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Pauschaltourist

Pauschaltourist

Titel: Pauschaltourist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Liehr
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uns,
     dann schlurfte ich zu Nina zurück. Die gesamte nähere Umgebung beobachtete uns. Herr von und zu nahm sein Handtuch, nickte
     kurz und verschwand dann.
    »Mein Held«, sagte Nina grinsend.
    »Was für Arschlöcher.«
    Sie nickte. »In jedem Deutschen steckt ein Hilfssheriff, und in ihrer maßlosen Selbstgerechtigkeit sind sie manchmal richtig
     gefährlich. Diese Mädels hier hätten Adolf gefallen.« Sie erhob sich. »Auch ein Bier?«
     
    Wir setzten uns an die Wasserbar, und ich bedeutete Nina, dafür zu sorgen, dass ihr Bierglas gesichert war. Der Araber brachte
     uns zwei von diesen Papierrosetten, die man eigentlich unter Kaffeetassen legte.
    »Danke, Ali«, sagte Nina freundlich. Der Barkeeper zog die Augenbrauen hoch und kümmerte sich dann um andere Gäste.
    »Also, Geständnis«, erklärte sie nach dem zweiten Schluck.
    »Ich bin ganz Ohr.«
    »Vermutlich kennst du die Gerüchte, die in der Redaktion kursieren.«
    »Da sogar du von ihnen gehört hast – natürlich.«
    »Ich kannte Heino schon, bevor ich beim Magazin angefangen habe. Da war er noch mit seiner ersten Frau verheiratet.«
    Ich nickte, obwohl ich diese legendäre Dame nie getroffen |213| hatte, die Tochter eines Großbauunternehmers, wenn meine Erinnerung mich nicht trog. Eine kurze Ehe, die unter viel Tohuwabohu
     geschieden worden war.
    »Es hat praktisch sofort gefunkt. Ich habe mich beworben, eigentlich auf ein Volontariat, weil ich nach meiner Yellow-Press-Phase
     annahm, wieder klein anfangen zu müssen, um für ein anspruchsvolleres Printmedium arbeiten zu können. Heino hat mir stattdessen
     gleich einen ziemlich guten Posten angeboten.«
    »Das Ressort Weltreisen.«
    Sie nickte und nahm einen großen Schluck. »Wir hatten eine Affäre. Ich weiß, was ihr über ihn denkt, aber Heino ist ein großartiger
     Mann.«
    »Er ist über zwanzig Jahre älter als du«, gab ich zu bedenken.
    »Zwanzig, dreißig, hundert. Du hast keine Ahnung davon, was sich Frauen wirklich wünschen.«
    Ich dachte an Silke und schüttelte bestätigend den Kopf.
    »Dann hat er die Sache Knall auf Fall beendet, kurz vor der Scheidung. Er hat mir bis heute nicht erklärt, warum eigentlich.«
    »Gut fürs Bett, aber nicht repräsentativ genug«, mutmaßte ich leise und biss mir gleich darauf in die Unterlippe.
    Ninas Augen funkelten zornig. »Das habe ich tatsächlich auch gedacht, und eigentlich wollte ich sogar kündigen. Dann kam er
     Anfang des Jahres mit dieser Fernsehschlampe. Ich meine – ist
die
denn repräsentativ? Der sieht man die Hure doch vom Mond aus an.«
    Vielleicht lag es an der Stimmung, an meiner Euphorie angesichts meiner Heldentat von vorhin – ich wusste es nicht. Ich erzählte
     Nina von meinem Beinahe-Fick mit Marejke Medsger.
    »Siehst du«, sagte sie grinsend, als ich geendet hatte. »Fürs Bett wollen sie
Jüngelchen
wie dich.« Ich verzog das Gesicht, und Nina lachte laut. »Aber wenn’s um die Zukunft geht«, fuhr sie fort, als sie sich beruhigt
     hatte, »suchen sich acht von zehn Frauen jemanden wie Heino. Ein solider, ansehnlicher Gentleman, ein Mann, |214| der weiß, wo’s im Leben langgeht. Männer mit Kultur, mit Standing, mit Aus- und Ansichten. Davon abgesehen weiß er auch ansonsten
     mit Frauen umzugehen.« Sie lächelte anzüglich, während ich an der Behauptung knabberte, ich wäre mit meinen achtunddreißig
     Jahren ein Jüngelchen, mit dem allerhöchstens zwei von zehn Frauen etwas Langfristigeres anfangen würden. Wie beschämend.
    »Ich war am Boden. Eine echte Frau, das hätte ich noch verstanden, aber diese
Nutte
– das nicht. Seit dieser Heirat hat er mich noch distanzierter behandelt, und ich glaube, diese Idee, mich für ein paar Wochen
     völlig aus dem Radar zu kriegen, kam ihm sehr gelegen. Und dann ruft er plötzlich mitten in der Nacht an.«
    »Vorvorgestern. Vor unserem Abflug.«
    Sie nickte und bestellte in der gleichen Bewegung neue Getränke. »Er ist hier auf der Insel.« Sie sog die Unterlippe zwischen
     die Zähne, der Kellner stellte unsere Frischbiere hin. »Und sie auch. Seit gestern. Deshalb dieser Anruf.«
    »Ups.«
    Nina zuckte die Schultern. »Ich habe ehrlich gesagt immer noch keine Ahnung, was das eigentlich alles soll. Aber die vorletzte
     Nacht …« Sie strahlte, jedoch nicht für lange. »Verdammt.«
    Ich legte ihr die Hand auf den Oberarm. Der Araber nickte mir freundlich zu. Fehlte nur noch, dass er etwas wie »vertragt
     euch, das ist gut« sagte.

|215| 5.
    Wir warteten nur

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