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Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg

Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg

Titel: Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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unaufgefordert, als sie ihren Laptop zuklappte. »Noch heute Abend!«
    38
    Paul goss sich ein schwarzes Pyraser Hefeweizen ein, während er auf seinem Schlafsofa saß – unfähig, sich dabei wirklich zu entspannen.
    Die Stunden zogen sich wie zäher Teig in die Länge. Zweimal hatte er inzwischen versucht, Jasmin am Handy zu erreichen. Doch beide Male hatte sie ihn einfach weggedrückt.
    Paul nahm einen tiefen Zug aus dem Glas. Das gut gekühlte Bier floss wohltuend durch seine Kehle. Dann sah er auf die Uhr. Es ging auf Mitternacht zu. Was trieb Jasmin bloß so lange? Wollte sie in dieser Nacht das ganze Polizeiarchiv auf den Kopf stellen?
    Paul sinnierte weitgehend ziellos vor sich hin, trank sein Bier Schluck für Schluck aus und beschloss dann, sich hinzulegen. Er selbst konnte heute Nacht ganz bestimmt nichts mehr ausrichten. Und noch mehr Grübeln würde ihn auch nicht weiterbringen.
    Er stellte sein Weizenglas kopfüber ins Spülbecken seiner Küchenzeile und wollte gerade ins Bad gehen, um sich die Zähne zu putzen, als das Telefon klingelte.
    Mit wenigen großen Schritten hatte er den Schreibtisch erreicht und griff sich den Hörer:
    »Ja?«, rief er erwartungsvoll.
    »Paul, sitzt du gut?«, hörte er Jasmins aufgeregt klingende Stimme.
    »Nein«, sagte Paul, »aber das lässt sich ändern.« Er ließ sich auf seinem Schreibtischstuhl nieder. »Also? Hast du etwas entdeckt?«
    »Ja, das heißt: nein.«
    »Was denn nun?«, fragte Paul verwirrt.
    »Nein heißt, dass ich nichts über Lambert Wormsers Vater herausgefunden habe. Er hat – außer seinem legendären Einsatz im Kunstbunker – ein unauffälliges Leben geführt. Kriminalstatistisch war er bis zu seinem Tod ein unbeschriebenes Blatt.«
    »Dann sag schon endlich, was du gefunden hast«, drängte Paul.
    »Ich habe in den Akten aus den fraglichen Jahren gestöbert, also aus der Zeit des niedergehenden Dritten Reiches, und da bin ich auf allerlei ungelöste Kriminalfälle gestoßen. Die meisten davon stehen in einem völlig anderen Zusammenhang. Ich wollte schon aufhören, weiter zu suchen, da fiel mir eine Mordsache aus dem Frühjahr 1945 in die Hände.«
    »Was denn nun schon wieder für eine Mordsache?«, fragte Paul, der völlig im Dunkeln tappte.
    »Drei Männer wurden erschossen. Die Kugeln stammten aus SS-Pistolen, aber der Grund für diese Exekution – so kurz vor Kriegsende – war den Ermittlern damals völlig schleierhaft.«
    »Das klingt ja beinahe, als würdest du den Grund kennen.«
    »Ja«, sagte Jasmin ohne jedes Zögern. »Ja, ich denke, ich kenne den Grund.«
    »Spann mich doch nicht so auf die Folter«, bat Paul.
    »Ich erzähle dir alles«, sagte Jasmin hastig. »Aber nicht am Telefon. Ich mache rasch noch ein paar Kopien und dann treffen wir uns.«
    »Jetzt? Mitten in der Nacht?«
    »Willst du diesen Fall lösen oder nicht?«, fragte Jasmin tadelnd.
    »Ja, sicher.«
    »Dann treffen wir uns in einer Viertelstunde in meiner Wohnung in St. Johannis, Campestraße. Das sind von dir aus ja nur ein paar Minuten zu Fuß.«
    »Du vergisst meinen verstauchten Fuß«, wandte Paul ein. »Ich brauche zwar keine Krücken mehr, aber . . .«
    »Also gut. Dann eben in zwanzig Minuten.«
    Paul erreichte den vierstöckigen Altbau in der Campestraße kurz nach der vereinbarten Zeit. Er spürte seine Müdigkeit, als er die alte Holztreppe bis in die oberste Etage hinaufstieg. Gleichzeitig hielt ihn aber die Neugier auf das, was Jasmin ihm gleich berichten würde, bei wachem und klarem Verstand. Und da war auch noch etwas anderes, unterschwellig Lauerndes, das ihn auf Trab hielt:
    Als er im halbdunklen Hausflur nach der richtigen Wohnungstür suchte, dachte er über Jasmin nach. Darüber, wie sie vor einem halben Jahr in sein Leben getreten war und wie sie nun langsam, aber stetig eine immer größere Rolle darin einnahm. Eigentlich war sie ja überhaupt nicht die Art von Frau, für die er sich begeistern konnte: Jasmin, die Polizistin, war eher der praktische Typ. Technisch begabt, stets einen kühlen Kopf bewahrend, logisch denkend und kalkulierend. Und ihr Äußeres? Kurzes Haar, burschikoses Auftreten. Ja, Jasmin arbeitete in einer eher maskulinen Welt und stellte daher ihre weiblichen Attribute optisch zurück. In anderen Fällen aber kannte sie keine Scheu, ihre ohne Frage vorhandene Weiblichkeit einzusetzen – Paul wurde jetzt noch ganz schwummrig, wenn er daran dachte, wie sie ihn im Nordklinikum beinahe geküsst hatte, oder an ihren Auftritt

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