: Paul Flemming 03 - Hausers Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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und er war gespannt darauf, was der Reporter als nächstes über Hauser aus dem Hut zaubern würde, ohne sich damit zwangsläufig im Kreis zu drehen. Doch zunächst einmal hatte er Wichtigeres zu tun. Paul aß sein zweites, diesmal mit Salami belegtes Brötchen und stand auf.
    Mit seinem violetten, blümchenverzierten Fahrrad war Paul innerhalb weniger Minuten in der schmalen Straße Am Sand angelangt. Dieser Freitag schien ein ausgesprochen trüber Tag zu werden und ließ Paul das schöne Wetter der letzten Tage vermissen. Das Einheitsgrau stimmte ihn pessimistisch. Von der Euphorie darüber, das Geheimnis der Lilien vielleicht schon bald lüften zu können, war wenig übrig geblieben, als er bei Frau Henlein klingelte.
    Paul musste nicht lange warten, bis sich die Wohnungstür öffnete. Wieder trug Frau Henlein ihren Morgenmantel, in ihren Haaren steckten Lockenwickler in ausgeblichenen Pastellfarben.
    »Ich will gar nicht lange drum herumreden«, sagte Paul nach sehr knapp gehaltener Begrüßung. »Ich bin noch einmal wegen Ihres Mannes hier, genauer gesagt, wegen seines Medaillons.«
    Frau Henlein gab den Weg in die beengte Mietwohnung mit mürrischem Gesichtsausdruck frei. »Dann kommen Sie rein. Sie wissen ja mittlerweile, wo das Wohnzimmer ist.«
    Paul machte es sich auf dem Sofa bequem, auf dem er vor ein paar Tagen bereits gesessen hatte, und legte ein Foto auf den Tisch. Es war der Farbabzug einer seiner Aufnahmen, die er in der Sebalduskirche von dem Familienwappen der von Buchenbühls gemacht hatte. Er drehte das Foto so weit herum, dass Frau Henlein es gut sehen konnte.
    »Ja – und?« Sie schob das Bild nach einem kurzen Blick wieder zu Paul zurück und sah ihn fragend an. »Was hat das komische Gemälde mit dem Medaillon meines Mannes zu tun?«
    Paul tippte mit dem Zeigefinger auf das Bild. »Erkennen Sie das Motiv denn nicht wieder?«, fragte er überrascht. »Das ist ein Wappen, von dem ich glaube, dass es eine gewisse Bedeutung in Bezug auf das Medaillon und damit Ihren Mann hat.«
    »Ich kann Ihnen nicht folgen«, sagte Frau Henlein fast schon stur. »Was soll das alles bedeuten?«
    »Erlauben Sie mir eine Gegenfrage«, sagte Paul ruhig, obwohl er innerlich vor Ungeduld brannte. »Ist das Medaillon inzwischen wieder aufgetaucht? Haben Sie sich bei der Polizei danach erkundigt?«
    »Nein.« Frau Henlein schüttelte scheinbar gelangweilt den Kopf. »Ich habe es Ihnen bereits deutlich gesagt: Dieser Kettenanhänger interessiert mich nicht, ich verbinde nur Schlechtes mit ihm. Er kann mir gestohlen bleiben.«
    »Sagen Sie das nicht.« Paul hob beschwörend die Hände: »Versuchen Sie sich daran zu erinnern, was auf dem Medaillon dargestellt war. Es war eine Blume, richtig?«
    Frau Henlein sah ihn mit einem Anflug von Feindseligkeit an. »Können oder wollen Sie nicht begreifen? Ich will damit nichts mehr zu tun haben. Ich habe jetzt weiß Gott andere Sorgen!«
    »O.k., o.k.«, sagte Paul und deutete noch einmal auf das Foto. »Aber dieses Wappen stammt von einer alten Nürnberger Patrizierfamilie. Es ist wenig bekannt, weil es diese Familie schon lange nicht mehr gibt. Doch wenn Sie genau hinsehen, können Sie in der linken Bildhälfte des Schildes eine Lilie erkennen. Kommt Ihnen die Blütendarstellung nicht bekannt vor? Sehen Sie die Ähnlichkeit?«
    Tatsächlich betrachtete Frau Henlein erneut die Fotografie, doch nur, um gleich darauf abermals ihrem Desinteresse freien Lauf zu lassen: »Meinetwegen. Eine gewisse Ähnlichkeit ist wohl vorhanden, aber was soll’s? Mag sein, dass mein Mann seine Kette von dieser Familie geschenkt bekommen hat, als er noch klein war. Na und? Was wissen wir denn dadurch?«
    Paul legte die Stirn in Falten. »Ich glaube, dass wir der Herkunft Ihres verstorbenen Mannes sehr dicht auf der Spur sind. Sehen Sie hier.« Er legte nun ein Foto des Medaillons neben die Wappenaufnahme. »Es ist einwandfrei die gleiche Blüte. Perspektive, Farbgebung – es stimmt einfach jedes Detail überein!« Er machte eine rhetorische Pause, bevor er weitersprach: »Sie müssen wissen, dass Patrizierfamilien an ihre Sprösslinge eine Zeit lang einzelne Fragmente ihrer Wappen als individuelle Insignien vergeben haben. Deshalb könnte es tatsächlich sein, dass Ihr Mann . . .«
    ». . . ein Patrizier war?«, vollendete die Witwe den Satz voller Verblüffung. »Das würde ja heißen, dass er eigentlich reich war.«
    »Na ja«, schränkte Paul ein, »die Familie von Buchenbühl, deren Wappen die

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