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Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg

Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg

Titel: Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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als Volleyballspielerin.
    Stop! Paul zwang sich selbst dazu, seine in dieser Situation völlig fehlplatzierten Überlegungen einzustellen, sobald er das Türschild mit dem Namen Stahl entdeckte. Er drückte den Klingelknopf und hörte kurz darauf aus der Wohnung das Knarren der Holzdielen.
    Als Jasmin öffnete, musste Paul erst einmal tief Luft holen.
    Sie stand barfuß im Türrahmen. Ihr kurzes rotes Haar war wie üblich zerzaust, die Sommersprossen leuchteten lebhaft in dem hübschen Gesicht, und ihre Augen waren freundlich und offen. Ansonsten aber hatte sie ihre zweckmäßige Berufskleidung beziehungsweise ihre Sportlerkluft von vorhin gegen einen leichten Pyjama eingetauscht, der Pauls vorausgegangene Betrachtungen samt und sonders Lügen strafte.
    Die hellblauen Shorts schimmerten seidig und waren an den Seiten bis auf Hüfthöhe geschlitzt. Das Oberteil, mit gerade mal zwei Knöpfen oberhalb des Bauchnabels geschlossen, gewährte Paul Blicke auf weiße, geschmeidige Haut und viele weitere Sommersprossen.
    Sie bemerkte Pauls Erstaunen und trat beiseite – mit einem Lächeln wie nach einem kleinen Sieg sagte sie: »Ich hab‘s mir schon mal bequem gemacht. Stört dich doch nicht, oder?« Sie drückte hinter ihm die Tür ins Schloss.
    Die Wohnung war entgegen Pauls Erwartungen weder besonders ordentlich noch modern. Im Gegenteil: Es herrschte das sympathische Chaos einer Studentenwohnung, angereichert mit dekorativen Elementen, die der Einrichtung einen mediterranen Anstrich verliehen.
    Zwischen prächtig gedeihenden Zimmerpflanzen, die aus Terrakottatöpfen wucherten, stand ein antiquiertes Sofa mit einem übergeworfenen Laken in Pastelltönen, auf dem sich Jasmin nun im Schneidersitz niederließ.
    Sie klopfte auf den freien Platz neben sich: »Komm. Ich werde jetzt das Geheimnis lüften.« Sie griff nach einem Stapel Kopien.
    Paul setzte sich neben sie, nicht ohne beiläufig ihre schlanken Beine zu bewundern.
    »Ich sagte dir ja schon am Telefon: Es geht um drei Männer, die am 18. April 1945 erschossen wurden. Das war der Tag, an dem die US-Infanteristen ins Stadtinnere vordrangen. Eine Fortsetzung der Kampfhandlungen war also völlig aussichtslos und sinnlos.«
    »Trotzdem mussten diese Männer sterben«, sagte Paul nachdenklich. »Warum?«
    »Man hat die Leichen in einem Straßengraben an der Münchner Straße gefunden«, setzte Jasmin fort, ohne sofort auf Pauls Frage einzugehen. »Die drei Männer hießen Wilhelm Galster, Anton Schmidbauer und Franz Kleinlein. Alles Zivilisten.«
    »Diese Namen sagen mir gar nichts«, bemerkte Paul nach kurzem Nachdenken.
    »Mir auch nicht«, gab Jasmin mit dem Anflug eines wissenden Grinsens zurück. »Es waren auch nicht die Namen, die mich alarmiert haben, sondern die Berufe der Toten.«
    »Was haben denn ihre Berufe mit. . .« Paul stockte mitten im Satz, als er es zu ahnen begann.
    Jasmin nickte sehr langsam, bevor sie zur Auflösung dieses über Jahrzehnte vergessenen Rätsels überging: »Der erste war Kunstschmied, der zweite Juwelier, und der dritte im Bunde hat sein Geld als Feinmechaniker verdient.« Sie lächelte vielsagend. »Alle drei waren nach den damaligen Kriterien wehrtauglich, mussten aber trotzdem nicht an die Front.«
    »Denn sie hatten andere wichtige Aufgaben zu erfüllen. Für Führer und Vaterland«, stammelte Paul und konnte es kaum fassen.
    »Ja. In solcher zeitlichen Nähe zu der Geschichte mit den Reichskleinodien – das kann kein Zufall sein. Diese drei Männer waren in die Sache involviert«, sagte Jasmin entschieden. »Entweder als Sachverständige . . .« Sie sprach nicht weiter.
    »Oder«, griff Paul den Faden auf, »sie waren Beteiligte an einem groß angelegten Täuschungsmanöver.«
    »Genau«, sagte Jasmin. »Die Sache war so geheim, dass es am Schluss keine Zeugen geben durfte. Die alten Ägypter haben die Architekten der Pyramiden mitsamt den verstorbenen Pharaonen eingemauert. Genauso sind die Nazi-Schergen mit ihren Handlangern verfahren.«
    »Du glaubst also, dass diese drei armen Teufel noch kurz vor Kriegsende daran gearbeitet hatten, die Reichskleinodien . . .«
    »Glauben heißt nicht wissen«, unterbrach ihn Jasmin und stand auf. »Es ist ein neues Puzzleteil im Bild, aber wir brauchen mehr Fakten und Beweise, um es einzubauen.« Sie streckte sich, fuhr sich mit gespreizten Fingern durchs Haar und sagte: »Puh, dieses Detektivspielen macht furchtbar hungrig, findest du nicht auch? Tagsüber habe ich ja die Kantine im

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