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Paul, mein grosser Bruder

Paul, mein grosser Bruder

Titel: Paul, mein grosser Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Lindquist
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Freund an. »Ich? Ich weiß doch überhaupt nichts. Ich wäre niemals auf so was gekommen ... was du da in der Badewanne gemacht hast. Ich hatte noch nicht einmal jemanden geküsst, bevor ich dich getroffen habe .«
    »Aber du«, sagte Petr, »manchmal passieren Dinge einfach. Sachen und Dinge kommen einfach irgendwie. Man braucht nicht immer einen Lehrer, um etwas Neues auszuprobieren. Manche Dinge kommen einfach von selbst. Und ich glaube nicht ... Warte! Steh mal still !« Er zog den Handschuh aus und berührte Pauls Wange. »Schau! Ein kleines Härchen von deinen Wimpern.«
    Paul lächelte.
    Petr knöpfte die obersten Knöpfe seiner Jacke auf und steckte die Hand unter den Pullover.
    »Was machst du ?«
    »Ich habe mir was gewünscht .«
    »Was meinst du ?«
    »Na, wenn man eine Wimper von jemand anderem findet, soll man sie unter seine Unterwäsche stecken. Und dann darf man sich was wünschen .«
    Paul lachte und schüttelte den Kopf.
    »Davon habe ich ja noch nie gehört. Hast du das selbst erfunden ?«
    Petr schüttelte den Kopf.
    »Nein. Das habe ich nicht selbst erfunden. Gewisse Dinge muss man schließlich lernen. Und das habe ich zu Hause bei meiner Großmutter in Prag gelernt .«
    »Dann ist das irgendein tschechischer Aberglaube oder ?«
    »Genau.«
    »Was hast du dir denn gewünscht ?«
    »Na, das solltest du doch wohl wissen, dass man niemandem verraten darf, was man sich gewünscht hat. Dann erfüllt es sich doch nicht. Ob man nun hier oder in der Tschechoslowakei ist. Komm, lass uns weitergehen, bevor wir anfangen zu frieren .«
    »Willst du dir nicht den Kragen zuknöpfen ?«
    »Ach, so kalt ist es auch nicht .«
     
    Sie kamen zum Meer. Der Wind war kalt, und Paul fror.
    Petr zeigte auf ein Gartenhaus draußen auf einer Landzunge.
    »Dort habe ich vor zwei Jahren gesessen und gesehen, wie das Haus auf der anderen Seite der Bucht niederbrannte. Schau, dort drüben! Dort stehen noch die Reste vom Schornstein. Siehst du ?«
    Paul nickte.
    »Die Flammen waren so unglaublich hoch. Und hinter dem Haus fingen einige Bäume Feuer. Ich hatte Angst, dass es einen Waldbrand geben könnte und dass das Feuer bis zu unserem Haus käme .«
    »Ist die Feuerwehr nicht da gewesen ?«
    »Doch. Aber ich hatte trotzdem Angst .«
    »Warst du allein?
    »Ja.«
    »Wieso warst du allein dort in dem Gartenhaus ?«
    Petr schien zu zögern. »Ich ... dieses Gartenhaus war ... mein heimliches Versteck, kann man sagen«, erzählte er. »Ich bin fast jeden Tag dort gewesen .«
    »Aber es kann doch nicht besonders heimlich gewesen sein. Ich meine, die, die in dem Haus wohnten, müssen dich doch gesehen haben ?«
    »Nein. Dieses Haus hat bereits mehrere Jahre leer gestanden, bevor es abbrannte. Es gab ... es gab nie jemanden, der ... mich gesehen hat .« Er verstummte und blickte zum Gartenhaus.
    »Was ist los? Warum ... warum zögerst du so ?«
    »Zögern? Nein, ich zögere nicht. Ich musste nur an etwas anderes denken. Ach, lass uns auf die Landzunge rausgehen .« Dann sagte er plötzlich: »Ich möchte dich jetzt fotografieren, Princi. Setz dich auf den Stein dort drüben .«
    Paul ging neben einem niedrigen Felsen in die Hocke. Petr führte die Kamera vor sein Auge; durch den Sucher sah er einen Jungen, der einem Prinzen aus einem Märchen ähnelte, das seine Großmutter ihm immer vorgelesen hatte, als er klein war. Aber der Junge im Sucher war keine Märchenfigur. Er war äußerst real. Und sein dunkles Haar flatterte im beißenden Wind, seine dunklen Augen sahen in die Kamera. Und er lächelte.
    »Ich werde es niemals schaffen, ein Porträt von dir zu zeichnen«, rief Petr. »Deshalb muss ich dich fotografieren. Damit ich etwas zum Angucken habe, wenn du nicht in der Nähe bist .«
    Paul lachte.
    »Ich möchte auch ein Foto haben«, sagte er. »Von dir natürlich. Auch wenn ich schon ein Porträt von dir gezeichnet habe. Und obwohl ich schon ein Schulfoto von dir bekommen habe. Komm und setz dich hier auf den Felsen .«
    Petr reichte die Kamera an Paul.
    »Es wird ein Profilbild«, sagte Paul. »Ich muss eines mit deiner Nase haben .«
    Petr fing an zu lachen. »Meine Nase? Was meinst du? Ist die denn so besonders ?«
    »Ja.«
    »Auf weIche Weise?«
    Paul lächelte.
    »Es ist die einzige Nase, die ich jemals bis zur Hälfte in meinem Bauchnabel habe verschwinden sehen .«
    Petr lachte so sehr, dass er beinahe von dem Stein fiel.
    »In dem Fall musst du auch darauf achten, dass meine einzigartigen Lippen drauf sind

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