Paula geht
sondern ich will auch gerne praktisch mit anpacken. Einverstanden?“
Ralf rutschte aufgeregt auf seinem Stuhl herum. Er sah richtig süß aus wie ein großer Junge kurz vor der Fahrt zum Zeltlager. „Abgemacht. Darauf müssen wir anstoßen.“
Ralf holte zwei Gläser und seinen besten Maltwhiskey. Paula hustete und konnte dann noch hervorbringen: „Ich will zwölf Euro schwarz.“
Ralf zuckte einmal kurz. „Ich habe mir geschworen, niemals jemanden schwarz zu beschäftigen. Aber das lassen wir mal unter Nachbarschaftshilfe laufen, also in Ordnung. Zahltag ist alle zwei Wochen und du fängst gleich morgen an.“
Paula lehnte sich bald beschwipst zurück und merkte, wie ihre Wangen anfingen zu glühen. Ralfs Enthusiasmus war mitreißend, und so warfen sie sich gegenseitig die Bälle zu und überboten sich mit Ideen für den Laden. Ralf schrieb eifrig mit. Als sie fertig waren mit dem Fünf-Jahres-Programm, stemmte sich Paula hoch. „Ralf, ich muss ins Bett. – Darf ich dich jetzt überhaupt noch duzen, wenn du mein neuer Chef bist?“
Ralf lächelte sie liebevoll an. „Ich bitte darum. Und ich sehe dich eher als Partnerin und freue mich schon auf unsere Zusammenarbeit.“
Wieder gab er ihr beim Abschied ein Küsschen auf die Wange. Sein Vier- oder Fünftagebart fühlte sich weich an und Paula hatte kurz den Impuls, ihm um den Hals zu fallen. Nein, das würde sie jetzt nicht tun. Sie war nur ein wenig ausgehungert, da hatte man dann schon mal so Anwandlungen, bremste sie sich.
Ralf winkte ihr nach und blieb so lange stehen, bis sie außer Sichtweite war, als wenn sie eine Überseefahrt unternehmen würde und nicht vier Querstraßen weiter zuhause wäre.
Auf dem Rückweg fühlte sie sich zwanzig Kilo leichter. Es ging doch nichts darüber, mit den richtigen Leuten zu sprechen. Sie klopfte sich selbst auf die Schulter, dass sie an Ralf gedachte hatte und stopfte ihr Kassenbüchlein wieder tief nach hinten in die Küchenschublade.
Kapitel 12
Mitten in der Nacht klingelte es an ihrer Haustür Sturm. Paula öffnete, ohne über irgendeine Gefahr nachzudenken. Vor ihr stand ein Mann um die dreißig, dessen Gesicht in der Dunkelheit bleich leuchtete. Sie kannte ihn nicht.
„Schnell, bitte nehmen Sie Ihre Medizin und kommen sie mit. Meiner Tochter geht‘s gar nicht gut“, stammelte er. Paula nickte, schlüpfte in ihren abgetragenen Jogginganzug und schnappte sich ihre Notfalltasche und die Hausapotheke. Der Mann rannte so schnell voraus, dass sie kaum Schritt halten konnte. Er hielt erst bei dem Haus neben dem von Frau Bärtsch an. Aha, hier hatten sich ihre Heilkünste also von Haus zu Haus schon herumgesprochen. Paula schmunzelte. Kurz darauf wurde sie aber ernst, als sie von der weinenden Mutter zu einem etwa achtjährigen Mädchen geführt wurde. „Wir wissen nicht, ob wir den Krankenwagen rufen sollen, aber sie hat solche Angst vor dem Krankenhaus, deswegen haben wir es immer wieder rausgezögert. Das geht jetzt schon seit drei Tagen so. Bitte helfen Sie uns!“
Paula beugte sich zu dem kleinen Mädchen hinunter. „Wie heißt du?“
„Susanne“, hauchte die Kleine.
„Susanne, darf ich mal deinen Bauch abtasten?“
Sie nickte. Paula rieb sich die Hände, um die Kleine nicht noch zusätzlich durch die Kälte zu erschrecken. „Tut es weh, wenn ich da drücke? Kannst du dein rechtes Bein hochheben? Tut das weh?“
Susanne schüttelte den Kopf. Es schien immerhin keine Blinddarmentzündung zu sein.
„Sie kann nichts bei sich behalten, kein Essen, nicht einmal Wasser. Wir machen uns Sorgen, dass sie austrocknet.“
Paula kniff Susanne vorsichtig in den Arm. Sie war tatsächlich deutlich dehydriert. Sie wandte sich an die Mutter. „Können Sie bitte einen halben Liter Wasser warm machen, so handwarm wie etwas kühleres Badewasser?“
Die Kleine war leichenblass, kalter Schweiß bedeckte ihr Gesichtchen. Paula strich die wirren Haare zurück. Dann sah sie in ihrer Hausapotheke nach. Gott sei Dank, dass sie es eingesteckt hatte. Sie schüttete sich drei Globuli Arsenicum C30 in die Handfläche. „Ich geb dir jetzt ein paar Zuckerkügelchen. Kannst du die bitte ganz langsam lutschen?“
Susanne nickte schwach. Paula schob ihr die Kügelchen in den Mund.
„Was geben Sie ihr da?“, fragte der besorgte Vater, der Paula angespannt beobachtete.
„Ein homöopathisches Medikament. Da wird die Krankheit mit einer Art verwandtem Gegengift bekämpft.“ Paula konnte schließlich dem Vater
Weitere Kostenlose Bücher