Paul Flemming 04 - Die Meisterdiebe von Nürnberg
Porzellantellern drapierte.
»Ach ja, ein Radieschen habe ich auch noch gefunden«, sagte sie und schnitzte mit einem kleinen Küchenmesser geschickt aus jeder Hälfte eine Rose.
Paul fühlte sich kulinarisch verwöhnt wie sonst bloß bei Küchenchef Jan-Patrick – nur dass Jasmin als Köchin erheblich attraktiver war. Zurück auf dem Balkon genossen beide den Hauptgang. Bei einem Glas gut gekühlten Frankenwein setzten sie ihre nonverbale Kommunikation fort: Sie aßen, prosteten sich zu, lächelten sich an – und auf wundersame Weise waren Pauls Sorgen und Nöte in dieser späten Stunde plötzlich wie weggeblasen.
Paul hatte das Zeitgefühl verloren, als sie abermals in die Küche gingen, diesmal auf der Suche nach einer Nachspeise. Jasmin stand der Sinn nach einer Mousse oder einem Parfait.
Mangels jahreszeitlich passenderer Zutaten griff sie zu einem recht betagten Lebkuchen, den sie zwischen den Fingern zerbröselte und mit reichlich Rum beträufelte. Sie verrührte den Brei mit Eigelb und Zucker, brachte einen Topf Milch mit etwas Vanillezucker zum Kochen und nahm ihn von der Platte. Dann rührte sie die Eigelbzuckermasse unter und gab den gut eingeweichten Lebkuchen hinzu.
»Jetzt kommt noch steif geschlagene Sahne dazu und dann ab damit ins Gefrierfach«, sagte Jasmin. Sie hielt Paul den verheißungsvoll duftenden Topf unter die Nase, wobei ihr ein wenig Parfait über den Rand lief und auf den Boden tropfte.
Jasmin stellte den Topf beiseite und bückte sich, um das Malheur zu beseitigen. Paul, euphorisiert durch die späte Stunde, den Alkohol und die wohlige Stimmung, meinte erst jetzt so richtig zu bemerken, was für eine reizvolle Partnerin es war, mit der er heute Nacht eine Köstlichkeit nach der anderen verspeiste. Er half ihr auf und sah ihr dabei so tief in den Ausschnitt, dass es ihr nicht entgehen konnte.
Wie zufällig glitt sein rechter Zeigefinger an ihrem Oberschenkel entlang.
Jasmin seufzte. Sie blickte ihm tief in die Augen. Einige Sekunden lang geschah gar nichts. Dann legte sie ihren klebrig süßen Finger an Pauls Unterlippe. Er biss zärtlich zu.
Das Eis war gebrochen.
Jasmin knöpfte sein Hemd auf. Sie strich ihm das Parfait unter wilden Küssen auf die Brust. Sie löste sich von seinen Lippen, glitt mit ihrer Zunge an seinem Hals entlang und leckte das Parfait begierig auf.
Paul stöhnte leise. »Ich weiß nicht, wohin uns das führen wird. Aber ich kann dir nicht mehr widerstehen.«
»Kann?«
»Will! Ich will dir nicht mehr widerstehen!«
Dann hob er Jasmin in die Höhe. Sie war noch leichter, als er erwartet hatte. Er trug sie hinaus auf den Balkon. Bevor er sie vor sich auf dem Bistrotisch absetzte, streifte er ihr die Shorts herunter.
39
Es war bereits hell, als Paul aus einem kurzen, tiefen Schlaf erwachte. Geweckt hatten ihn die Geräusche, die Jasmin machte, als sie sich wusch und anzog.
Die Sonne schien durch modisch knittrige Gardinen in ein quadratisches Schlafzimmer mit orangegelben Wänden. »Wo willst du hin?«, fragte Paul und rieb sich die Augen. Er lag nackt in Jasmins Bett.
»Von Wollen kann gar keine Rede sein«, sagte Jasmin, während sie in ein Paar enge Röhrenjeans schlüpfte. »Aber anständige Leute müssen nun mal zur Arbeit gehen.«
Paul quittierte diese kleine Schelte mit einem Nicken. Er erwog, sich noch einmal zurückzulehnen und den Tag entspannt angehen zu lassen. Aber nach dem, was geschehen war, brannte ihm eine Frage zu sehr auf den Nägeln: »Was versprichst du dir eigentlich davon?«
Jasmin stutzte, wusste aber sofort, was gemeint war. »Was ist denn das für eine saublöde Frage? Aber wenn du’s unbedingt wissen willst: nichts! Gib dich jedenfalls nicht der Illusion hin, du würdest der Vater meiner Kinder werden. Dafür bist du mir zu alt, und als treusorgenden Familienmenschen sehe ich dich eigentlich auch nicht.« Sie zog sich weiter an, dann hielt sie noch einmal inne und sah Paul mit beinahe entschuldigendem Ausdruck an. »Fühlst du dich jetzt von mir ausgenutzt? Das habe ich bestimmt nicht gewollt. Aber sieh mal: Ich bin jetzt siebenundzwanzig. Seit dem Abi habe ich nichts als gebüffelt und geschuftet. Ich will einfach noch ein bisschen Spaß haben, bevor es ernst wird. Ganz so laut tickt die biologische Uhr bei mir nämlich noch nicht.«
»Mit anderen Worten: Ich bin nichts Ernstes in deinem Leben«, folgerte Paul.
Jasmin sah ihn liebevoll an. »Natürlich bist du was Ernstes. Manchmal sogar viel zu ernst. Aber gestern,
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