Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Paxson, Diana L.

Titel: Paxson, Diana L. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Zauber von Erin
Vom Netzwerk:
in der Nähe Zaumzeug zusammen. Es konnte also nicht der König sein, dem etwas zugestoßen war, auch kein anderer Blutsverwandter hier.
    Die Königin rutschte von ihrem Pferd und eilte, ohne ein Wort zu irgend jemandem, zu ihrem Kräuterhaus. Esseilte und ich wechselten Blicke und saßen ebenfalls ab. Wir hatten den Hof halb überquert, als wir einen gellenden Schrei hörten. Ich dachte an das Gebrüll der Morigan, deren Schrei die Seelen der Krieger in der Schlacht erschütterte, so daß ihren betäubten Händen die Waffen entglitten. So abrupt wie alle auf dem Berg blieb ich stehen.
    Esseilte aber rannte bereits. Nach einem Moment zwang ich meine Beine, ihr zu folgen. Ich fand sie am Kräuterhaus, wo sie sich an den Türrahmen klammerte. Über ihre Schulter sah ich, daß der Werktisch umgekippt war, und die Königin auf dem Boden kniete.
    »Was ist?« flüsterte ich Esseilte ins Ohr.
    Wortlos rückte sie zur Seite, damit ich sehen konnte. Mairenn hatte etwas an die Brust gedrückt. Sie schwankte von Seite zu Seite und wimmerte leise. Als ich über die Schwelle trat, erkannte ich, daß es etwas wie ein Püppchen war, das die Königin hielt. Sein Kopf war ein Kristallbrocken, der mit Pech auf den hölzernen Körper geklebt war, doch dieser Kristall hatte einen Sprung und war so stumpf wie der Stein, mit dem man Häuser baute.
    ***
    Ein schneidender Wind blies den Winter ins Land, als des Morholts Schiff wieder nach Inber Colphta zurückkehrte. Die Herrin des Borns hatte ihn übers Wasser zurückgebracht, so, wie die Königin und Esseilte sie angefleht hatten, doch sein Fleisch war kalt, und seine Augen starrten gebrochen in die Dunkelheit. Die Kälte hatte seinen Leichnam erhalten, und ich half Esseilte und der Königin, ihn für die Bestattung bereitzumachen, während die Klageweiber an der Tür laut weinten.
    Mairenn hatte inzwischen eine Woche gehabt, sich zu wappnen. Sie ging so sorgfältig vor, als bereite sie ein Heilmittel zu. Sie wusch den Leichnam, band ihren Bruders Rechte an seinen Arm und setzte den abgetrennten Kopf wieder auf seinen Hals. Die Königin hatte den anderen Frauen verboten, den Leichnam zu berühren. Sie duldete nur Esseilte bei sich im Kräuterhaus. Nur Esseilte und mich, denn nach des Morholts Tod erkannte sie meine Tochterrechte an, die unbeachtet geblieben waren, solange er noch gelebt hatte. Das war gut so, denn Esseilte kauerte lautlos weinend in einer Ecke, während ich der Königin half.
    Als ich ihr die Tücher reichte, in die sie ihn hüllte, fühlte ich mich so kalt, wie es der Leichnam vor mir war. Ich konnte nicht glauben, daß dies mein Vater war – trotz des Silbers in seinem Bart war er immer mehr wie eine Naturkraft gewesen, denn ein gewöhnlicher Mensch. Ja, er war mehr als ein Sterblicher gewesen – nämlich Erins Recke. Der Leichnam vor mir wirkte geschrumpft, und das Fleisch war klamm wie die Lehmerde, die ihn bald bedecken würde; denn schon morgen war seine Bestattung, und sie würden ihn in den Grabhügel legen.
    Und dann waren wir fertig. Wir ließen die Frauen weiterklagen, und Esseilte und ich folgten der Königin zur Methalle, wo Diarmait und seine Krieger das Leichenbier tranken. Die Männer verstummten, als sie eintrat, denn sie war ganz in Schwarz gewandet, und ihre Augen flößten Angst ein. Mairenn schritt durch den Mittelgang der Halle und hielt vor dem erhöhten Stuhl an. Ihr düsterer Blick wanderte langsam vom König zum Erzpoeten, der zu seiner Rechten saß, dann durch die lange Halle, wo die Krieger sie von ihren Liegebänken beobachteten und die Methörner in der Hand vergaßen.
    Schließlich kam ihr Blick auf Fergus MacCiaran zu ruhen, der neben Donal MacForgall Platz genommen hatte und zusammengekauert wie ein Kranker in seinen Met stierte.
    »Ihr wart bei ihm«, sagte sie mit tonloser Stimme, die trotzdem deutlich in der ganzen Halle zu vernehmen war. »Wieso lebt Ihr, und der Recke von Erin ist tot? Sagt mir, wie das möglich ist!«
    Fergus wurde bleich, dann rot und wieder bleich. Er war ein junger Mann von Ulaid, vielleicht einer von jenen, die ich am Samhainabend mit dem Morholt hatte sprechen hören. Gewiß hatte er sich sehr bemüht, wie sein Vorbild, der Morholt, zu werden, immer bereit zum Kampf, immer bereit, eine Herausforderung anzunehmen. Nun antwortete er auf die der Königin.
    »Hört mich, Königin, und ihr anderen in dieser Halle…« Er stand auf und deutete um sich. Ich sah, wie ernst sie wurden. »Hört mich, dann sagt, ob ich

Weitere Kostenlose Bücher