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Paxson, Diana L.

Titel: Paxson, Diana L. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Zauber von Erin
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dahin alles vor…«
    Ich sah bereits Leute aus dem Raht, der Hügelfestung, eilen. Rauch verdichtete sich über dem strohgedeckten Kegel des Häuptlingshauses, als hätte jemand rasch noch Holz nachgelegt. Ich trat mit den Fersen gegen die Flanken meines Pferdes und lenkte es den anderen nach zu dem Willkommen, das uns dort erwartete.
    ***
    Die Morgenluft war kalt, als die Königin sich mit Esseilte und mir zur Quelle begab. Ich hatte mir Gedanken gemacht, ob sie mich mitnehmen würde, aber offenbar war es für Königin Mairenn ebenso selbstverständlich wie für mich, daß mein Platz immer bei Esseilte war. Vielleicht hatte sie auch nur jemanden gebraucht, der den Korb mit den Opfergaben trug.
    Als wir den Pfad durch das Haselnußgehölz nahmen, zwitscherten Vögel um uns – zu viele, es als Omen zu deuten; trotzdem blieb die Königin kurz stehen und lauschte ihnen aufmerksam, ehe sie mit uns weiterging. Die Bornhüterin wartete bereits auf uns, als wir auf die Wiese traten. Sie hatte ein dunkles Tuch um den Kopf geschlungen, so daß ihre Züge nicht zu sehen waren. Die Königin drückte ihr ein Goldstück in die Hand, da trat sie zur Seite, um uns vorbeizulassen.
    »Aus dem ganzen Land kommen die Menschen zum Brigidsfest hierher, an dem das Frühjahr beginnt, um die rituellen Schritte zu machen. Auch die Priester eilen dann herbei und segnen das Ritual, als brauche der Born sie für seine Heiligkeit.« Ein Lächeln glättete kurz ihre starken Züge, und ich dachte unwillkürlich an die strenge Schönheit eines gezückten Schwertes. »Doch dieser Ort war heilig, noch ehe Padraig unser Land betrat, und Brigid ist älter als Christus hier.«
    Einen Augenblick war es fast unnatürlich still. Ein Falke schwebte reglos am Himmel über uns. Ein Tautropfen zitterte an einem Grashalm und konnte nicht fallen.
    »Die alte Messach erzählte uns, daß Brigid Christi Amme war, daß sie ihn durch ein Wunder Gottes an ihrem Busen nährte, obwohl sie Jungfrau war«, sagte Esseilte schließlich.
    »Bruder Ambrosius sagt, daß die heilige Brigid Äbtissin in Cíll Dara war und alles, was sie hatte, den Armen gab«, fügte ich hinzu. »Welche Geschichte stimmt?«
    »Beide – alle…«, antwortete die Königin. »Sie war hier, als die Söhne Mils ins Land kamen, und obgleich die Menschen von Erin die Sprache ihrer Väter und die Namen ihrer Könige vergessen, wird SIE doch bleiben.«
    Ich erinnerte mich an das schwindelerregende Gefühl am Samhainabend, daß eine große Veränderung bevorstand, und starrte die Königin an.
    »Wer ist SIE?« fragte Esseilte ehrfürchtig. Ein Schauer befiel mich, denn ich wußte plötzlich, daß wir aus anderem Grund hierhergekommen waren, als Altweiberkräuterkunde wegen. Wieder veränderte sich Mairenns Gesicht, und mir deuchte, jenes, welches ich bisher an ihr gekannt hatte, sei nur eine Maske und ich sähe jetzt zum erstenmal ihr wahres. Ich war nun eine erwachsene Frau, und ich hatte mir eingebildet, meine Welt zu kennen. In diesem Augenblick jedoch wurde mir klar, daß ich gar nichts wußte.
    »Sie ist das Wasser und der Born, das Wort und das Gebet«, sagte Mairenn, und ihre Stimme pulste wie der tiefe Ton der großen Harfe in Diarmaits Halle. »Schreitet den Pfad mit der Sonne, und betet auf jedem Stein. Wenn ihr an die Quelle kommt, dann trinkt von ihrem Wasser, und legt eure Opfergaben nieder, danach werdet ihr verstehen…«
    Sie wirkte abwesend, als lausche sie. Ich glaubte nun zu wissen, weshalb wir hierhergekommen waren. Nicht, weil sie zwei unerfahrene Mädchen die alte Kunde lehren wollte, obgleich das dazu gehörte. Königin Mairenn tat nie etwas aus nur einem Grund. Sie war hier, weil sie eine Macht, die älter war als die Figur auf dem Kreuz in der Kapelle von Temair, um die sichere Rückkehr des Morholts anflehen wollte. Da fragte ich mich, ob es eine Sünde war, was wir hier taten, doch da war das Bethaus – und was immer auch der Ursprung der Heiligen des Borns sein mochte, sie war jetzt die Vertraute von Gottes geliebtem Sohn. Etwas erleichtert griff ich nach dem Korb und folgte Esseilte den Pfad entlang.
    Vierzehn Trittsteine waren hier eingelassen, neun links des Borns, und fünf rechts davon. Barfuß schritten wir das rituelle Muster ab, dreimal rund herum, und bei jedem Stein knieten wir zu einem Gebet nieder. Die Königin folgte uns, doch langsamer, und einmal, als ich an dem Stein hinter ihr anhielt, hörte ich sie stöhnen.
    Zunächst flatterten meine Gedanken wirr hin

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