Pausenbrot und Pradatasche: Roman (German Edition)
gestorben wäre, ist mir klar geworden, dass das Leben nicht nur aus beruflichem Erfolg besteht. Ich freue mich wirklich darauf, ans Eingemachte zu gehen und dahinterzukommen, warum wir unsere Krise hatten. Du etwa nicht?« Er tätschelte mir die Hand.
» Wahrscheinlich schon«, erwiderte ich. Habe gespürt, wie sich mir der Magen umdrehte. Hoffentlich werden wir noch wochenlang herumlabern und über unsere Kindheit reden, bis es so weit ist.
28. November
Nur noch knapp vier Wochen bis Weihnachten. Habe ausführliche Geschenkeliste aufgestellt.
Joe– einige bügelfreie Hemden.
Mum– ein vielseitiger Batik-Sarong von M&S (sie hat meinen bei unserem Besuch sehr bewundert).
Dad– Selbsthilfebuch zum Thema emotionale Reife (Buchhändler um Empfehlung bitten. Klarmachen, dass der Ratgeber nicht für mich, sondern für einen älteren Herrn ist, der dazu neigt, ins Fettnäpfchen zu treten).
Katie– Ballettschulgeschichten und andere aufbauende Mädchenbücher; außerdem verschiedenes Ballettzubehör.
Jack– auf keinen Fall das Hundehalsband mit Leine, das er sich wünscht.
Louise– superstarke Miederhosen aus Lycra von Trinny & Susannah, um den nach der Geburt schwabbeligen Bauch zusammenzuhalten.
Dargan– eine Lauflernhilfe. Seine Beine sind so gewaltig, dass er sie sicher bald braucht.
Mrs H.– die Biographie von George Michael.
Rita, die Therapeutin– eine große Schachtel teurer Pralinen. Hoffentlich wird sie dann keine unnötigen neugierigen Fragen zum Thema Seitensprung und so weiter stellen.
Joes Firma verzichtet dieses Jahr auf die Weihnachtsfeier und verschiebt sie nicht einmal auf den Januar. Nach dem Fiasko vom letzten Jahr, als ich die Aufmerksamkeiten eines lüsternen achtzigjährigen Vorstandsmitglieds über mich ergehen lassen musste, sehr erleichtert. Joe scheint hingegen ein wenig enttäuscht.
» Wo bleibt die Freude?«, fragte er, als ich ihm mitteilte, wie glücklich ich sei, keinen endlosen Smalltalk mit Tattergreisen, kein Abendessen aus der Mikrowelle und keine anschließende Tanzerei über mich ergehen lassen zu müssen. » Weihnachten sollte doch etwas Magisches haben.«
» Nun, da weiß ich etwas, das dich sicher aufheitern wird, Liebling«, ergriff ich die Gelegenheit beim Schopf. » Wir gehen nächste Woche zu einer todschicken Wohltätigkeitsauktion. Sie ist sehr exklusiv, die Eintrittskarten sind so rar wie Goldstaub.«
» Wie bist du dann an sie rangekommen?« Er beäugte mich argwöhnisch.
» Angelica Law hat uns eingeladen.« Ich lächelte. » Eine große Ehre und außerdem ein wunderbarer Anlass zum Feiern. Wir gehen aus, verbringen einen romantischen Abend und tun etwas für einen guten Zweck. Einfach optimal.«
Das unbedeutende Detail verschwiegen, dass es uns ein Vermögen kosten wird, daran teilnehmen zu dürfen.
» Gut«, meinte er, und seine Miene erhellte sich. » Klingt interessant.«
Dann umarmte er mich. Habe mich ein wenig schuldig gefühlt. Aber ich darf Angelica gegenüber auf keinen Fall das Gesicht verlieren. Stelle fest, dass ich immer öfter über ihre Versprechen nachdenke, mir zu einer raschen und glanzvollen Karriere beim Fernsehen zu verhelfen.
PS: Katie und Jack sind in Sachen Weihnachten verdächtig gelassen. Vermute, dass sie bereits abgebrüht und verbittert sein könnten. Vielleicht warten sie ja auch auf eine Chance, mich aus dem Hinterhalt anzugreifen.
29. November
Habe mir mit Katie und Jack den Weihnachtsmann im Einkaufszentrum angeschaut, um Weihnachtsstimmung zu erzeugen.
Da Weihnachten inzwischen ein Wirtschaftsfaktor ist, steht er jetzt schon seit zwei Wochen dort herum. Ausflug war kein Erfolg. Habe den Verdacht, die Aktionswoche zum Thema Menschenrechte, die gerade in Katies Schule läuft, könnte der Auslöser gewesen sein. Meine Tochter ist nämlich ziemlich militant geworden.
Sie marschierte in die Grotte, baute sich vor dem angstschlotternden Weihnachtsmann auf und wollte wissen, ob Rudolph, das Rentier, auch genug Eiweiß bekäme, warum Mrs Weihnachtsmann an Heiligabend nicht mitfliegen dürfe und ob die Elfen für den Mindestlohn arbeiten müssten. Währenddessen zog Jack den Weihnachtsmann an den Nasenhaaren, um sich von ihrer Echtheit zu überzeugen. » Frauen haben auch das Recht, berufstätig zu sein«, verkündete Katie. » Sie sind nicht nur Haushaltssklaven. Mrs Weihnachtsmann könnte Sie wegen Diskriminierung verklagen. Und die Elfen auch.«
» Natürlich, liebes Kind«, stimmte der Weihnachtsmann schüchtern zu. »
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