Pausenbrot und Pradatasche: Roman (German Edition)
wollte.
» Wovon denn genau?«, hakte ich nach, fest entschlossen, mich nicht mit einer ausweichenden Bemerkung abspeisen zu lassen.
» Ach, von vielen Dingen«, erwiderte sie und konnte mir nicht in die Augen schauen. » Lass uns morgen lieber unseren letzten gemeinsamen Tag genießen.«
Glaube, ich habe eine Träne funkeln sehen, als sie sich abwandte. Wahrscheinlich ist sie todtraurig, weil wir sie, unter Fremden und so weit weg von zu Hause, allein zurücklassen, will aber nicht, dass wir es merken. Sollte sie vielleicht ermutigen, ihre Gefühle öfter auszudrücken. Würde zu gerne hören, wie sehr sie leidet.
PS: Dad wirkt so kurz vor unserer Abreise ungewöhnlich vergnügt. Wenn ich mir noch mal anhören muss, wie er » Copacabana« pfeift, fange ich an zu schreien.
8. November
Bei Sonnenschein und blauem Himmel aufgewacht und beschlossen, meinen vielseitigen Batik-Sarong von M&S zu tragen. Er bedeckt wunderbar den ganzen Körper, weshalb keine Notwendigkeit besteht, intime Zonen, abgesehen von den Knöcheln, mit Wachs zu bearbeiten. Zum Glück ist Bräunungscreme inzwischen erlaubt, sodass ich mich zu Hause damit einschmieren kann und mir keine Sorgen zu machen brauche, da ich jetzt blässer bin als bei unserer Ankunft. Das ist gut so, denn ich muss montags am Schultor verglichen mit meinem Zustand vor der Abreise unbedingt strahlend vor Gesundheit und mindestens fünf Jahre jünger wirken. Insbesondere deshalb, weil ich bald mit Angelica eine Wohltätigkeitsgala besuche.
Dad wäre fast an seinem Bio-Obstsalat erstickt, als ich, den genialen Sarong um den Busen geschlungen, am Frühstückstisch erschien. (Wie sich herausstellte, sind die Anweisungen, anhand derer man es in drei einfachen Schritten vom Strand zur Vorstandssitzung schafft, unmöglich zu befolgen. Habe ihn darum einfach unter die Arme geklemmt und das Beste gehofft.)
» Was, du meine Güte, ist denn das, Susie?«, kicherte er, während ich, voller Angst, das Ding könnte mir bis zu den enthaarten Knöcheln hinunterrutschen, hereingeschlurft kam.
» Ein Sarong«, entgegnete ich empört und verärgert, da er sich über mich lustig machte. » Er schützt ausgezeichnet vor UVA- und UVB-Strahlen.«
» Nun, sieht eindeutig interessant aus.« Er zwinkerte Katie und Jack zu.
War versucht, erbost hinauszustürmen, und stinksauer, weil er mich vor den Augen meiner Kinder verspottete. Schließlich weiß jeder, dass man auf diese Weise womöglich den Grundstein für eine spätere Verhaltensstörung legt. Wenn Katie und Jack sich als Teenager zu respektlosen, komasaufenden Halbstarken entwickeln, die nicht mehr auf mich hören, ist es ganz allein seine Schuld. Habe leider keinen guten Abgang hingekriegt, denn der Sarong hatte sich um die Innenseite meiner Oberschenkel gewickelt. Musste deshalb hinaustrippeln wie eine Geisha (allerdings vielleicht nicht ganz so anmutig).
Stundenlang mit Katie und Jack am Strand Sandburgen gebaut und Muscheln gesammelt und einen schönen altmodischen Urlaubstag im Kreis der Familie verbracht. Leider endete er mit Tränen, als Katie Jacks Dinosaurier-Sandburg einen hinterhältigen Tritt versetzte, worauf er aus Rache ihren Bratz-Sandpalast niederwalzte. Aber zumindest konnte ich einige reizende Erinnerungen mit der Kamera festhalten– auch wenn Joe mit bedrückter Miene am Ufer saß, ohne auf uns zu achten.
PS: Tiefes Grauen vor dem morgigen Rückflug nach Dublin. Habe zum Glück ausgeklügelten Aktionsplan entworfen, um Katie und Jack ununterbrochen zu beschäftigen, damit sie nicht wieder in der Kabine herumtoben und mich in Verlegenheit bringen.
9. November
Ausgeklügelter Plan, Katie und Jack während des Flugs zu beschäftigen, grandios gescheitert.
10.00: Kinder mit Malbüchern (zum Erpresserpreis von zehn Euro im Flughafenshop) und verschiedenen Wachsmalstiften (fünf Euro, ebenda) ausgestattet. Sie aufgefordert, mindestens fünfunddreißig Minuten fröhlich vor sich hin zu malen. Dafür von Kindern trotzige Blicke geerntet.
10.03: Malbücher auseinandergefallen. (Gut, Jack hat sie beim Hundspielen zu Fetzen zerrissen.) Kinder warfen wild mit den Wachsmalstiften um sich. Bemühungen, sie wieder einzusammeln, vergeblich.
10.07: Als nächsten Schritt angefangen, den ungebärdigen Kindern das altmodische » Galgenspiel« zu erklären.
10.10: Festgestellt, dass das » Galgenspiel« schwer zu erklären ist und auf kleine Kinder womöglich psychisch traumatisierend wirkt.
10.11: Versucht, » Schiffe
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