Peace Food
Herzklopfen, pumpenden Lungen, massiven Schweißausbrüchen und vor allem in einer Blutchemie
maximalen Stresses: Was der Organismus an Angst- und Stresshormonen zur Verfügung hat,
würde ins Blut ausgeschüttet.
Dermaßen grausam sind Hinrichtungen von Menschen praktisch nie, denn sie
geschehen in der Regel einzeln. Tiere aber werden regelmäßig in dieser höllischen Situation
geschlachtet, in einem Moment, in dem all ihre Angst- und Stresshormone mobilisiert sind
und folglich in Fleisch und Blut übergehen. Da uns die hierzulande gebräuchlichen
Schlachttiere in der Evolution nahestehen und wir selbst biologisch gesehen Säugetiere
sind, haben wir auch dieselben Hormone und Neurotransmitter wie etwa Adrenalin und essen
daher mit ihrem Fleisch auch ihre Angst. Das heißt, ihre Angsthormone werden gleich nach
dem Verzehr bei uns wirksam. Wir essen mit ihrem Fleisch buchstäblich jene Todesangst, die
sie vor ihrer Hinrichtung hatten – ein Zusammenhang, der eigentlich jedem einleuchten
müsste.
Vor gut 30 Jahren, zur Zeit meines Medizin-Examens, kannten wir in der
Praxis noch keine Panikattacken, wohingegen wir uns heute davor kaum retten können. Damals
wurde noch vielfach dezentral und dadurch weniger grausam oder zumindest einzeln
geschlachtet, und der Fleischkonsum war insgesamt deutlich niedriger.
Natürlich sind auch seelische und soziale Gründe für unsere zunehmende
Angst verantwortlich. Beispielsweise ist das Leben in den wachsenden Städten, in die es
immer mehr Menschen zieht, allgemein enger geworden (lat. angustus = eng). Ein ganz
wesentlicher Faktor bleibt aber die mit dem Fleisch der Schlachttiere gegessene Angst. Wir
fressen nicht nur unsere eigene Angst, sondern auch die Todesangst und das Leid der
Schlachttiere in uns hinein.
Sensiblen Menschen dürfte gefühlsmäßig klar sein, wie wenig gesund es sein
kann, ein in lang andauernder Todespanik verendetes Tier zu verspeisen. Hier könnte der
Grund liegen, warum unseren Vorfahren Fleisch besser bekommen ist. Wenn sie Tiere jagend
erlegten, war das ein rascher Tod in gewohnter natürlicher Umgebung des Tieres und
schlechtestenfalls ein annähernd fairer Kampf ums Überleben. Keinesfalls hatten diese Tiere
nach einem elenden Leben in der Massentierhaltung und entsetzlichen Transporten lange
untätig auf ihren sicheren Tod gewartet. Selbst wenn ein Tier früher gehetzt wurde, konnte
es durch die Flucht seine Angst- und Stresshormone wieder abbauen. Moderne Schlachttiere
müssen in äußerer Ruhe und maximaler innerer Unruhe und Panik auf ihre Schlachtung warten.
Ohne Absicht verderben sie uns den Braten nachhaltig. Und wir könnten – im wahrsten Sinne
des Wortes – den Braten riechen .
In Namibia habe ich erlebt, wie afrikanische Jagdhelfer das Fleisch einer
von einem deutschen Trophäenjäger angeschossenen Kudu-Antilope, die verletzt noch fast eine
Stunde geflohen war, unberührt liegen ließen. Auf meine erstaunte Frage erklärten sie mir,
der Geist des Kudu sei so erzürnt, dass er das ganze Fleisch vergiftet habe. Es sei völlig
wertlos und sogar gefährlich giftig. Das Gift, das diese Menschen vermeiden, könnten
Wissenschaftler unschwer in jenem Gemisch aus Hormonen und Neurotransmittern ausmachen, das
Angst und Panik im Körper des angeschossen fliehenden Tieres zusammenbrauen.
Der sechste Sinn der Tiere
Leider ist die Sensibilität vieler Menschen aber so gering, dass sie das
Problem nicht wahr- und also auch nicht wichtig nehmen – was dieses Buch ändern möchte.
Gleichsam in der Gefolgschaft von René Descartes übertragen sie ihren eigenen Mangel an
Einfühlungsvermögen auf Tiere und gehen davon aus, diese bekämen all ihr Elend gar nicht
mit. Das Gegenteil ist aber ganz offensichtlich wahr. In den USA gibt es sogenannte
Epileptiker-Hunde, die den kommenden Anfall bei Herrchen oder Frauchen früher spüren als
diese selbst und deshalb rechtzeitig davor warnen können. Das alte Sprichwort der Seeleute
»Die Ratten verlassen das sinkende Schiff« kennt den sechsten Sinn der Tiere. Schon oft
haben rechtzeitig fliehende Tiere weniger sensible Menschen vor Naturkatastrophen gewarnt
wie bei der Tsunami-Katastrophe im Jahr 2004. Blindenhunde und genauso Partnerhunde für
körperbehinderte Menschen demonstrieren uns immer wieder, wie hoch ihre Sensibilität
entwickelt ist.
Wir dürfen also sicher davon ausgehen: Schlachttiere ahnen schon beim
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