Peace Food
hinnehmen, was wir uns einverleiben. Die
erschreckende Wahrheit ist: Der durchschnittliche Mensch der westlichen
Industriegesellschaft verleibt sich während seines Lebens um die 20 000 Tiere ein –
Krabben, Sardellen und andere Kleintiere mit eingerechnet – und muss das verantworten und
damit leben. Die gute Nachricht ist: Wir können mit einer einfachen Entscheidung bis zu 20
000 Tiere retten, wenn wir sie früh genug fällen. Auch noch in der Mitte des Lebens wären
es immer noch 10 000. Doch vielleicht kann mehr als diese horrenden Zahlen der Blick in die
Augen eines Kälbchens dazu führen, dass man umdenkt: Sehen Sie es einfach einmal ein paar
Minuten an, verbringen Sie Zeit mit ihm. Auf einer Alm hat mir einmal ein Ochse, der wohl
ahnte, was ihm am nächsten Tag bevorstand, stundenlang das Auto abgeleckt und mich
zwischendurch angeschaut. Seine Augen werde ich nie vergessen. »Mitleid ist die Grundlage
der Moral«, sagte Schopenhauer.
Die Umkehrung dieser Gedanken lautet: Wir tun für unsere Seele(n), was wir
für die Tiere tun. Hier gäbe es unzählige Möglichkeiten, sich zu engagieren, bis dieses
Elend sein verdientes Ende findet. Ich hoffe, es noch zu erleben, dass wir auf diese Zeit
der Qual mit Scham und Bedauern zurückschauen. Auch wenn Jesus seinen Satz »Was du dem
Geringsten deiner Brüder tust, das tust du mir« wohl auf Menschen bezogen hat, bleibt es
ungewiss, ob er nicht so wie die Buddhisten letztlich alle fühlenden Wesen meinte. Bei
Franz von Assisi war es zweifelsfrei so. Ihm ging es um die Seelen der Menschen und der
Tiere. Eine Trennung jedenfalls ist hier künstlich … und der Seele unangemessen.
Wo kommt die Grausamkeit her?
Das Hauptargument der Industrie, um all die Grausamkeiten zu
rechtfertigen, ist, das Beschriebene sei zwar belegt, aber es handele sich um bedauerliche
Ausnahmen. Wenn dem so wäre, warum sind dann eigentlich Tierfabriken und Schlachthöfe so
hermetisch abgeriegelt? Die Verantwortlichen wissen genau, dass diese Scheußlichkeiten zu
ihrem Geschäft gehören und häufig vorkommen. Das bestätigen ja auch die Untersuchungen und
Berichte, und Arbeiter, die späte Reue gepackt hat, geben es voller Scham zu.
Wichtiger wäre die Frage, wo die Wurzeln der Grausamkeit liegen, die so
etwas möglich macht. Die Antwort ist einfach: Dieses Verhalten ist in uns, in unserem
Schatten. So wie es den Nazis möglich war, Personal für ihre Konzentrationslager zu finden,
gelingt es heute, menschliche Not – in finanzieller oder seelischer Hinsicht – ausnutzend,
genügend Arbeiter für Tierfabriken zu rekrutieren. Natürlich ist die Fluktuation sehr hoch,
zum Teil liegt sie bei annähernd 100 Prozent, denn noch nicht ganz abgestumpfte Seelen
halten so etwas nicht lange aus.
In unserem Schatten ist viel Entsetzliches, und wir können entscheiden,
wie wir mit diesen Energien umgehen. In sehr vielen Menschen steckt Sadismus, wofür auch
die hohe Zahl von Sado-Maso-Fans spricht. Sich solcher Schattenenergien bewusst zu werden,
ist so wichtig, damit sie sich nicht unerlöst austoben, zum eigenen und zum Schaden
anderer. Der Schatten ist ein großes Thema, auf das einzugehen diesen Rahmen sprengen
würde. Eine verlässliche Annäherung bietet das Buch »Das Schattenprinzip«.
Wir haben wie Tiere auch eine animalische Natur oder Seite, die zum
Beispiel eine Art Jagdtrieb umfasst und die Tendenz hat, soziale Hierarchien zu bilden, um
unsere Herden zu organisieren. Und in uns ist ein großes Aggressionspotenzial, das wir auf
verschiedene Weise ausleben können. Wir können uns mutig für Schwächere, zum Beispiel für
die Rechte Unterprivilegierter wie etwa der Schlachttiere, einsetzen und dafür sogar
kämpfen. Wir können die heißen Eisen in unserem Leben in Angriff nehmen und unseren eigenen
Lebenskampf offensiv und mutig führen, die Aggressionskomponente im Geschlechtsverkehr
genießen, oder wir können in unerlöste Bereiche des Schattens abgleiten, wo wir
Aggressionen feige und hinterhältig an Schwächeren auslassen, wie es offensichtlich in den
Tierfabriken zur Gewohnheit wurde. Über die beiden Seiten des Aggressionsprinzips, aber
auch anderer Archetypen kann die Lehre von den »Lebensprinzipien 109 Aufschluss geben.
In keiner Weise soll hier das unermessliche Leid, das Menschen in
Konzentrationslagern zugefügt wurde, relativiert oder gar verharmlost werden, aber die
heutigen
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