Pausenbrot und Pradatasche: Roman (German Edition)
Versucht, meinen Mut zusammenzunehmen und zuzugeben, dass ich einen schweren Fehler begangen habe. Jetzt war der richtige Moment, um einen Rückzieher zu machen.
» Sie brauchen sich über die Sache mit dem Mindestgebot nicht den Kopf zu zerbrechen«, erwiderte sie lässig. » Niemand hält sich an die Vorschriften.«
» Nicht?« Stein vom Herzen gefallen. Auf der Eintrittskarte stand nämlich etwas von einem Mindestgebot in Höhe von zweihundertfünfzig Euro.
» Oh nein, alle fangen bei mindestens fünfhundert Euro an. Schließlich ist es ja für einen guten Zweck. Bis später!« Sie hauchte mir einen Luftkuss auf die Wange und verschwand.
Beschlossen, Joe anzuschwindeln und zu behaupten, ich hätte die Eintrittskarten gewonnen. Das Problem ist nur, dass ich die Sparkonten der Kinder plündern muss, um sie zu bezahlen. Gebe mir größte Mühe, mich nicht schuldig zu fühlen. Wie Angelica schon sagte, ist es ja für einen guten Zweck.
PS: Mich die ganze Nacht herumgewälzt und über Angelicas Bemerkung nachgedacht, ich sei ein Naturtalent fürs Fernsehen. Einerseits bin ich eine glückliche Hausfrau und sehne mich nicht nach einer glanzvollen Fernsehkarriere. Andererseits war es sehr aufregend, auf Sendung zu sein. Werde das Gefühl nicht los, dass es wirklich erfüllend sein könnte, wenn Paparazzi heimlich meine Cellulitis fotografieren oder mir beim Aussteigen aus dem Auto die Kamera unter den Rock halten.
24. November
Bei Louise vorbeigeschaut, um mich zu erkundigen, ob Journalisten für mich angerufen haben. Louise vertraute mir an, dass ihre Mutter sich in dem Ruhm von Dargans dramatischer Geburt sonnen will. Allerdings weigere sie sich, Windeln zu wechseln, beim Füttern zu helfen oder sonst etwas auch nur annähernd Nützliches zu tun.
» Ihr kommt es nur darauf an, ihr Gesicht in der Zeitung zu sehen«, beschwerte sie sich, holte ihren gewaltigen Busen heraus und hielt ihn Dargan ins Gesicht. » Sechs Monate lang hat sie sich nicht gemeldet, und dann lässt sie plötzlich alles stehen und liegen, um bei mir zu sein. Die Sache stinkt.« (Mir die Bemerkung verkniffen, dass nicht nur die Sache stank. Diese wiederverwendbaren Stoffwindeln, auf die sie beharrt, mögen zwar in Mode und umweltfreundlich sein, überdecken jedoch den Geruch eindeutig nicht so gut wie Einwegprodukte.)
Versucht, Louise zu trösten, indem ich ihr erklärt habe, ihre Mutter sei vermutlich zu beschäftigt gewesen, um anzurufen. Sich hingebungsvoll um einen reichen zweiten Ehemann und ein Landgut am Stadtrand von Vancouver zu kümmern, ist eine Ganztagsstelle. Allein die vielen Gesichtsoperationen verschlingen sicher jede Menge Zeit.
Beschlossen, ihr zu verschweigen, dass ihre Mutter ständig nach Filmteams fragt, feuerwehrroten Lippenstift aufträgt und sich mit in limitierter Auflage hergestelltem Puder aus einer Dose von D&G bestäubt.
» Meinst du, ich soll Steve anrufen und es ihm sagen?«, wollte Louise traurig wissen, während sie Dargan in den Armen wiegte.
» Ja, vielleicht solltest du das«, erwiderte ich. Habe gehofft, dass sie nicht mich mit dem Anruf beauftragt. » Er verdient es zu erfahren, dass er noch einen Sohn hat.«
» Wahrscheinlich ist er darüber schon im Bilde«, antwortete Louise, und eine Träne lief ihr die Wange hinunter. » Steve schaut sich immer die Fünf-Uhr-Nachrichten auf TV7 an. Er steht nämlich auf die Nachrichtensprecherin– die mit den tief ausgeschnittenen Oberteilen.« Sie schniefte.
» Vielleicht auch nicht«, entgegnete ich leise und tätschelte Dargans verkrusteten kleinen Kopf. » Am besten schickst du ihm sicherheitshalber eine SMS.«
» Nein«, widersprach sie mit finsterer Miene und schloss ihren gewaltigen Still-BH. » Wenn er im Leben seines Sohnes hätte eine Rolle spielen wollen, hätte er sich darum bemühen sollen. Jetzt ist es zu spät. Was mich betrifft, kann er in der Hölle schmoren.«
Auf dem Nachhauseweg ein merkwürdiges hohles Gefühl gehabt. Könnte auch am Schock liegen, weil ich Louises Still-BH aus der Nähe gesehen habe. Glaube, mir ist noch nie im Leben etwas so Abstoßendes untergekommen.
25. November
Katie hatte heute ihre erste Stunde in Veras Ballett- und Schauspielschule. War ein wenig erstaunt, dass Vera nicht durchtrainiert und gelenkig wirkt wie die Primaballerina Darcey Bussell oder die muskulösen Promis in Strictly Come Dancing. Man sah sogar deutlich die Cellulitis unter dem Saum ihrer Ballettshorts aus Lycra. (Ein schwacher Trost war, dass
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