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Paula geht

Paula geht

Titel: Paula geht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Nohl
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mir melden, ich habe wahrscheinlich auch einen größeren Auftrag für ihn.“
    Paula legte auf. Ihr Gefühl sagte ihr, dass Jacek krank war. Sie packte ein paar Orangen in einen Beutel und nahm ihre homöopathische Hausapotheke mit, als sie sich warm eingepackt auf den Weg machte. Der Sperrmüll war endlich abgeholt. Sie musste dringend noch den Gehweg kehren, wenn sie zurückkam. Das machte man hier vermutlich so, während in Frankfurt die Stadtreinigung dafür zuständig war. An der angegebenen Adresse klingelte sie. Eine rundliche Dame um die sechzig öffnete.
    „Wohnt hier Jacek?“
    Die Dame nickte. „Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?“
    „Eine alte Bekannte. Ich mache mir Sorgen, weil ich so lange nichts mehr von ihm gehört habe.“ Dass Jacek ab und zu schwarz für sie arbeitete, musste sie ja nicht gleich jedem auf die Nase binden. Sie konnte schon von Glück sagen, dass sie in dem Dorf noch niemand angezeigt hatte, so freundlich wie sie hier aufgenommen wurde.
    „Kommen Sie doch rein. Möchten Sie einen Kaffee?“
    Wie, sollte sie hier ein Exemplar der anderen Gattung vor sich haben? „Gerne, ich bin Paula Sommer. Ich möchte nur kurz vorher nach Jacek schauen.“
     „Und ich bin Frau Bärtsch . Dann nehmen Sie ihm doch bitte einen Teller Hühnersuppe mit nach oben. Ich bringe Sie Ihnen gleich.“
    Das Haus von Frau Bärtsch war Paulas nicht unähnlich. Paula stieg die Treppe hoch und klopfte an die Tür zu Jaceks Zimmer. Ein Brummen kam von innen. Da lag er mit schweißnasser Stirn, die Decke bis zum Kinn hochgezogen und reagierte kaum, als sie ihn ansprach. Sie trat an sein Bett. „Hallo Jacek, ich habe mir Sorgen gemacht und wollte mal nach dir sehen. Hier ist ein Teller Suppe von Frau Bärtsch.“
    „Komme morgen vorbei“, sagte er heiser.
    „Jetzt solltest du erst mal gesund werden. Warst du beim Arzt?“
    „Nein, Arzt zu teuer.“
    Das hatte Paula vermutet, dass er keine Krankenversicherung hatte. „Also Jacek, ich bin Krankenschwester, jetzt mach den Mund auf und lass mich mal gucken.“ Sie leuchtete ihm mit einer kleinen Taschenlampe in den Hals. Das Zäpfchen war stark geschwollen, auch die Zunge war rot und dick. Das könnte Apis sein. „Haben Sie Durst?“
    Jacek deutete ein Kopfschütteln an.
    Paula öffnete das Fenster, um den Krankenmief rauszulassen. Dann wendete sie seine Decke und gab ihm einige Globuli. Sie füllte ein paar in ein kleines Röhrchen ab und legte sie auf den Nachttisch. „Jacek, nehmen Sie heute Abend nochmal welche. Morgen komme ich wieder, dann schauen wir weiter.“ Sie bot ihm die Suppe an, er schüttelte aber nur schwach den Kopf. Dann drehte er sich zur Wand, um zu schlafen, hoffentlich seiner Genesung entgegen.
    Paula dachte, dass er auch nicht mehr der Jüngste war, und beschloss, ihm die Krankenversicherung zu finanzieren, sobald sich ihre finanzielle Lage geklärt hatte. Dann ging sie nach unten und trank ihren ersten Nachbarschaftskaffee, das war ein schönes Gefühl.
     
    Am nächsten Morgen stand sie mal wieder Schlange vor dem fahrenden Tante-Emma-Laden, um ihre Vorräte aufzustocken. Vielleicht wäre es billiger, den Bus zu nehmen und die paar Stationen zum Supermarkt zu fahren, aber dann wäre sie hin und zurück mindestens vier Stunden unterwegs, und dazu war ihr die Zeit zu schade. Ihr Praxisraum nahm langsam Gestalt an. Hinter ihr stand eine Frau, vermutlich in Paulas Alter, mit einem Wollmantel, der in wunderschönen Farben und Mustern gewebt war und aussah, als käme er direkt aus den Anden. Sie lächelte die Frau an, die lächelte zurück. Dann fiel Paula nichts ein. So war das schon immer. Wenn es um Smalltalk ging, hatte sie nur weißen Nebel im Kopf, obwohl sie sonst ganz schlagfertig war. Sie sah wieder nach vorne, und wenn sie nicht gewusst hätte, dass sie mit beiden Füßen auf dem matschigen Marktplatz stand, wäre das ein Déjà-vu gewesen. Erneut kam die Frau des Bürgermeisters in ihrem silbrigen BMW angeprescht und ging zielstrebig auf den Anfang der Schlange zu. „Frau Hansen, nur eine Kleinigkeit“, hörte Paula sie sagen, dann kam die Kleinigkeit in Form einer langen Liste. Frau Hansen suchte eifrig die Sachen zusammen. Paula schaute sich um, die älteren Frauen vor ihr schauten weg, als hätten sie nichts bemerkt.
    Sie tauschte Blicke mit der Frau hinter ihr und holte tief Luft. „Entschuldigen Sie, haben Sie hier ein eingebautes Vorfahrtsrecht, von dem ich nichts weiß?“, fragte sie mit honigtriefender

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