payback: thriller (German Edition)
Reverend Carney oder Imam Jabaar. Sie haben genug vom Reden. Seit 1994 wurde ihnen alles Mögliche versprochen, aber nie ist etwas geschehen. Einmal nannte uns eine Frau ›Gottes Stiefkinder‹. Und die sind wir immer noch.«
»Oh!« Pylon warf die Hände in die Höhe. »Mir kommen gleich die Tränen.«
»Sie sind schwarz«, entgegnete sie. »Was wissen Sie schon über unser Leben?«
Ducky Donald genoss diesen Austausch. Er sah grinsend zu, während sich Pylon und Sheemina February Beleidigungen an den Kopf warfen. Carney und Jabaar unterstützten ihre Anwältin. »Kinder, Kinder. Ich gebe auf.«
Plötzlich herrschte Stille im Raum. Alle sahen Ducky Donald an.
»Sie können Ihre Krypta haben. Ein kleiner Raum im Keller. Aber nicht im Foyer. Eine symbolische Geste. Das biete ich Ihnen an. Was Sie mit den Toten machen, ist dann Ihre Indaba .«
Mace beobachtete Ducky, dessen kleine Augen unter den drahtig harten Brauen zwischen Sheemina February, Carney und Jabaar hin und her schossen. Die Geistlichen konnten kaum glauben, was sie da hörten. Sheemina Februarys Miene regungslos.
Pylon sagte: »Halleluja, Brüder.«
Mace war sich nicht so sicher. Er kannte Ducky Donald Hartnell nur allzu gut.
»Und wie sieht es mit einer Gedenktafel aus?«, fragte der Imam.
»Klar, kein Problem.« Ducky hielt die Hände etwa einen halben Meter voneinander entfernt in die Höhe. »Mit der Größe kann ich leben. In Messing. Geschmackvoll, okay? Und kein Gelaber über die kolonialen Unterdrücker, so was kommt mir da nicht hin. Und es ist allein Ihre Verantwortung. Sie sind die Nachfahren, also zahlen Sie auch die Tafel. Bringen Sie mir vier Schrauben, und ich hänge sie dann für Sie auf.«
»Sie muss ins Auge fallen«, gab Sheemina February zu bedenken.
»Wie wär’s neben den Liften?«
Mace runzelte die Stirn. Er konnte kaum glauben, was er da hörte. Ducky Donald bei einer Hundertachtzig-Grad-Kehrtwende. Klang auf einmal wie der Heiland persönlich.
Reverend Carney sah zufrieden aus. »Gott ist groß«, stellte Imam Jabaar fest. Die beiden Geistlichen schüttelten einander die Hände, als ob sie gerade einen bedeutenden Sieg errungen hätten.
Sheemina February erklärte: »Wir brauchen das schriftlich.«
»Schreiben Sie’s gleich nieder. Ich unterschreibe dann«, erwiderte Ducky. »Sie sind die Anwältin.«
»Ich setze es erst einmal auf«, entgegnete sie und sammelte ihre Unterlagen zusammen. »Als richtigen Vertrag.«
»Dann schicken Sie ihn an meine Anwälte«, schlug Ducky vor und nannte den Namen einer Kanzlei. »Die Kerle berechnen genug. Da können die sich ruhig mit Ihnen wegen der genauen Formulierungen herumschlagen.«
Als die Geistlichen und Sheemina February gegangen waren, sagte Pylon zu Ducky: »Was war das denn?«
»Ich hab plötzlich etwas verstanden, Boykie «, sagte er und goss sich einen Single Malt aus ihrem Barschrank ein. »Man kommt zu einem Punkt, an dem man sich denkt: Was zum Teufel soll das alles? Was heißt das schon? Ein Haufen Knochen in einem zugesperrten Raum. In zehn oder zwanzig Jahren wird sie sowieso jemand wegwerfen. Wer merkt da den Unterschied?« Sein Blick wanderte von Pylon zu Mace. »Eine Gedenktafel im Foyer. Die Leute werden anhalten, um sie zu lesen. Besucher der Wohnungsbesitzer werden sagen: Hey, wie cool ist das denn. Stellt es euch nur mal vor.«
»Bisher hast du aber immer anders geklungen«, erinnerte ihn Mace.
»Wie gesagt: Was heißt das schon? Nennen wir es meinen Beitrag zum historischen Erbe unserer Stadt.« Er nippte an seinem Whisky. »Klingt doch nicht schlecht, oder? Um die Feinheiten können sich die PR-Leute kümmern.«
9
Mace saß in jener Nacht noch lange im Wohnzimmer, nachdem Oumou und Christa bereits zu Bett gegangen waren. Zwei Wörter kreisten durch seinen Kopf: Sheemina February. Er warf Reisigbündel aus Küsten-Akazien ins Feuer und trank einen gelbbraunen Portwein. Dachte: Warum verfolgt mich diese Frau? Draußen tobte ein Sturm durch die Steinpinien. Der Berg heulte.
Während ihres Treffens war er sich jede Sekunde lang der Tatsache bewusst gewesen, dass er jener Frau gegenübersaß, die Christa hatte entführen lassen. Höchstwahrscheinlich hatte sie vor allem ihr Okay gegeben und war nicht selbst aktiv darin verwickelt gewesen. Abdul Abdul hatte im Grunde als ihr Handlanger agiert. Sheemina February – die Frau, die Christa diese Schmerzen zufügte. Diese Albträume. Diese Flashbacks. Die Frau, die sie in den Rollstuhl gebracht
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