payback: thriller (German Edition)
einfach mitten hineinlaufen konntest, völlig gedankenlos. Ich habe dich beobachtet, als du den Jeep ausgeschaltet und dann den Pfad auf mich zugekommen bist, und ich habe mich die ganze Zeit über gefragt: Wann merkt er endlich, was hier abgeht?«
Mace zuckte die Acheln. »Du hättest mir ruhig einen Tipp geben können.«
»Wie bitte? ›Ich hoffe, du willst Sex‹ soll kein Tipp gewesen sein?«
»Ich dachte, du hättest zu lange Zeit allein im Busch verbracht.«
»Ja, klar. Ich war schon völlig ausgehungert.«
»Ich hab’s damals sogar gesagt, hab einen Witz über das Glück im Busch gerissen. Daraufhin wurdest du ganz schmallippig, hast mir irgendwas zum Ernst der Lage erklärt und dass ich nicht abhauen …«
»Oder sonstwas tun sollst, was ich bedauern würde.«
»Ja, so in etwa.«
Mace dachte an die atemberaubende Frau von damals: kurze Haare, ungleichmäßig selbst geschnitten, der triefend feuchten Hitze wegen. Ein Gesicht wie aus einem italienischen Renaissancegemälde: braune Augen mit schweren Lidern, glatte Haut, römische Nase, kleiner schöner Mund, zarte Wangenknochen. Diese Frau hatte unter der Tür der Hütte gestanden. Mit ernster Miene.
»Dann hast du es endlich begriffen.«
»Stimmt.«
Der Kellner brachte den Wein und zeigte Isabella das Etikett.
Sie sah lächelnd zu ihm auf. »Ja, den nehmen wir.«
Der Kellner durchtrennte die Manschette, drehte einen altmodischen Korkenzieher in den Korken und zog diesen mit einer Grimasse heraus. Goss ein Achtel in Isabellas Glas. Sie ließ den Wein kreisen, nahm einen Schluck und nickte dem Mann dann zu, weiter einzugießen.
Als er wieder fort war, hob sie ihr Glas und toastete Mace zu. »Darauf, dass wir tatsächlich lebend herausgekommen sind!«
Sie stießen miteinander an und tranken. Mace nahm etwas mehr als einen kleinen Schluck zu sich.
»Schmeckt er?«
»Es ist kein Merlot«, erwiderte er.
»Und du bist inzwischen zum Wein-Connaisseur geworden oder was?«
»Ach, nicht wirklich.«
»Besser als der hier geht es kaum.«
Mace zuckte mit den Schultern. »Da vertraue ich dir mal.« Nahm einen weiteren großen Schluck. »Wo war das?«, fragte er. »Wo waren wir damals? In Uganda?«
»In Zaire, Mace. Bei Kinshasa. Am Rand des Regenwalds. Soweit ich mich erinnere, stand da eine Hütte an einem Pfad durch Felder voller Bananenpalmen. Etwas davon entfernt gab es ein kleines Dorf kurz vor dem Wald, das aber so nahe war, dass man hier und da Stimmen hören konnte. Ich weiß nicht mehr, wann wir diese Vereinbarung getroffen haben oder wie ich an die Waffen für dich gekommen bin. Jedenfalls ging es um tschechische Sturmgewehre.«
»Die ersten Waffen, die ich über dich bekommen habe.«
»So wie das begann, nahm ich damals nicht an, dass wir eine gemeinsame Zukunft haben würden. So wie du direkt in die Arme dieser Kinderbanditen gelaufen bist.«
»Bevor ich vom Hotel abgefahren bin – diese Absteige, in der wir da waren –, hab ich noch zu Pylon gesagt, es wäre nur eine Formsache, die Waffen abzuholen, und einer von uns müsse die Stellung halten. Ich hab ihm erklärt, er solle dableiben, falls du anrufst. Er fragte mich noch, wie das gehen soll, da doch die Leitungen tot seien, und ich hab gescherzt: Vielleicht bringt ja ein Bote eine Nachricht auf einem gegabelten Stock.«
»Schade eigentlich. Dass Pylon damals nicht mitgekommen ist.«
»Hat nicht geschadet.«
»Fast aber schon. Erinnerst du dich an den kleinen Jungen, den Witzbold, der dich abgetastet und versucht hat, deinen Gürtel aufzumachen, während er gleichzeitig diese Aksu festgehalten hat?«
Mace lachte. »Ich hab mir kurz überlegt, ob ich versuchen soll, sie ihm zu entreißen. Aber sein Finger war fest am Abzug. Ein Ruck, und sofort hätten sich fünfzehn Schuss gelöst oder vielleicht sogar alle dreißig. Wer dabei draufgegangen wäre, war nicht abzuschätzen.«
»Du zum Beispiel.«
»Vermutlich.«
»Was mich am stärksten verblüfft hat, war, wie unheimlich diese Kinder wirkten. Wie von einem anderen Stern. Sie hatten keine Ahnung, was Leben und Sterben bedeutet. Sie waren einfach nur da und haben ihr Ding durchgezogen. Haben mit Waffen geschossen, die sie kaum hochheben konnten. Töten oder getötet werden. Der Anführer war wahnsinnig cool. Er hat mir mit todernstem Gesicht Anweisungen gegeben.«
»Dass wir uns nackt ausziehen sollen.«
Mace machte Isabellas Akzent nach: »Sie wollen ficken. Ich muss dir gleich sagen, dass ich meine Tage hab. Menstruation ist
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