Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paula geht

Paula geht

Titel: Paula geht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Nohl
Vom Netzwerk:
letzten Wochen“, brummte er und stieg auf. Paula hatte ihm nicht von dem Abend mit Ralf erzählt, nachdem er letztes Mal so sonderbar reagiert hatte, und ihre gedrückte Stimmung auf die Wechseljahre geschoben. Sven reichte Paula einen Helm, den sie erst verkehrt herum aufsetzte.
    Dann versuchte Paula ihr Bein über den breiten Sitz mit den Satteltaschen zu schwingen und kam nicht hoch. Also stieg Sven nochmal ab, ließ sie vorne aufsteigen und nach hinten rutschen. Paula lachte Tränen, bis sie endlich unter lautem Röhren des Motors losfuhren.
    Paula umklammerte Svens Brustkorb, als würde sie ertrinken. Ihre Haare wehten ihr ins Gesicht, vermutlich war der Helm zu groß. Sie genoss den Fahrtwind und die Verbindung mit dem schlanken, aber kräftigen Körper vor ihr. Gleichzeitig hatte sie Angst, weil sie noch nie auf einem Motorrad gesessen hatte. Niemals hätte sie das vor Sven zugegeben. Vermutlich wusste er, dass sie richtig uncool war, aber irgendwo gab es auch Grenzen. Manche Dinge durfte man in ihrem Alter einfach nicht nicht gemacht haben, oder?
    Sven fuhr zügig, aber gleichmäßig. Kurven gab es hier nicht so viele, also begann Paula sich zunehmend sicherer zu fühlen. Sie rutschte noch ein wenig näher an Sven heran und schnupperte den Lederduft und eine Spur Rasierwasser, das sie an ihm mochte. Sie fuhren vorbei am Tollensesee, über den sie zwar mit Google geflogen war, den sie aber noch nie selbst gesehen hatte, auch wenn er nur wenige Kilometer von ihrem Dörfchen entfernt war. Diese Gegend war wirklich wunderschön. Vielleicht sollte sie auch einen Motorradführerschein machen, irgendwann, wenn sie wieder etwas flüssiger wäre?
    „Wo fahren wir hin?“, fragte sie neugierig.
    „Weit, weit weg.“
    „Und wenn ich keine Zahnbürste dabei habe?“
    „Dann leihen wir dir eine.“
    „Eklig, vielleicht sogar eine nasse?“
    Das war das Schöne an Sven, dass man nie so genau wusste, was einen erwartete. Bei Ralf war der Tag geplant gewesen. Klar, das mochte sie auch. Ach, Paula, zieh doch einfach mal den Stecker da oben und entspanne dich endlich, schimpfte sie mit sich. Sie atmete tief durch, ließ das Grün an sich vorbeiflitzen, atmete das Glitzern der Sonne in den Seen tief ein und wurde langsam ruhiger.
    Sie hatte sich wirklich eine Auszeit verdient. Jeden Tag war sie von morgens bis abends beschäftigt gewesen. So diszipliniert wie noch nie in ihrem Leben hatte sie die letzten Monate gelebt und es ging ihr gut dabei. Wäre die Sache mit Ralf nicht so danebengegangen, hätte sie richtig stolz auf sich sein können. Eines Tages würde sie Sven davon erzählen. Er war derzeit ihr bester Freund, und Freunde erzählen sich so etwas, oder?
    Hätte nicht an ihrer Stelle ein sympathisch-freches Mädchen hier hinten sitzen sollen? Sie würde ihm schon noch auf den Zahn fühlen, warum er so zurückhaltend war gegenüber dem anderen Geschlecht. War er vielleicht schwul, schoss es ihr plötzlich durch den Kopf? Hatte er deswegen so sonderbar reagiert, als sie von Ralf erzählte. Er und Ralf? Sie schüttelte vehement den Kopf, das schien er gespürt zu haben.
    „Hast du eine Fliege verschluckt?“
    „Eher eine Kröte“, murmelte Paula.
    „Was sagst du, die ‚Huddel‘ ist so laut?“
    „Alles ok.“
    „Sollen wir mal ’ne Pause machen?“
    „Von mir aus geht’s noch.“
    Er nickte und beschleunigte noch ein wenig.
    Paula sah einen Wegweiser nach Usedom. Aufgeregt rutschte sie auf dem Sattel.
    „Ja, ok, du hast’s erraten“, brummte Sven.
    Paula drückte ihn begeistert von hinten. „Es ist so klasse, dass wir hier gar nicht weit vom Meer sind, aber für mich ist es eine Weltreise. Das war die beste Idee deines Lebens heute!“
    „Wie, das soll meine beste Idee gewesen sein? Da gibt’s aber noch zwei, drei bessere ...“
    Paula hörte gar nicht mehr zu. Sie roch bereits das Meer. Sie fuhren durch Marschland und erreichten bereits die Fahrstraße, auf der man zur Insel hinüberkam.
    Auf der Insel lenkte Sven das Motorrad auf kleine Nebenstraßen und plötzlich hielt er an. Vor ihnen schäumte die Ostsee, es war Flut und eine Windböe schlug ihnen entgegen.
    Paula stieg vor lauter Begeisterung ohne Hilfe vom Motorrad und rannte in Richtung Wasser. Sven bockte das Motorrad auf und schlenderte ihr mit den Satteltaschen beladen nach. Als er Paula erreicht, fiel sie ihm um den Hals. Vorsichtig strich er ihr über das zerzauste Haar.
    „Du kannst dir gar nicht vorstellen, was du mir für eine

Weitere Kostenlose Bücher