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Paul sucht eine Frau

Paul sucht eine Frau

Titel: Paul sucht eine Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Morawek
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nachgefüllt. Die Küchenarbeit lenkt ihn ab, er fühlt sich jetzt besser, als bei seiner Ankunft. Er pfeift sogar.
    Paul geht zum Küchenregal, in dem die Tassen stehen. Er hebt seinen Körper etwas an, indem er sich mit dem linken Arm auf der Seitenwand seines Rollstuhls aufstützt und hochdrückt. Den rechten Arm streckt er aus. Nur noch ein paar Millimeter, dann berührt er die Keramik der Tasse. Vorsichtig umschließt er den Griff mit seinen Fingern.
    »Paul!«
    Es ist Laras Stimme!
    Paul dreht sich erschrocken zu ihr. Neben ihr im Türrahmen steht Herr Richter. Beide sehen ihn mit aufgerissenen Augen an.
    »Du bist geheilt!«
    Paul lässt die Tasse fallen.

14
     
    Sie haben sich an den Küchentisch gesetzt. Paul auf der einen Seite, Herr Richter ihm gegenüber. Lara reicht jedem der beiden eine Tasse Kaffee und setzt sich dann dazu.
    Herr Richter bedankt sich, nimmt das Getränk in beide Hände und beobachtet Paul über den Tassenrand, während er wartet, dass der Kaffee abkühlt. Paul versucht, seinem Blick auszuweichen. Doch wohin soll er schauen? Und was geht dem MDK-Mann wohl durch den Kopf? Hat er ihn durchschaut, sein Versteckspiel aufgedeckt? Aber warum sagt er nichts? Oder kommt Paul noch einmal mit dem Schrecken davon?
    »Ja, äh«, stammelt Paul. Jetzt am besten irgendwie das unangenehme Schweigen durchbrechen. »Da haben Sie es mal gesehen. Nicht mal eine Kaffeetasse kann ich mir selber holen, so sehr ich es auch versuche.«
    »Am Ende brauchen Sie bald noch mehr Assistenz? Da reichen die sechs Stunden am Tag nicht mehr.«
    Paul kann Herr Richters Tonfall nicht deuten. Macht er sich lustig über ihn? Oder versucht er gar lustig zu sein ?
    »Wer weiß«, sagt Paul. »Oder ich trinke in Zukunft weniger Kaffee.«
    Sie ergehen sich einige Minuten in Small-Talk, Herr Richter greift den Vorfall mit der Tasse nicht mehr auf. Als er ausgetrunken hat, sieht er auf die Uhr.
    »Ich darf mich verabschieden. Ich muss zum nächsten Termin.«
    »Wollten Sie nicht zusehen, was wir filmen?«
    »Doch schon«, sagt Herr Richter und erhebt sich. »Aber die Arbeit ruft.«
    Als er bereits im Gehen ist, dreht er sich noch einmal zu Paul.
    »Ich bin aber schon sehr gespannt, mir das komplette Rohmaterial in voller Länge anzusehen.«
    Als Herr Richter die Wohnung verlassen hat, atmet Paul laut hörbar auf. Lara, die den MDK-Mann zur Tür begleitet hat, kommt zurück in die Küche.
    »Irgendwie war er komisch drauf heute«, sagt sie. »Hattest du auch den Eindruck, dass er was von mir will?«
    »Tja.«
    Wenn's nur das wäre, was ihn beunruhigt.
    »Wie kommt so ein Typ überhaupt auf die Idee, dass ich mich für ihn interessieren könnte?«
    Lara setzt sich neben Paul.
    »Machen wir mit deinem Interview weiter?«
    »Ich glaub, ich hab heute keine Kraft mehr. Zu erschöpft.«
    »Ach, komm. Jetzt fang nicht du auch noch an. Der Film muss fertig werden. Im Frühjahr ist die Einreichfrist der Filmhochschule. Und bis dahin muss ich alles geschnitten haben. Das ist so viel Arbeit, hätte ich vorher selber nicht geglaubt.«
    »Lass mich doch mal dich befragen.«
    »Du mich?«
    »Na ja. Du verfolgst mich die ganze Zeit mit der Kamera und dringst in meine Privatsphäre ein. Nun möchte ich auch etwas mehr über dich wissen.«
    Es war ein spontaner Einfall. Ganz klar ist ihm nicht, was er damit bezweckt. Sie näher kennenlernen. Natürlich. Vielleicht ist das der letzte Strohhalm, der ihm jetzt noch bleibt, damit er einen Plan entwickeln kann, wie er Laras Herz gewinnen kann.
    »Na gut«, sagt Lara, nachdem sie einen Moment überlegt hat. »Wenn es hilft, das Vertrauensverhältnis zwischen Dokumentarfilmer und Dokumentiertem zu verbessern.«
     
    * * *
     
    Sie erscheint im Kamerasucher.
    Paul drückt auf den Record-Knopf, so wie er es schon so viele Male bei Lara beobachtet hat, wenn sie ihn filmt. Ein rotes Licht leuchtet im Sucher auf und die Aufnahme startet.
    »Was machst du so privat?«
    Erst einmal mit ein paar unverfänglichen Fragen starten, denkt sich Paul. Wobei – ihm fällt auf, dass er wirklich nicht die geringste Ahnung hat, was Lara in ihrer Freizeit macht. Außer ihrem Filmprojekt.
    »Nicht viel«, antwortet sie. »Lesen und ein bisschen Sport. Aber vor lauter Filmschnitt habe ich gerade nicht viel frei.«
    »Und sonst so?«
    Lara zuckt mit den Schultern.
    »Du hast doch einen Freund?«
    Es ist unglaublich, wie einfach Paul die Frage von den Lippen geht. Klar, mit Lara kann er sich so unverkrampft unterhalten wie mit

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