Paula geht
Freude gemacht hast.“
Er bekam rote Ohren und machte sich an den Satteltaschen zu schaffen. Zum Vorschein kam eine Picknickdecke, allerlei Köstlichkeiten, eine Flasche Cidre und eine dicke Tupperdose mit etwas durchgeschütteltem Tiramisu. „Mit schönen Grüßen von meiner Schwester.“
Paula hatte Svens Schwester noch nicht kennengelernt, aber ihr Tiramisu liebte sie, da musste die Frau dahinter auch nett sein. „Wie geht’s deiner Mutter?“
„Es geht auf und ab, weißt du. Gestern war sie gar nicht gut drauf. Wollte mal wieder nichts essen und dann starrt sie so aus dem Fenster, also ob ich nicht da wäre.“
Paula merkte, wie Sven die Tränen kamen. Sie nickte und räusperte sich. „Ich habe neulich was gelesen, das hat mich an das, was du von deiner Mutter erzählst, erinnert. Was hältst du davon, wenn wir die Globuli mal bei ihr ausprobieren? Ich bin auch sehr vorsichtig mit der Dosierung.“
Sven schaute zweifelnd. „Ich weiß nicht, ob wir ihr damit Hoffnung machen – und wenn dann nichts passiert?“
„Du könntest sie ihr einfach mal in den Pudding rühren oder so, wenn du sie fütterst“, schlug Paula vor.
Sven schaute sie entrüstet an. „Auf keinen Fall. Sie ist bei vollem Verstand und sowas würde ich nie tun.“
Paula hob die Hände. „Wir müssen gar nichts machen, ich dachte nur, es wäre vielleicht einen Versuch wert, weil die Homöopathie gerade auf der psychischen Ebene auch bei schweren Erkrankungen gut anschlägt.“
Sven schaute sie wieder freundlicher an. „Ich weiß, dass du es nur gut meinst. Aber jetzt sind wir hier und das ist unser Tag. Bitte, hau endlich rein, du bist doch sonst nicht so schüchtern.“
Paula lächelte ihn dankbar an. Sie aßen alles durcheinander. Käsesalat, Tiramisu, Weintrauben, Ciabatta, kleine Salamis und schauten schweigend auf das Meer. Dann hielt sich Paula den Bauch, stöhnte: „Ich kann nicht mehr“, und ließ sich rücklings auf die Decke plumpsen. Sven tat es ihr gleich. Sie beobachteten gemeinsam die Wolken.
Paula musste für einen Moment eingeschlafen sein. Sie schlug die Augen auf und merkte, wie Sven sie ansah. Bei diesem Blick wurde es ihr gleichzeitig ganz warm ums Herz und ein wenig schwindlig. Und sie hatte auch das Gefühl, dass sie ganz schnell wegschauen musste. Nein, dieser Mann konnte nicht schwul sein.
Anscheinend hatte er sich ertappt gefühlt und stand verlegen auf, um die Sachen einzupacken. Paula half ihm, die Sonne stand schon deutlich tiefer. „Sag bloß, ich hab richtig geschlafen?“
„Zwei Stunden.“
„Nein“, Paula schlug sich die Hand vor den Mund, „entschuldige, da fährst du mit mir ans Meer und ich schlafe. Das kann doch nicht wahr sein, was bin ich nur für eine lahme Ente!“
Armer Sven, sicher hatte er sich das Ganze unterhaltsamer vorgestellt. Sie musste sich zu wohl gefühlt haben, sonst wäre ihr das nie passiert.
„Nein, es war schön, du hast im Schlaf gelächelt“, sagte er leise.
Paula erinnerte sich wieder an seinen Blick. Es war doch etwas sehr Intimes, beim Schlafen beobachtet zu werden. „Ich hätte Lust, noch ein bisschen am Strand zu spazieren, haben wir noch Zeit?“
„Keine Ahnung, wann du zuhause sein musst, ich habe noch Zeit.“
„Ich muss gar nichts, das ist das Tolle zurzeit.“
Sven brachte die Satteltaschen zurück. Paula hatte ihre Schuhe ausgezogen und gemeinsam gingen sie durch das Watt. Das Wasser zog sich gerade zurück und Sven zeigte der Landratte Paula die ein oder andere Miesmuschel oder die Spuren eines Krebses, der quer davongelaufen war. Ob ich auch gerade mehr quer laufe als vorwärts, fragte sich Paula. Aber wer sagt denn, dass es immer vorwärtsgehen musste? Nein, sie war sehr zufrieden mit ihrem neuen Leben. Auch wenn sie das Gefühl hatte, dass sich das Dorf derzeit in zwei Lager spaltete. Die einen grüßten sie und versuchten, es ihr leicht zu machen. Die anderen blickten durch sie hindurch und gaben ihr das Gefühl, hier definitiv nicht willkommen zu sein. Je nach Tagesform ließ sie sich davon mehr oder weniger hinunterziehen.
Schon wieder dieses Gedankenkarussell, konnte sie nicht einfach mal hier sein? Sie wandte sich Sven zu und fragte beherzt: „Sag mal, gibt’s da kein nettes Mädchen in deinem Leben, dass du so einen schönen Strandtag hier mit mir verbringen musst?“
Oh. Schon wieder schien sie sich im Ton vergriffen zu haben. Grimmig schaute er sie an. „Wer sagt denn, dass es da kein nettes Mädchen gibt?“
Paula
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