payback: thriller (German Edition)
Archäologen wurden gerufen. Ducky Donalds Wunsch, zum urbanen Flair Kapstadts beizutragen, war in den Gräbern eines alten Friedhofs erst einmal ausgeträumt. Schlimmer noch: Es handelte sich nicht um die Skelette kolonialer Kapsiedler, sondern um die von den Sklaven jener Zeit.
Was für ein Fund, riefen die Archäologen und hielten Schädel mit spitz zugefeilten Zähnen in die Kamera. Diese schwenkte über ein Durcheinander von Knochen, die aus Sand und Erde herausragten. Als ob die Toten eine Wiederauferstehung versuchen würden.
Kurz darauf stritten sich Priester, Imame, Honoratioren verschiedener Gruppierungen und Politiker um die Überreste ihrer Vorfahren. Die Baustelle war auf einmal zu geheiligtem Boden geworden und sollte zu einer Gedenkstätte werden. Zu einem Teil des nationalen Erbes. So etwas musste bewahrt werden. Diese Menschen, die ihr Leben unter der Knute der Sklaverei gefristet hatten, verdienten es, zumindest im Tod geehrt zu werden und in Frieden ruhen zu dürfen. Sie, die Erbauer dieser Stadt, durften nun nicht schon wieder missbraucht werden. Die Gemüter erhitzten sich. Die Situation eskalierte. Bis zu Ducky Donalds Anruf hatte Mace allerdings angenommen, dass inzwischen eine Art Waffenstillstand eingetreten war.
Sie fanden das Lagerhaus in einer Seitenstraße zwischen einer Reihe von Gebäuden, die man wegen des Regens und Sturms fest verschlossen hatte. Die einzigen Autos weit und breit waren Ducky Donalds BMW und Daves Volvo.
»Nicht viel los hier«, meinte Pylon. »Wo sind die Wachposten? So wie alle davon gesprochen haben, hatte ich eigentlich erwartet, dass man die Knochen vierundzwanzig Stunden am Tag nicht aus den Augen lassen würde.«
Mace parkte den Mercedes in der Nähe des Eingangs, und sie hasteten zur Tür. Dave hielt sie ihnen auf. Zwischen seinen Lippen hing eine Zigarette.
»Hallo, mein Sohn«, sagte er. »Hättest wohl nie gedacht, ich könnte auch mal einer deiner Klienten werden, was? Ich wollte das garantiert auch nicht. Aber trotzdem: Willkommen im Beinhaus von Hartnell und Cruikshank, den Hütern der Toten.«
Das Lagerhaus war ein altes Gebäude mit einem Holzboden, freiliegenden Deckenbalken und einem hölzernen Laufsteg, der etwa drei Meter über dem Boden an zwei Seiten des Raumes verlief. Ducky Donald stand auf den Stufen, die zu der Laufbühne hinaufführten, und musterte gerade einen riesigen Stapel aus etwa siebenhundert Kisten. Als Mace und Pylon hereinkamen, streckte er grüßend seine Hand aus und kam dann auf sie zu.
»Ich hab ja schon viele Dinge gelagert«, sagte er. »Sachen, mit denen man was anfangen konnte. Zum Beispiel schießen, fahren, manchmal auch essen. Alles Waren mit einem materiellen Wert. Knochen sind eigentlich nicht mein Stil. Trotzdem hab ich dieses Lagerhaus gemietet, um sie hier unterzubringen. Ich zahle die Miete.«
»Wir, mein Sohn«, warf Dave Cruikshank ein. »Aus dem Budget für das Bauvorhaben.«
»Ich verliere jeden Tag viel Geld«, fuhr Ducky fort, ohne auf ihn zu achten. »Jeder Tag, an dem nichts passiert, könnte ich genauso gut Hunderttausende die Toilette runterspülen. Versteht ihr, was ich meine? Ich erkläre denen, dass wir Termine haben, Bauunternehmer unter Vertrag. Verträge mit Strafklauseln. Ganz zu schweigen von dem Kredit, mit dem wir alles finanzieren. Aber diese Tunten in ihren Kleidchen, diese Christen und Muslime, sagen immer wieder: Tut uns leid, Boykies , das hier ist im Grunde ein Ort, an dem ein Massaker stattgefunden hat. So ein Blödsinn! Wir haben hier nur einen verdammten Friedhof. Aber nein – für sie ist es ein Ort des Verbrechens. Ein Ort der Trauer. An diesem Ort forderte die Brutalität der weißen Unterdrückung ihren unmenschlichen Tribut. Ihre Worte. Ich zitiere. Diesen Mist klatschen sie uns täglich ins Gesicht. Wenn man aber die Archäologen fragt, ob das denn auch stimmt, meinen die: Oh nein, diese Leute sind an Altersschwäche, an Krankheiten oder an den Dingen gestorben, an denen normale Leute eben sterben. Okay. Ich versteh die Gefühle. Früher in jungen Tagen hätte ich das auch mal so gesehen. Vieles von dem, was die behaupten, ist richtig. Das will ich gar nicht bezweifeln. Aber mein Gott, wir reden hier von acht Jahren. Acht Jahre Demokratie! Wir müssen diese Dinge endlich auf sich beruhen lassen. Also überlege ich, wie ich die Situation entschärfen kann, auch wenn es natürlich stimmt, dass diesen Menschen jahrhundertelang beschissen mitgespielt wurde.«
»Wir, mein
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