Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg
Sie müssen sich schon entscheiden, über wen Sie mit mir sprechen wollen.«
»Bea!«, presste Paul heraus. »Wir wollen über Beate Meinefeld reden.«
»Bea also«, wiederholte Ken mit gespielt naivem Augenaufschlag. »Mein Gott, es ist eine Ewigkeit her, dass ich sie gesehen habe.«
»Sie haben sich mit ihr getroffen«, sagte Paul energisch. »Sie waren der Letzte, der sie lebend gesehen hat.«
»Wohl kaum.« Ken stemmte sich auf den Tresen. Sein ausgeprägter Bizeps zeichnete sich unter den Ärmeln seines Hemds ab. »Soviel ich weiß, wird bereits gegen einen Schmuddelfotografen ermittelt, der sie getötet haben soll. Bea war ja bekannt für ihren Hang zum Billigen.«
Ohne nachzudenken, ließ Paul seine Fäuste nach vorn schnellen. Er packte Ken am Kragen und zog fest an. Als ihre Köpfe keine zehn Zentimeter mehr voneinander entfernt waren, zischte Paul: »Halten Sie mich nicht zum Narren! Ich weiß, wann jemand etwas vor mir verheimlicht.«
Paul registrierte, wie Hannah an seinem Ärmel zog.
Gleichzeitig sagte Ken in alarmierend lässigem Tonfall: »Ich glaube, Sie wissen gar nichts, Herr Flemming.«
»Sie kennen mich?«, fragte Paul irritiert und löste seinen Griff.
Ken rieb sich den Hals, trat einen Schritt zurück und sagte voller Genugtuung: »Ja, ich kenne Sie. Und wenn Sie so weitermachen, wird Sie die ganze Stadt als Mörder kennen.«
»Sie . . .!«, begehrte Paul auf, doch Hannah hielt ihn zurück.
»Sie können mir gar nichts anhaben«, sagte Ken höhnisch grinsend. »Ich an Ihrer Stelle wäre sehr vorsichtig mit dem, was ich in nächster Zeit tue.« Dann nickte er in Richtung einer an der Decke angebrachten Überwachungskamera.
Paul bebte vor Zorn, doch er musste einsehen, dass er ohne Nadines Aussage bei der Polizei kaum etwas erreichen würde. Er war emotional viel zu sehr ergriffen, um kühl und nüchtern zu handeln. Das hatte Ken ausgenutzt und war dadurch im Vorteil, dachte Paul verbittert.
»Gehen wir«, murmelte Hannah, während sie sich bereits umdrehte.
› Wir kommen wieder ‹ , hätte Paul seinem Kontrahenten am liebsten an den Kopf geworfen. Doch er presste seine Lippen fest zusammen.
Denn er hatte ja wirklich nichts gegen diesen Mann in der Hand. Nichts außer den dünnen Aussagen eines verängstigten Mädchens, das bei einer Gegenüberstellung mit großer Wahrscheinlichkeit schwach werden und umfallen würde.
Dann aber wandte er sich zu Hannahs Missfallen doch noch einmal um und ging zurück zum Kassentresen:
»Eins noch«, sagte Paul in drohendem Ton. »Lassen Sie Ihre Finger von Nadine, sonst. . .«
»Sonst was?«, fragte Ken unbeeindruckt.
Doch Paul sah seinen Augen an, dass die Warnung angekommen war.
25
Wortlos fuhr Paul los. Auch Hannah wartete mit ihren Kommentaren, bis sie sich weit genug von der Tankstelle entfernt hatten. Paul ließ den Renault auf den Park-and-Ride-Platz an der Straßenbahnhaltestelle Thon rollen und lehnte sich kraftlos gegen das Steuer.
»Auf die Art kommen wir an Ken nicht heran«, sagte Hannah und musterte Paul strafend.
»Ich habe es vermasselt, ja?«, fragte er aggressiv.
»Ja, das haben Sie, Paul Flemming! Und Sie machen die Sache nicht besser, indem Sie mich angiften.«
»Entschuldige, aber ich bin noch immer stinksauer auf den Typen. Es liegt doch auf der Hand, dass Ken Dreck am Stecken hat.«
»Das mag sein«, sagte Hannah besonnen. »Aber wir wissen nicht, welche Art von Dreck. Um das herauszufinden, müssen wir andere Waffen einsetzen.«
»Unsere Fäuste?«, fragte Paul zweifelnd.
»Hinterlist!«, sagte Hannah triumphierend.
Paul sah sie interessiert an. »Was stellst du dir darunter vor?«, wollte er wissen.
»Wir werden ihm eine hübsche kleine Falle stellen.«
»Eine Falle? Was für eine Falle?«
Hannah sah ihn spitzbübisch an. »Wir wissen nicht viel über Ken. Eines aber mit Sicherheit: Er fliegt auf schöne Frauen. Was wir brauchen, ist also ein geeigneter Lockvogel.«
»Du willst doch nicht ernsthaft eine Sexfalle vorschlagen?« Paul war baff über Hannahs Erfindungsreichtum, wenn es darum ging, Bösewichter zu überführen. Aber eine solche Eigenmächtigkeit an der Polizei vorbei kam für ihn nicht mehr in Frage.
»Nein, nein, Hannah, vergiss es!«, sagte er. »Außerdem: Wen sollten wir denn als Lockvogel ins Rennen schicken?«
»Wenn wir niemanden finden, könnte ich notfalls selbst. . .«, deutete Hannah an.
»Aber er kennt dich doch«, lehnte Paul den Vorschlag ab.
»Ich könnte eine Perücke
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