Paul Flemming 07 - Die Paten vom Knoblauchsland
Marlen. »Aber ich kann mich nicht beklagen. Und Jan-Patrick ist eine große Hilfe. Er steht Gewehr bei Fuß, wenn sie sich nachts meldet.«
»Nur das Stillen kann er dir nicht abnehmen, was?«, scherzte Katinka.
»Er würde es tun, wenn er könnte. Er ist ein aufopfernder Papa«, sagte Marlen mit glücklichem Lächeln.
»Gute Voraussetzungen, um die Familie zu vergrößern.«
»Fürs Erste reicht mir das Eine«, lachte Marlen.
Paul fand es etwas beängstigend, wie intensiv sich Katinka mit Jan-Patricks Nachwuchs befasste, und hielt sich tunlichst im Hintergrund, während seine Frau eine Frage nach der anderen stellte und sich über die ausführlichen Schilderungen Marlens freute. Paul begann sich zu fragen, ob Katinka nach der längst abgenabelten Han- nah insgeheim den Wunsch nach einem zweiten Kind hegte. Doch er verscheuchte diesen Gedanken, der so gar nicht in sein momentanes Zukunftsbild passte, und widmete sich lieber dem Essen.
Schlürfend, kauend und genießend suchte er nach einem Ansatz, um das vorherige Gespräch über den Mordfall Frieda wieder in Gang zu bringen und somit das leidige Thema des Umzugs noch etwas hinauszuschieben.
Katinka aber ließ das nicht zu. Wie beiläufig kramte sie in ihrer Handtasche und förderte zwei schmale Prospekte zutage, die sie vor Pauls Augen aufschlug. »Ich habe schon mal ein paar Kreuzchen gemacht. Von den Sofagarnituren gefällt mir die von Rolf Benz am besten. Schokobraunes Leder, puristisches Design. Dazu ein flacher Tisch mit mattem Glas. Bei den Schränken hat mich Hülsta am meisten überzeugt. Und wenn wir zur Essecke kommen, sollten wir ...« Sie sah auf und zog die Brauen zusammen. »Hörst du mir überhaupt zu, Paul? Immerhin geht es um unseren gemeinsamen neuen Hausrat. Der sollte schließlich beiden gefallen, oder?«
Paul schluckte schwer. »Rolf Benz, Hülsta - sind das nicht sündhaft teure Marken?«
Katinka zeigte ein sanftes Lächeln: »Paul, mein Lieber, wir sind dem Ikea-Alter doch allmählich entwachsen, meinst du nicht auch? Wir sollten uns einen Lebensstandard gönnen, der unserem Alter und unserem Status entspricht.«
Paul wurde bei dem Gedanken, dass ein Rolf-Benz-Sofa schätzungsweise so viel kostete wie ein Kleinwagen, ganz warm. »Du meinst, deinem Status.«
Katinka winkte ab und holte zu einer Erklärung aus. Doch das provokant forsche Auftreten eines Zeitungsverkäufers unterbrach sie.
»Abendpost! Die aktuellsten Nachrichten frisch aus der Druckerpresse! Wer möchte die neue Abendpost?«
Der Zeitungsanpreiser, wahrscheinlich ein Student, der sich etwas dazu verdiente, ging von Tisch zu Tisch, zeigte sich beharrlich und verkaufte das eine oder andere Exemplar der Boulevardzeitung. Schließlich blieb er auch vor der Erkernische stehen, in der Paul und Katinka saßen.
»Na gut, wir nehmen eine«, sagte Paul und legte einen Euro auf den Tisch, um den jungen Mann schnell wieder loszuwerden.
Dieser verabschiedete sich auch prompt. Paul wollte die Gazette zur Seite schieben und weiter mit seiner Kati plaudern, da fiel sein Blick auf die Schlagzeile:
»Mord im Knoblauchsland: Politiker unter Verdacht!«
»Was?« Jetzt hatte Paul es eilig, die Zeitung aufzuschlagen. Der Artikel zur Schlagzeile fand sich auf Seite drei und war mit der Autorenzeile Victor Blohfelds gekennzeichnet. Paul überflog den Text, in dem detailliert die Verdachtsmomente gegen einen konservativen Politiker dargelegt wurden, der in München ein gehobenes Amt bekleidet. Blohfeld nannte keine Quellen, aber es war mehr als deutlich, auf welche Person er in seinem Artikel anspielte.
Katinka beugte sich über den Tisch und las mit. »Verflucht! Woher weiß er das?«
Paul war mit dem kurzen Text inzwischen durch und stellte fest: »Immerhin schreibt er nichts von dem Haar.«
Katinka schwieg und knetete ihre Hände. »Weil er noch nichts davon wusste, als dieses Machwerk entstanden ist.« Sie holte Luft. »Weil er von dir noch nichts davon wusste.«
»Wie meinst du das?«, fragte Paul alarmiert.
»Es ist ja wohl offensichtlich, welche Quelle für Victor Blohfeld im Fall Frieda so ergiebig sprudelt.«
»Aber Kati, du glaubst doch nicht, dass ich ... - Nein, ich habe dir neulich schon versichert, dass ich Blohfeld keinerlei Informationen zuspiele. Also, bitte, so viel Vertrauen muss sein. Immerhin: Wir sind verheiratet!«
»Ich möchte dir glauben, Paul. Nichts lieber als das!« Sie sah ihn stirnrunzelnd an. »Aber sag mir: Von wem, wenn nicht von dir, sollte
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