payback: thriller (German Edition)
wimmernd, »werd ich sagen, dass ich gefoltert wurde.«
»Ich weiß.« Mace regulierte die Lautstärke an dem Aufnahmegerät. »Es geht hier nicht um Beweise. Und nicht um ein Gericht. Das hier ist persönlich. Es geht darum, wie Isabella gestorben ist. Es geht darum, die Wahrheit zu sagen. Das machen wir hier, Paulo. So lauten die Spielregeln.«
»Sie hat sie erschossen«, erklärte Paulo. »Sie hat auch die Schwulen erschossen.«
»Immer schön der Reihe nach«, bremste ihn Mace. »Fang mit deinem Namen an.«
Paulos Geständnis lief darauf hinaus, dass Vittoria sowohl Isabella als auch Ludovico erschossen hatte. Als er schließlich fertig war, sagte Mace zu Vittoria: »Willst du jetzt reden?«
Aber sie gab nur einen erstickten Laut von sich, so dass Mace zu seinem Stuhl zurückkehrte. »Ich kann warten.«
»Sie … Sie haben versprochen, dass Sie gehen würden«, flehte Paulo. »Bitte gehen Sie jetzt.«
»Noch nicht. Nicht ohne ihre Geschichte.«
Paulo wimmerte: »Ria, bitte! Ria.« Vittoria antwortete nicht.
»Wie schon gesagt«, meinte Mace. »Ich kann warten.«
Während der nächsten Stunden saß er da und beobachtete die beiden, bis sich schließlich das erste Morgenrot am Horizont zeigte. Viertel vor fünf. Noch eine Stunde, ehe der freundliche Wachmann wieder seinen Dienst am Tor antrat. Mace zog den speicheltriefenden BH aus Vittorias Mund und hielt ihr das Aufnahmegerät hin, um sie so zu fragen, ob sie jetzt reden wolle. Aber die Frau war bereits ohnmächtig. Mace schaltete den Apparat aus und ließ seinen Blick zwischen den beiden hin und her wandern. Paulo schniefte. Mace schüttelte den Kopf, weil ihn das Paar zum einen zutiefst anwiderte, aber auch weil er sich zum anderen wunderte, dass er inzwischen seine Pläne geändert hatte. Er nahm den Beutel mit Diamanten und wog ihn nachdenklich in der Hand hin und her. Die Steine schlugen leise gegeneinander. Dann schob er ihn in die Tasche.
Mace hielt vor dem Tor an und schaltete in den Leerlauf. Zwide kam lächelnd auf ihn zu.
»Sie sind heute Morgen der Erste, der das Paradies verlässt.«
»Manche von uns müssen arbeiten.« Mace grinste ihn an. »Eines Tages möchte ich zurückkommen und absolut nichts mit Reichen zu tun haben.«
Zwide lachte. »Und ich möchte New York sehen. Ein Amerikaner meinte, er würde mir ein Flugticket für den Jumbo Jet schicken, aber vielleicht ist es in der Post verlorengegangen.« Wieder lachte er und hob den Schlagbaum hoch, damit Mace die Schranke passieren konnte.
»Ich hoffe, dass Sie es eines Tages nach New York schaffen«, rief Mace und hob grüßend die Hand. Er sah Zwide im Rückspiegel, wie er ihm zum Abschied hinterherwinkte, als wären sie alte Freunde.
PAYBACK
»… in dieser Stadt erheben sich zornig die Toten …«
– anonymer Imam
1
Um achtzehn Uhr zeigte das Barometer tausend Millibar an. Innerhalb weniger Stunden war es stark gefallen. Mo Siq klopfte im Lauf des Tages immer wieder gegen das Instrument und beobachtete, wie es weiter fiel, während der Sturm näher kam. Er beobachtete auch das Aufziehen des Sturms. Von den ersten hochaufgetürmten graublauen Wolken am Morgen bis zu dem dicht verhangenen grauen Himmel am späten Nachmittag. Von der Stille, als er mittags auf seinen Balkon hinaustrat, um einen Anruf zu tätigen, bis zu den heftigen Windböen, die sich nun gegen seine Fenster warfen. Neue, beschichtete Fenster, die dennoch zu wackeln begannen. Während des Nachmittags stand Mo immer wieder an diesen Fenstern, blickte auf Signal Hill hinaus und sah, wie die Windstöße verschiedene Muster in das hohe Gras drückten. Er schaute auf den kleinen Yachthafen hinunter, der keine Baustelle mehr war, sondern wo inzwischen zwei Yachten vor Anker lagen.
Einmal, als Mo so dastand und eine Zigarette rauchte, beobachtete er einen Mann mit einer Beanie-Mütze auf dem Kopf und einer dicken Jacke. Wie er auf das Schiff eilte, das am weitesten entfernt lag, und dort die Taue, Knoten und Belegnägel kontrollierte, mit denen die Luken gesichert waren, ehe er wieder ins Gebäude zurückhastete. Mo grinste. Der Mann hielt sich für einen alten Seebären. Er gab Cocktailpartys auf seiner Yacht für Leute mit zu viel Kohle. Mo hatte auch einmal eine solche Party besucht und dabei einen lukrativen Deal mit einem Israeli abgeschlossen, dem er fünfhunderttausend Patronen Kaliber 7,62 für israelische Karabiner verkaufte. Auf jener Party hatte der alte Seebär Mo eine Fahrt auf dem Ozean angeboten. Mo
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